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Babykoliken erkennen und meistern


Babykoliken
Wenn das Schreien kein Ende nimmt

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

16.06.2015Lesedauer: 4 Min.
Leidet der Nachwuchs unter einer Kolik, laufen Beruhigungsversuche der Eltern meist ins Leere.Vergrößern des BildesLeidet der Nachwuchs unter einer Kolik, laufen Beruhigungsversuche der Eltern meist ins Leere. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Dass Babys gerade in den ersten Monaten ihres Lebens häufig weinen, ist völlig normal. Mit diesen Alarmrufen machen sie auf sich aufmerksam, teilen mit, dass sie beispielsweise müde oder hungrig sind. Sind die Bedürfnisse befriedigt, lassen sich die Kleinen meist relativ schnell wieder beruhigen. Nicht so bei den Dreimonats- beziehungsweise Baby-Koliken, bei denen die Säuglinge oft stundenlang nicht zur Ruhe kommen und schreien. Entsprechend besorgt und gerädert sind dann die Mütter und Väter. Denn sie wissen häufig nicht, was ihrem Kind fehlt. Ein Experte erklärt, was hinter dem Phänomen Baby-Koliken steckt und wie Eltern ihrem Nachwuchs und sich selbst helfen können.

Martha, die heute ein fröhliches, aufgewecktes Kindergartenkind ist, war schon als Baby sehr lebhaft, aber auch extrem unruhig. Vom Schlafen hielt sie gerade in ihren ersten Lebenswochen nicht viel - und wenn, dann reichten ihr halbstündige Etappen-Nickerchen, erinnert sich ihre Mutter Anna heute. "Martha war von Anfang an irgendwie immer unter Strom und sie weinte sehr viel, obwohl ich sie dauernd gestillt habe - in der Hoffnung, dass sie das beruhigt. Doch das Geschrei hörte dann nur kurz auf."

Eine Hundert-Kilometer-Autofahrt gegen Schreikrämpfe

Am schlimmsten war es abends, wenn die Eltern schon ziemlich k.o. waren. Dann drehte Martha so richtig auf. "Sie schrie so angestrengt, dass sogar ihr Storchenbiss auf der Stirn ganz dunkel hervortrat", erzählt Anna. "Und nichts hat geholfen. Egal, wie wir unsere Tochter getragen haben. Wir haben gesungen und sie dabei geduldig geschaukelt. Wir haben das Bäuchlein gekrault, weil wir dachten, dass sie Krämpfe hätte. Manchmal sind wir auch stundenlang mit dem Kinderwagen durch unser Viertel gelaufen. Einmal hat mein Mann mit unserer Tochter sogar eine Hundert-Kilometer-Tour mit dem Auto gemacht, damit Martha durch das gleichmäßige Ruckeln endlich zur Ruhe kommt."

Was ihre kleine Tochter damals quälte, wussten Marthas Eltern nicht. Auch der zuständige Kinderarzt vermochte nicht detailliert zu sagen, was der Kleinen fehlte. Eine Krankheit war es jedenfalls nicht. Typische Dreimonatskoliken wurden schließlich als Diagnose genannt.

Oft haben Baby-Koliken keine organischen Ursachen

Dieser medizinische Begriff, der vor allem mit Schmerzen im Magen-Darm-Trakt in Verbindung gebracht wird, umreißt jedoch nicht ausreichend das Spektrum der Ursachen solcher Koliken. Die Bezeichnung sei sogar in gewisser Weise irreführend, wie der Düsseldorfer Kinder- und Jugendarzt Hermann Josef Kahl gegenüber t-online.de erklärt: "Der Ausdruck Kolik ist wohl eher historisch. Er vermittelt zunächst eine gewisse Beruhigung und suggeriert, dass es immer konkrete, organische Gründe für die Beschwerden gibt, unter denen Babys in ihren ersten Lebensmonaten häufig leiden. Doch eine klare Diagnose zu stellen, ist oftmals schwierig. Die Ursachen können zwar Blähungen und Bauchweh sein, weil der Magen-Darm-Trakt noch untrainiert ist. Doch nicht selten verbirgt sich hinter dem andauernden Weinen auch etwas anderes."

Babys suchen Geborgenheit und Nähe

So ist sich der Mediziner sicher, dass die Unruhezustände meist durch die Unreife und Ängste der Babys verursacht werden: "Viele Säuglinge, das weiß man heute, ringen nach ihrer Geburt sozusagen mit dem Menschsein draußen. Sie kommen ja aus dem extrem geschützten Raum des Mutterleibes und müssen sich nun erst mit all ihren Unfertigkeiten und Bedürfnissen in das Leben und die Welt hineinfinden, müssen lernen, dass sie auch weiterhin behütet und betreut werden. Das ist eine riesige Umstellung und Herausforderung für Babys. Insofern sind die Schreikrämpfe sozusagen das angstvolle Einfordern von Geborgenheit und körperlicher Nähe. Es ist eine ständige Suche nach Sicherheit."

Kommt es zu Koliken, so kann das zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit geschehen, doch meist beginnen Unruhephase bei neuen Erdenbürgern abends. Für besorgte Eltern seien solche Situationen auch deshalb stressig, kommentiert der erfahrene Kinderarzt, weil sie oft nicht wüssten, was ihr Kind eigentlich hat.

"Als Faustregel kann man festhalten: Wenn sich ein Baby zwischendurch immer mal wieder beruhigen lässt, muss man sich wahrscheinlich nicht allzu große Sorgen machen. Doch wenn das Schreien über mehrere Stunden anhält und sogar Stillen keine Besserung bringt, dann sollte man sich auch mitten in der Nacht überlegen, zum Kinderarzt oder ins Krankenhaus zu fahren. Die Ärzte können dann viel besser abklären, was mit dem Kind los ist und ob es ernsthaft erkrankt ist. Dafür sind wir ja da."

Erschöpfte und ängstliche Eltern machen alles schlimmer

Unfreiwillig befeuert werden die Unruhezustände bei Säuglingen nicht selten auch durch die Eltern, weil sie - und das gilt insbesondere für die Mütter - durch die belastende Situation oftmals an ihre physischen und psychischen Grenzen stoßen. Sie spiegeln dann das Verhalten ihres Kindes wider, indem sie mangels Erholungsphasen selbst immer nervöser und erschöpfter werden. Ein Teufelskreis beginnt, bei dem die Nerven blank liegen.

Um dem zu entkommen und selbst wieder Kräfte tanken zu können, empfiehlt Kinderarzt Kahl, sich gerade in den ersten Lebensmonaten des Babys - also in der typischen Kolik-Phase - Unterstützung von außen zu holen.

"Mein dringender Appell für solche Fälle ist: Unbedingt vertraute Personen aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis zur Betreuung einspannen, damit der Nachwuchs mal für einige Stunden woanders ist und die Mutter beziehungsweise der Vater Freiraum bekommt, um sich auszuruhen und entgangenen Schlaf nachzuholen. Solche Optionen sollte man ruhig gnadenlos nutzen."

Babys von unerfahrenen Eltern haben häufiger Koliken

Etwa die Hälfte aller Babys ist in den ersten Wochen nach der Geburt von den anstrengenden Unruhezuständen betroffen, so die Erfahrung des Mediziners. Besonders auffällig sei dabei, dass die Kinder von Erstgebärenden häufiger und intensiver unter Koliken litten: "Je weniger Erfahrung Mütter und Väter haben, desto schwieriger ist es am Anfang für sie, mit einem unruhigen und weinenden Baby umzugehen. Sie setzen sich damit selbst unter Druck und haben Angst etwas falsch zu machen. Das kann sich dann auf das Kind übertragen."

Glücklicherweise haben Babykoliken eine relativ überschaubare Dauer. Liegen keine organischen Ursachen für die Schreikrämpfe vor, klingen sie meist nach den ersten Lebensmonaten ab. "Solche Beschwerden verschwinden normalerweise von selbst, wenn sich das Leben der Babys eingependelt hat und sie darauf vertrauen können, dass sie immer zur richtigen Zeit gefüttert werden und jederzeit genug Streicheleinheiten bekommen", weiß der Experte. "Ist dieser elementare Lernprozess abgeschlossen, werden die Kinder für gewöhnlich ruhiger."

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