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VW-Skandal: Mein Händler hat immer noch keine Infos zu meinem Tiguan


VW-Händler hat keine Infos
So ergeht es mir als VW-Fahrer im Abgas-Skandal

Von t-online
Aktualisiert am 27.10.2015Lesedauer: 5 Min.
Abgas-Skandal: VW-Kunden fühlen sich im Stich gelassen.Vergrößern des BildesAbgas-Skandal: VW-Kunden fühlen sich im Stich gelassen. (Quelle: dpa-bilder)
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Der Abgas-Skandal bei VW verunsichert viele Autofahrer auf der ganze Welt - auch mich. Vor allem auch, weil die Informationspolitik der Wolfsburger mehr als dürftig ist. Meldungen aus den Medien treffen auf unwissende Händler, die von ihrer Konzern-Führung nicht oder unzureichend informiert werden. Ich bin ein Mitarbeiter von t-online.de und fahre einen betroffenen VW Tiguan mit Dieselmotor (Baujahr 2014) - hier sind meine Erfahrungen.

  • 20. September: Der VW-Abgas-Skandal wird auf breiter Basis publik. Auf der Arbeit höre ich zum ersten Mal vom "Schummel-Diesel": Auch t-online.de berichtet über manipulierte Software bei Diesel-Motoren, damit diese deutlich weniger Stickoxide emittieren. Es heißt, betroffen wären nur Fahrzeuge von 2008 bis 2014. Davon, dass auch deutsche Autos betroffen sein könnten, ist noch nicht die Rede.
  • 21. September: In den USA wird der Verkauf von VW-Dieselfahrzeugen gestoppt. VW-Regionalchef Michael Horn: "Wir haben Mist gebaut."
  • 23. September: Wirklich Klarheit wird nicht geschaffen - jeden Tag kommen neue Details ans Licht. Martin Winterkorn tritt zurück. Spätestens jetzt werde ich unruhig - steckt doch mehr dahinter?
  • 24. September: Der VW-Skandal weitet sich auf Europa aus: Verkehrsminister Dobrindt teilt mit, dass auch VW-Modelle bei uns betroffen seien. Auch Fahrzeuge der Schwestermarken Skoda und Seat sind darunter. Es geht um die Euro-5-Diesel mit 1,6 und 2,0 Litern Hubraum mit dem Kürzel "EA 189". Jetzt muss ich auch mein Fahrzeug checken - aber wie?
  • 25. September: Angeblich solle - laut Agenturmeldungen, die sich auf ein VW-Autohaus in Frankfurt am Main berufen - die Motorkennung auf dem Motorblock eingeschlagen sein. Ich schaue unter die Abdeckung, kann aber nichts erkennen, was auf "EA 189" hinweist. Ich rufe bei meinem VW-Händler an. Dieser ist genauso ratlos wie ich und kann mir keinen weiteren Hinweis geben. Er verweist mich wieder an den Hersteller. Doch von Volkswagen bekomme ich keine Informationen. Und das, obwohl der Konzern schon seit Jahren systematisch betrogen hat.
  • 26. September: Mein VW-Händler rät mir beim nächsten Anruf, ich solle nun im Fahrzeugschein nach einem Hinweis auf den verbauten Motor suchen. Kein Erfolg. Auch der Hinweis auf das Bordhandbuch führt nicht weiter. Mit welchem Motor mein Tiguan fährt, weiß anscheinend nicht mal der Händler, bei dem ich meinen Tiguan gekauft habe. "Ich kann es nicht nachvollziehen, es tut mir Leid. Sobald ich was in Erfahrung bringe, sage ich Ihnen Bescheid." So langsam fühle ich mich alleingelassen.
  • 29. September: VW stellt einen "Aktionsplan" in Aussicht. "Die betroffenen Kunden werden in einem ersten Schritt informiert, dass das Abgasverhalten ihres Fahrzeugs in Kürze nachgebessert werden kann. Alle Fahrzeuge sind technisch sicher und fahrbereit." heißt es auf der VW-Seite. Im Oktober soll Abhilfe geschaffen werden. "Die Kunden dieser Fahrzeuge werden in den nächsten Wochen und Monaten darüber informiert. " Ich bin gespannt.
  • 1. Oktober: Mittlerweile sind zwei Wochen vergangen und ich habe noch immer keine Auskunft. Ich schreibe meinem Händler eine E-Mail. Dieser kann mir immer noch nicht sagen, wo am Fahrzeug ich einen Hinweis auf den verbauten Motortyp finden kann. Wieder der Verweis auf Volkswagen, doch bis auf den Aktionsplan herrscht dort immer noch Stille gegenüber den Kunden.
  • 2. Oktober: Ich fahre mit meinem Tiguan zum Händler, damit er selbst nach dem Fahrzeug schaut. Ergebnis: Negativ, auch er rätselt über den Code "EA 189". "Es tut mir Leid, wir werden auf Wolfsburg warten müssen".
  • 2. Oktober: VW schaltet die Seite www.volkswagen.de/info frei. Endlich bekomme ich Klarheit: Nachdem ich meine Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) eingegeben habe, die ich im Service-Handbuch oder im unteren Bereich der Windschutzscheibe finde, erscheint folgende Meldung: "Bitte setzen Sie sich umgehend mit einem Volkswagen Vertragspartner in Verbindung." Es ist zum verrückt werden - denn der Händler weiß natürlich immer noch nicht mehr als vorher. "Bitte entschuldigen Sie. Warum Sie uns kontaktieren sollen, kann ich Ihnen nicht sagen. Was sollen wir tun? Wir wissen selbst noch nicht, wie es weitergeht. Bitte rufen Sie doch mal in Wolfsburg an."
  • 3. Oktober: Ich rufe beim "Fragen Sie uns - Volkswagen Dialog Center" an: Dort wird mir gesagt, der Hinweis auf der VW-Seite sei "unglücklich" formuliert und "irreführend". Dem kann ich nur zustimmen. Immerhin sind alle Mitarbeiter sehr nett. Obwohl die Kundendienstler mir nur sehr spärliche Informationen zum VW-Abgas-Skandal geben können, scheinen sie dennoch sehr kompetent zu sein und nennen das Problem beim Namen: "Manipulierte Software".
  • 4. Oktober: Mein Händler wartet mit neuen Informationen auf. Ich werde bald - wann, ist nicht klar - zwei Briefe von Volkswagen bekommen. Im ersten Fall wird es sich vermutlich um eine Art Entschuldigungsbrief handeln, in dem mir mitgeteilt wird, dass mein Diesel-Fahrzeug leider von der Abgas-Manipulation betroffen ist. Im darauffolgenden Brief werde ich dann über einen Werkstatttermin und die angedachten Maßnahmen informiert. Allerdings: Zum jetzigen Zeitpunkt kann mir der Händler noch gar nicht sagen, mit welchen technischen Mitteln der "Fehler" behoben werden soll. Klar ist nur: An Leistung und Performance meines VW Tiguan solle nichts geändert werden. Da bin ich mal gespannt.
  • 6. Oktober: Anscheinend müssen die Techniker bei einigen Autos auch direkt an den Motoren Hand anlegen. Die Überarbeitung der Software werde zwar in den meisten Fällen ausreichen, sagt der neue VW-Chef Matthias Müller, aber: "Bei einem Teil der Fahrzeuge werden dagegen auch zusätzliche Eingriffe an der Hardware notwendig sein." Wieder stehe ich mit Millionen anderen Kunden im Regen - von welchen Modellen spricht er?
  • 9. Oktober: Das KBA gibt bekannt, dass es sich bei den problematischen Dieseln um die 1,6-Liter-TDI handeln soll. Anscheinend sind 3,6 Millionen Fahrzeuge betroffen. Mein Zweiliter-Tiguan gehört (bislang) nicht dazu.
  • 26. Oktober: Aufgrund der vielen Meldungen zum Rückruf habe ich mal wieder meinen Händler kontaktiert. Denn einen Brief von VW habe ich noch nicht gesehen. Mein Autohändler sieht alles ganz locker: "Machen Sie sich keine Sorgen. Auch wir wissen noch gar nix". Also nichts Neues aus Wolfsburg - die schlechte Krisenkommunikation hat sich bislang noch nicht verbessert.

Vielen Dank für die vielen kritischen Kommentare! Ein paar Dinge wollte ich nochmal klar stellen: Ich kann doch wohl von einem Weltkonzern erwarten, das man sich zeitnah um die Probleme kümmert, die man selbst geschaffen hat. Jahrelang wurden Verbraucher und staatliche Behörden systematisch betrogen - das es auch hier nicht um Einzeltäter handelt, ist inzwischen auch klar. Und dann werden Behörden, Verbraucher und Medien wochenlang mit halbgaren Infos hingehalten. Professionelles Krisenmanagement stelle ich mir anders vor.

Viele haben sich darüber aufgeregt, dass ich meinen Händler "nerve". Dazu nur so viel: Ich habe mit dem Händler einen Vertrag geschlossen, er ist mein erster Ansprechpartner, wenn es um mein Auto geht. Dafür ist er da! Natürlich tut er mir leid, dass er von seinem Konzern hingehalten wird - aber das ist nicht mein Problem. Soll ich am Ende noch mein Auto selbst reparieren?

Auch zum Ausmaß noch etwas: Natürlich fährt mein Auto noch, aber ich weiß nicht, ob es nach dem Werkstatt-Aufenthalt noch die gleiche Leistung bringen wird, mit der ich es gekauft habe. Inzwischen bezweifeln das auch Kfz-Experten. Sicher weiß ich nur: Mein Vertrauen in VW ist angekratzt. Und die Techniker bei Volkswagen können anscheinend nicht zaubern - sonst hätten sie die Betrugs-Software nicht einsetzen müssen...

Ich werde an dieser Stelle weiter über meine Erfahrungen mit VW, meinem Händler und dem Abgas-Skandal berichten.

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