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Vegane Ernährung bei Kindern: Lebensgefahr für Babys?


Groß werden ohne Fleisch und Milch – geht das?

ap, Michaela Hütig

Aktualisiert am 23.10.2016Lesedauer: 4 Min.
Kleinkind isst Spinat: Veganer verzichten bei der Ernährung auf Fleisch und tierische Produkte.Vergrößern des BildesKleinkind isst Spinat: Veganer verzichten bei der Ernährung auf Fleisch und tierische Produkte. (Quelle: Natalia Deriabina/getty-images-bilder)
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Einen Säugling vegan zu ernähren ist nicht einfach, aber nach Ansicht von Befürwortern nicht unmöglich. Einige schwarze Schafe, die ihren Kindern schwere Schäden zufügten, haben die Ernährungsweise jedoch insgesamt in Verruf gebracht.

Eine Mutter aus den USA fütterte ihr Baby nur mit Nüssen und Beeren. Deswegen wurde die Veganerin aus Pennsylvania nun wegen Kindswohlgefährdung angeklagt. In Italien wurden mehrere vegan aufgezogene Säuglinge wegen Mangelernährung ins Krankenhaus gebracht. Ein Abgeordneter schlug deshalb kürzlich in einem Entwurf vor, die vegane Ernährung von Kindern unter 16 Jahren gesetzlich zu verbieten.

Diese Kinder wurden vernachlässigt

Für vegetarische und vegane Eltern geht es in diesen Fällen nicht um Veganismus, sondern um Vernachlässigung. Sie fühlen sich durch solche Einzelfälle zu Unrecht stigmatisiert und sind überzeugt, dass man Kinder auch ohne Fleisch und Milchprodukte gesund und sicher versorgen kann - vorausgesetzt, man hat sich gründlich mit dem Thema befasst.

"In diesen Geschichten wird die Rolle des Veganismus betont, aber es stimmt nicht, dass diese Leute ihren Kindern das falsche Essen geben, sondern sie geben ihnen zu wenig zu essen", sagt Fulvia Serra aus Fort Collins im US-Staat Colorado. Die gebürtige Süditalienerin ernährt ihren einjährigen Sohn vegan, ihre zwölf Jahre alte Tochter ist Vegetarierin. "Um ein Kind fast bis zum Verhungern zu bringen, muss man das Kind und sein Weinen die ganze Zeit ignorieren", erklärt sie. "Das ist Vernachlässigung."

Verband der US-Kinderärzte hält vegane Ernährung für machbar

In den Ernährungsrichtlinien des Verbands der Kinderärzte in den USA heißt es, dass es mit einem gesunden Speiseplan grundsätzlich möglich sei, Kinder ausgewogen vegetarisch oder vegan zu ernähren. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist zurückhaltender und lehnt vegane Ernährung für Kinder ab.

Die Kinder-Endokrinologin Sheela Magge, die im Ernährungsausschuss des US-Kinderärzte-Verbands sitzt, betont, dass vegane Eltern unbedingt einen Kinderarzt oder einen Gesundheitsberater hinzuziehen sollten. "Es gibt kritische Zeiten bei der Entwicklung des Gehirns, und man muss sorgfältig vorgehen."

Babys brauchen Vitamin B12, D, Eisen, Zink und Kalzium

Die ideale Erstnahrung für Babys sei Muttermilch, erklärt Magge. Viele vegane Mütter entscheiden sich für das Stillen. Falls nicht oder wenn das nicht klappt, sind Sojaprodukte die einzige Alternative, sofern das Kind von Anfang an ohne Milch leben soll.

Die wichtigsten Nährstoffe für Babys sind die Vitamine B12 und D sowie Eisen, Zink und Kalzium, wie die Kinderärztin erklärt. Eine ausreichende Zufuhr von B12, das in Eiern und Milchprodukten enthalten ist, ist für Veganer besonders wichtig, da ein Mangel zu neurologischen Problemen führen kann.

Beim Übergang zur festen Nahrung sollten Eltern laut Magge sicherstellen, dass ihre Kinder alle für eine gesunde Entwicklung notwendigen Nährstoffe bekommen. Ein Kinderarzt könne die Mütter und Väter beraten und falls notwendig Ergänzungsnahrung empfehlen.

Fanatische Veganerin gab ihrem Baby nur ein paar Nüsse und etwas Obst

Das vegan ernährte Baby aus Pennsylvania litt hier vermutlich an einem Mangel. Die Mutter wurde am 4. Oktober vor Gericht der Kindswohlgefährdung beschuldigt, nachdem sie ihrem elf Monate alten Sohn nur kleine Mengen an Obst und Nüssen zu essen gegeben hatte. Die 30-Jährige aus der Ortschaft Farmington sei "besessen" gewesen vom Veganismus, hieß es in einer Strafanzeige. Der von ihr getrennt lebende Ehemann hatte die Frau beim Jugendamt im Bezirk Fayette gemeldet. Ärzte stellten im August Entwicklungsverzögerungen bei dem Baby fest. Der kleine Junge konnte der Anzeige zufolge wegen Mangelernährung noch nicht krabbeln und litt an einem Hautausschlag.

In den USA wird alle paar Jahre über vegane Eltern berichtet, die wegen Unterernährung ihrer Kinder festgenommen werden. Die italienischen Fälle machten auch international Schlagzeilen.

Im US-Staat Arizona wurde im April 2005 ein Ehepaar festgenommen, dessen drei Kinder fast verhungert wären infolge einer Ernährungsweise, die die Eltern als vegan bezeichneten. Die Mutter wurde zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, der Vater zu 15 Jahren.

Im selben Jahr wurdne ein Mann und eine Frau aus Florida zu einer Bewährungsstrafe wegen Kindesvernachlässigung verurteilt. Der sechs Monate alte Sohn der beiden hatte nur Weizengras, Kokoswasser und Mandelmilch zu essen und trinken bekommen. In Georgia wurde ein Elternpaar 2004 zu lebenslanger Haft verurteilt, dessen sechs Wochen alter Sohn verhungert war. Mutter und Vater hatten das Baby lediglich mit Sojamilch und Apfelsaft ernährt.

Ohne Fachwissen geht es nicht

Wenn Suzanne Lewis, die ihren achtjährigen Sohn vegan großzieht, solche Geschichten hört, fühlt sie sich verstärkt am Pranger. "Ich frage mich, ob die Leute mich skeptisch sehen", sagt die Biologielehrerin aus Reno in Nevada. Vegane Gesinnungsgenossen hätten ihr schon erzählt, dass sie kritische Artikel von Freunden und Verwandten bekommen hätten, die ihre Lebensweise ablehnen.

Die Ernährungsberaterin Reed Mangels weiß, dass Nachrichten über unterernährte Kinder vegane Eltern unter Druck setzen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und die ihre Entscheidung immer wieder aufs Neue verteidigen müssen. "Das Problem ist nicht der vegane Part der Ernährung, sondern die Unzulänglichkeit der Ernährung", sagt die Mitarbeiterin der Lobbyorganisation Vegetarian Resource Group aus Amherst in Massachusetts, die ihren beiden heute 24 und 21 Jahre alten Kinder vegan erzog. "Wie um Himmels willen kommen sie auf die Idee, dass das eine vegane Ernährung ist?"

Eltern mit veganen Kindern müssten sich mit Fakten wappnen etwa über Quellen für Vitamin B12, Eiweiß und Kalzium, die sie Kritikern dann bei Bedarf entgegenhalten könnten, sagt Mangels. Als Killer-Erwiderung empfiehlt sie den Satz: "Die Ärzte sagen, wir machen es richtig."

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