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Wochenbett: Mutter und Baby bitte nicht stören


Wochenbett
Bitte nicht stören

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 05.11.2014Lesedauer: 5 Min.
In den ersten Wochen nach der Geburt sollten sich Mutter und Kind viel Ruhe gönnen.Vergrößern des BildesIn den ersten Wochen nach der Geburt sollten sich Mutter und Kind viel Ruhe gönnen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Die ersten Wochen nach der Geburt eines Kindes nennt man "Wochenbett". Und auch, wenn viele Mütter sich direkt nach der Entbindung voller Elan und tatkräftig fühlen, das Wort "Bett" taucht hier nicht umsonst auf. Denn eigentlich ist es eine Zeit, in der sich Mutter und Baby viel Ruhe gönnen sollten. Es lohnt sich nämlich.

Gerade Mütter, die ihr erstes Baby bekommen, neigen häufig dazu, sich und der Welt beweisen zu wollen, wie aktiv sie sind und wie schnell sie alles wieder im Griff haben. Natürlich ist es nach einer normal verlaufenen Geburt nicht notwendig, wochenlang das Bett zu hüten, aber es ist durchaus sinnvoll, die Welt ein bisschen auszuschließen, sich und dem Baby ganz viel Ruhe zu gönnen, auf seinen Körper zu hören und wo es nur geht, Hilfe anzunehmen.

Noch nicht von dieser Welt

Dieses Ruhebedürfnis von Mutter und Kind zieht sich durch alle Völker und Traditionen. Indianerfrauen zum Beispiel, so schreiben die Autoren in "Mamatoto-Geheimnis Geburt", ziehen sich mit ihrem Neugeborenen in dunkle, warme Hütten zurück, weil sie sicher sind, dass ihre Babys noch nicht bereit sind für das grelle Licht und die lauten Geräusche der Außenwelt. "Es werden verschiedene Gründe für das zurückgezogene Verweilen nach der Geburt angeführt. In vielen Traditionen herrscht die Vorstellung, dass Mutter und Kind immer noch von bösen Geistern bedroht sind, weil sie auch nach der Geburt noch eine Weile an die Welt der Geister gebunden bleiben.

Mit anderen Worten: Sie befinden sich immer noch in einem Stadium des Werdens. Die Zeit nach der Geburt gilt als Fortsetzung der Schwangerschaft. Das Kind ist weiterhin mit dem Körper der Mutter verbunden.“ Umso erstaunlicher ist, dass man sich heutzutage zwar sehr intensiv um das Wohl einer Schwangeren kümmert, die Bedürfnisse frischgebackener Mütter aber immer mehr außer Acht lässt.

Das Wochenbett wird unterschätzt

Das Wochenbett wird von den Fachleuten eingeteilt in das Frühwochenbett, das etwa bis zum zehnten Tag dauert und in dem nicht nur die Geburtswunden abheilen, sondern auch die Milchbildung in Gang kommt, und in das Spätwochenbett, das nach rund acht Wochen endet und in dem vor allem die hormonellen Umstellungen sowie die Anpassung an den Alltag eine große Rolle spielen.

Diese erste Zeit mit einem Säugling ist extrem intensiv. Schließlich müssen sich Mutter und Kind erst einmal richtig kennenlernen, zueinanderfinden. Ingeborg Stadelmann, die Verfasserin der "Hebammensprechstunde", kreidet genau wie viele ihrer Kolleginnen bereits seit Jahren an, dass das Wochenbett in unserer Gesellschaft zu wenig Beachtung findet. "Es wurde anscheinend vielerorts völlig vergessen, dass eine Frau nach neun Monaten Schwangerschaft und einer Geburt viele Wochen benötigt, um sich mit dieser veränderten Lebenssituation zurechtzufinden.“

Auf die Signale des Körpers und der Seele hören

Die ersten Tage sollte eine Frau auf jeden Fall im Bett bleiben und sich immer dann ausruhen, wenn das Baby auch schläft. Der Kreislauf spielt noch nicht so ganz mit, der Körper fühlt sich schnell schwach und erschöpft an und die Tatsache, dass es von nun an erst einmal weder Tag noch Nacht gibt, das Kind vielleicht auch stundenlang weint, belasten Körper und Seele. Die neue Situation mit Säugling ist nicht immer nur wunderschön, sie ist oft auch sehr anstrengend und verwirrend. So viel Neues kommt auf die frischgebackenen Eltern zu, Sorgen, die ihnen bisher nicht bekannt waren, bestimmen nun ihr Leben und es dauert bei jedem neu geborenen Erdenbürger wieder eine ganze Weile, bis das Familiengleichgewicht wieder hergestellt ist.

Die drei Z's: Zeit, Zuneigung und Zuwendung

Das Umfeld der frischgebackenen Mutter und auch diese selbst sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Frau jetzt enormen Hormonschwankungen ausgesetzt ist. "Alle sollten sich klarmachen, dass sie bei der Geburt ihr Innerstes nach außen kehren musste, um das Kind gebären zu können. Nach diesem Vorgang fühlt sich jede Frau leer und hüllenlos. Endlich hatte sie sich an die Bewegungen des Kindes in ihrem Bauch gewöhnt. Nun ist dieser leer, gefühllos und schwabbelig. Ein Gefühl von Verwunderung und Einsamkeit tritt ein.“ Die Hebamme rät gerade aus diesem Grund dazu, das neugeborene Kind so nah wie möglich bei der Mutter zu lassen und "die drei Z's" zu beachten: "Um die ersten Tage dieser Leere und Erschöpfung mit der gleichzeitigen Euphorie über die überstandene Geburt gut zu überbrücken, benötigen Frauen vor allem Liebe, Zeit, die ihnen gewidmet wird, Zuneigung sowie Zuwendung.“

Störungen im Wochenbett sind ein Warnzeichen der Seele

Körperlich tut sich jetzt viel: Die Gebärmutter bildet sich zurück, die Stelle, an der sich die Plazenta befand, muss unter Nachwehen verheilen und es kommt zum Wochenfluss, der einige Wochen andauert und letztendlich auch der "Reinigung" dient. Zusätzlich kommt die Milchbildung in Gang, das heißt, die Milch schießt ein. Ein Vorgang, der nicht selten mit dem so genannten "Baby Blues", der Wochenbettdepression einhergeht.

Kommt es zu Störungen des Wochenflusses oder der Milchbildung, so sind das oft Anzeichen für fehlende Ruhe und seelische Überforderung. "Immer wieder muss ich feststellen, dass bei Nichteinhalten der Bettruhe, sowie körperlichen oder seelischen Belastungen, der Körper der Wöchnerin sich nur mit einer funktionellen Störung helfen kann. Eine Frau scheint in dieser Lebensphase keine anderen Mechanismen zu besitzen, um den Selbstheilungsprozess zu unterstützen.“ Stadelmann sieht es als extrem wichtig an, gerade dann mit einer besonderen Sensibilität zu reagieren und neben den Symptomen auch die ganze Lebenssituation der Frau genau zu betrachten. Das gilt nicht nur für die betreuende Hebamme, sondern auch für den Lebenspartner und das weitere Umfeld.

Der Wochenbettmanager

Wobei man natürlich zugeben muss, dass die Rolle des Mannes hier keine leichte ist. Auch wenn die Gesellschaft immer mehr Verständnis dafür zeigt, dass ein Mann in der Anfangsphase bei seiner Frau und seinem Kind bleiben möchte, so gilt es für ihn doch in der Regel, gleichzeitig beruflich am Ball zu bleiben, die notwendigen Ämtergänge zu erledigen, sich eventuell um größere Geschwisterkinder zu kümmern, den Haushalt zu organisieren, Mutter und Baby zu versorgen, Besuch zu verköstigen und vor allem die Launen der frischgebackenen Mutter auszuhalten. "Mit den Hormonschwankungen seiner Frau, die meistens am dritten Tag am ausgeprägtesten sind, kommt der Partner allerdings nicht immer klar. Immer wieder muss ich für die Frau um Verständnis bitten und dem Mann erklären, dass sie halt wirklich lieber umarmt werden will, als ihn schon wieder mit dem Staubsauger herumsausen zu sehen.“

Das Wochenbett sollte man gemeinsam genießen

Ingeborg Stadelmann rät in diesem Zusammenhang den Männern, die innere Leere, das Verwirrte und das Schutzsuchende ihrer Frauen etwas mehr in den eigenen Fokus zu rücken. "Versuchen Sie das als Partner zu ertragen, auch wenn sie es nicht verstehen können. Bleiben Sie bei Ihrer Frau, legen Sie sich zu ihr und nehmen Sie sie in den Arm.“ Wenn es einem gelingt, das Wochenbett und damit die erste Zeit nach der Geburt eines Kindes ruhig angehen zu lassen und zu genießen, wird man sich später immer wieder gerne an diese ganz besonderen und in ihrer Art zauberhaften Stunden erinnern.

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