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Familie nur auf Zeit: Wenn das Baby in Kurzzeitpflege geht


Ein Familienmitglied auf Zeit
Wenn das Baby in Kurzzeitpflege geht

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

Aktualisiert am 17.02.2016Lesedauer: 4 Min.
Eltern fällt es nicht leicht, ihr Kind in Kurzzeitpflege abzugeben - besonders, wenn es sich um ein Baby handelt.Vergrößern des BildesEltern fällt es nicht leicht, ihr Kind in Kurzzeitpflege abzugeben - besonders, wenn es sich um ein Baby handelt. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Wenn Eltern vorübergehend - etwa wegen einer Krankheit - ausfallen und nicht in nicht um ihr Kind kümmern können, ist Kurzzeitpflege eine Lösung. Immer wieder sind auch Babys davon betroffen. Sie werden dann von einer Pflegefamilie versorgt, bis Mama oder Papa wieder einsatzbereit ist. Wie das Hilfsangebot Kurzzeitpflege bei den Allerkleinsten funktioniert, erläutert eine Expertin.

Für Mütter und Väter, die für einige Wochen eine ungeplante Familienauszeit nehmen müssen und dabei nicht auf Angehörige oder gute Freunde als Betreuer für ihre Kinder zurückgreifen können, ist die Kurzzeitpflege zumeist eine große Unterstützung. Dennoch bleibt häufig die Sorge, dass das Kind nur schlecht mit der neuen Situation zurechtkommt und leidet - gerade wenn es noch sehr klein ist.

So schreibt die 25-jährige Jenny in einem Elternforum. "Wegen anhaltender Depressionen werde ich mit meinem neun Monate alten Sohn vom Jugendamt betreut. Nun soll mein Kleiner für fast drei Monate zu einer Kurzzeit-Pflegefamilie, während ich eine Therapie mache. Jetzt habe ich große Angst, dass er dadurch eine Knacks kriegt, sehe aber auch keine andere Lösung, weil ich sonst keine Unterstützung von außen habe."

Helfen, wenn Eltern ausfallen

So wie Jenny sind es überwiegend alleinerziehende Mütter, die eine Kurzzeitpflege für ihr Kind in Anspruch nehmen. Häufig haben sie kein verbindliches Einkommen. "Alleinerziehende, die keine Hilfe von ihrem Umfeld bekommen, nehmen diese Maßnahme meist wahr, wenn sie beispielsweise krank sind und in eine Klinik müssen, eine Umschulung in Angriff nehmen oder eine Reha machen, weil sie überfordert und in ihrer Erziehungsfähigkeit eingeschränkt sind", erläutert Diplompädagogin Ina Tietjen, die bei der Jugendhilfe "PiB" (Pflegekinder in Bremen, gemeinnützige GmbH) für den Bereich Kurzzeitpflege zuständig ist. Dabei managt sie alles von der Klärung der Kostenfrage über die Kooperation mit Ämtern bis hin zur Vermittlung und Ausbildung von Pflegefamilien.

Kurzzeitpflege ist eine freiwillige Maßnahme

Die Kurzzeitpflege ist in der Regel auf drei Monate beschränkt. Obwohl bestimmte Lebensumstände sie oftmals dringend nötig machen, wird dennoch niemandem aufgezwungen. Kurzzeitpflege ist eine freiwillige Maßnahme und darf deshalb nicht mit einer vom Jugendamt angeordneten Inobhutnahme verwechselt werden, wo eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.

Rechtlich geregelt ist die Kurzzeitpflege als "Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen" im Paragraphen 20 des Sozialgesetzbuches. Danach muss der befristete Aufenthalt in einer Pflegefamilie mit der klaren Zukunftsperspektive, nämlich der Rückkehr des Kindes in seine Herkunftsfamilie verbunden sein. Die Hauptbezugspersonen bleiben nach wie vor die Eltern, deren Erziehungsfähigkeit grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird.

Pflegeeltern müssen viele Qualitätskriterien erfüllen

Gilt es eine Kurzzeitpflege zu organisieren, müssen viele Räder ineinander greifen. Denn ob ein Kind - gleich welchen Alters - schließlich für mehrere Wochen von einer anderen Familie versorgt werden darf, ist von einigen Faktoren abhängig. Dazu gehören angemessene räumliche, materielle und soziale Voraussetzungen der Pflegeeltern-Bewerber. Die Orientierungslinien dafür geben üblicherweise die Jugendämter vor.

Die Hilfsanfragen selbst kommen meist von den Müttern oder von sozialen Diensten. "Wir erfragen möglichst viele Infos über das jeweilige Kind und über dessen Familie, weil nur dieses Wissen eine erfolgreiche Vermittlung ermöglicht", so die Bremer Diplompädagogin. "Erst dann halten wir Ausschau nach jemandem, der angemessen erscheint. Danach begleiten wir ein Kennenlernen zwischen den Eltern und den Betreuungspersonen. Denn die Chemie zwischen den Erwachsenen sollte von Anfang an stimmen. Eltern, die ihr Kind vorübergehend loslassen müssen, sollten die Maßnahme aus vollem Herzen unterstützen, sonst kommt es erst gar nicht zu einer passgenauen Vermittlung."

Spezielle Anforderungen bei der Kurzzeitpflege von Babys

Besonders sensibel ist die Situation, wenn ein Baby vorübergehend aus seinem gewohnten Umfeld genommen und Pflegeeltern anvertraut wird. Das komme aber eher selten vor, sagt die Expertin, weil sich meist eine Betreuungslösung innerhalb der Familie des Kindes finden ließe. Doch wenn Bedarf bestehe, dann sei gerade für eine Säuglingsmutter das Vorgespräch mit der "Ersatz-Familie" extrem wichtig für die Vertrauensbildung. "Das Ganze kann nämlich nur funktionieren, wenn auch die Mamas mit ins Boot geholt werden."

An der Bereitschaft von Pflegefamilien, sich gerade um Kleinkinder zu kümmern, herrscht kein Mangel, so Tietjens Erfahrung. Das Hilfsangebot sei größer, als die Zahl der Babys, die im Rahmen einer Kurzzeitpflege versorgt werden müssten.

"Mit der Kurzpflegschaft darf kein eigener Kinderwunsch kompensiert werden"

Bewerber für die Pflegeangebote werden sehr genau unter die Lupe genommen. Denn gerade im Umgang mit den Allerkleinsten sollte ihre Persönlichkeit der Besonderheit der Rolle entsprechen. So benötigen Kurzzeitpflegeeltern neben der Fähigkeit und Zeit zur Säuglingsbetreuung ein hohes Maß an Sensibilität, aber auch an Toleranz, um ihrem Schützling und der betroffenen Familie gerecht zu werden.

Zudem sollte ihr Engagement nie eigennützig sein. "Bei diesem Punkt schauen wir - insbesondere, wenn es um Kleinstkinder geht - nochmal anders hin. Denn wir wollen auf keinen Fall, dass mit dem Betreuungswunsch unter Umständen ein unerfüllter Kinderwunsch kompensiert wird."

Wenn der Abschied vom Pflegekind schwer fällt

So umfangreich die Vorbereitung auf eine Kurzzeitpflege ist, so lässt sich dennoch nicht alles vorhersehen und kalkulieren. Was ist etwa, wenn eine Pflegemutter ihren kleinen Schützling, den sie wochenlang gewickelt und geknuddelt, gefüttert und in den Schlaf gesungen hat, am liebsten nicht mehr gehen lassen will und möglichst auch in Zukunft Einfluss auf das Leben des Knirpses nehmen möchte?

"Um in solchen Fällen gute Unterstützung zu leisten, begleiten wir die Pflegepersonen auch noch, wenn das Kind nicht mehr bei ihnen ist. Wir vermitteln dann den Müttern auf Zeit, dass sie ebenso einen elementaren Beitrag für die biologischen Eltern leisten. Ihr Engagement ist ein wichtiger Baustein dafür, dass die leiblichen Eltern im Wissen um eine liebevolle Versorgung für ihr Kind an ihrer Gesundung arbeiten können. Diese Grundeinstellung muss in den Pflegefamilien verinnerlicht werden", sagt Tietjen.

Insgesamt scheinen aber Abschieds-Erfahrungen keine abschreckende Wirkung zu haben. Viele der qualifizieren Ersatzmütter sind nämlich "Wiederholungstäter" und nehmen immer wieder Schützlinge bei sich auf. Diese Motivation werde auch dadurch gestärkt, dass die Betreuungspersonen oft eine positive Resonanz bekämen, sagt Tietjen.

Gerade Mütter von Babys hätten häufig den dringenden Wunsch, sich für die Hilfe zu bedanken und in Kontakt zu der Pflegefamilie zu treten. "Eine solche Nähe unterstützen wir ausdrücklich. Denn nicht selten kommen Kinder mehr als einmal in die Kurzzeitpflege. Dann bemühen wir uns um dieselbe Pflegefamilie. Das vorher gewachsene Vertrauensverhältnis macht es für alle Beteiligten leichter."

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