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"Schönwetterväter": Papa nimmt sich nur sonntags für mich Zeit


Schönwetterväter
Papa nimmt sich nur sonntags für mich Zeit

t-online, Silke Asmußen

29.03.2016Lesedauer: 5 Min.
Väter: Papa muss schon wieder weg. Kinder von "Schönwettervätern" leiden unter dem Mangel an väterlicher Zuwendung.Vergrößern des BildesPapa muss schon wieder weg. Kinder von "Schönwettervätern" leiden unter dem Mangel an väterlicher Zuwendung. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Wenn der Umgang mit dem Kind unbequem und anstrengend wird, klinken sich manche Väter aus. Darunter leiden nicht nur Kinder von getrennt lebenden Eltern. Können Mütter solche "Schönwetterpapas" zum Wohl des Kindes in die Pflicht nehmen? t-online.de hat darüber mit einem Familienberater gesprochen.

Das enttäuschende Gefühl, mit der Verantwortung im Stich gelassen zu werden, kennen sowohl Mütter in einer Paarbeziehung als auch Alleinerziehende. Gemeinsam ist den "Schönwettervätern", dass sie allein nach ihren persönlichen Bedürfnissen entscheiden, ob, wann und wie intensiv sie sich für ihr Kind engagieren und Zeit mit ihm verbringen. Die Bedürfnisse des Kindes bleiben hinter den Interessen und Befindlichkeiten des Vaters zurück.

Für quengelnde Kinder ist Mama zuständig

Wie breit das Spektrum ist, zeigen zahlreiche Beiträge in Online-Eltern-Foren. Während der Woche nehme ihr Ehemann nach elf Stunden Abwesenheit von Zuhause die Kinder "im Schlafanzug mit geputzten Zähnen entgegen", schreibt etwa eine Mutter. Auch am Wochenende pflege der Gatte den knapp ein Jahr alten Sohn zu "überhören", wenn er morgens um fünf Uhr wach werde. Eine andere Frau berichtet, ihr Partner spiele und schmuse gerne mit der kleinen Tochter, wenn sie "gut drauf" sei. Schreie oder quengele sie, gebe er sie schnell an die Mama zurück.

So manche Mutter führt das Verhalten auf väterliche Unsicherheit beim Umgang mit Babys zurück und hofft auf den Faktor Zeit. "Noch genieße ich es, für mein Kind so unersetzbar zu sein", schreibt eine Säuglingsmutter. Sie denke aber, der Papa werde mehr mit dem Kind anfangen können, wenn es nicht mehr so abhängig von ihr sei.

Konservatives Rollenmodell ist nicht überwunden

Ein Hintergrund mag das immer noch in vielen Familien praktizierte konservative Rollenmodell sein, in dem der Vater die Rolle des Ernährers übernimmt – und die Kinderbetreuung der Mutter überlässt. Heute seien zahlreiche Familienväter zehn bis zwölf Stunden am Tag abwesend und damit automatisch weniger in die Familienarbeit eingebunden als ihre Partnerinnen, sagt Ralf Ruhl, Psychotherapeut mit umfassender Erfahrung in der Familienberatung. Die Frauen hingegen versorgten oft neben einem Teilzeitjob den Nachwuchs im Alltag. Das Prinzip "Mama betreut das Kind, Papa arbeitet" ist demnach oft ein von beiden Seiten akzeptiertes Arrangement.

Getrennte Eltern: Was tun, wenn der Vater sein Kind versetzt?

Bei getrennt von Frau und Kind lebenden Männern kann das Phänomen "Schönwetter-Papa" drastische Formen annehmen: Da werden Besuchsregelungen nach Gutdünken gekippt, die Betreuung kränkelnder Kinder verweigert, aber anlässlich einer Schulfeier wird trotz langer Kontaktpause Anspruch auf einen Platz in der ersten Reihe erhoben.

Die Möglichkeiten, sie in die Pflicht zu nehmen, sind allerdings begrenzt. Verlässlichkeit sei in jedem Fall wichtig für Mutter und Kind, betont Ruhl. Erzwingen ließen sich Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein aber nicht. Die Energie, mit dem Ex-Partner Debatten über sein Verhalten zu führen, können sich betroffene Frauen nach Ansicht des Therapeuten sparen.

Ist ein Elternteil nicht willens oder fähig, sich Zeit für sein Kind zu nehmen, bleibt dem anderen nicht viel übrig, als pragmatisch damit umzugehen. Der betreuende Elternteil mache sich am besten bewusst, dass er tatsächlich alleinerziehend sei, meint Ruhl.

Vater darf Kinder nur 15 Minuten warten lassen

Wenn am Wochenende ein Besuch im Zoo geplant war, der Papa aber nicht erscheint, sollte der Ausflug eben ohne ihn stattfinden – nach einer angemessenen Wartezeit. Im Rahmen einer Umgangsregelung gilt laut Familienrechtlerin Edith Schwab eine Kulanzfrist von etwa 15 Minuten, wenn Termine unentschuldigt nicht eingehalten werden. Wenn die Mutter die Kindesbetreuung durch den Vater fest eingeplant hatte, ist das natürlich keine befriedigende Lösung.

Strafen bei Missachtung der Umgangsregelung

Natürlich können Mütter gegen Männer, die den Kontakt zum Kind willkürlich und ausschließlich nach ihren Wünschen gestalten, vor Gericht ziehen. Wer gerichtlich festgelegte Umgangsregelungen ignoriert, muss laut Justizministerium sogar mit einer Ordnungsstrafe bis zu 25.000 Euro rechnen - schlimmstenfalls mit einer Haftstrafe.

Ob aber ein Gerichtsstreit unzuverlässige Väter läutert und deren Beziehung zum Kind verbessert, ist jedoch fraglich. Die Androhung der zwangsweisen Durchsetzung der Umgangspflicht sei nicht geeignet, dem Kind einen Umgang zu ermöglichen, der zu seiner Persönlichkeitsentwicklung beitrage, urteilte dazu bereits das Bundesverfassungsgericht.

Hinter dem Rückzug steckt oft eine persönliche Geschichte

Aber warum sind "Schönwetterväter" nicht in der Lage, eine tragfähige, kontinuierliche Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen? Die Ursache könne in ihrer persönlichen Geschichte liegen, weiß der Psychotherapeut. So schüre etwa bei manchen Männern ein in der Kindheit vermitteltes negatives Vaterbild Ängste, selbst kein guter Papa zu sein, und veranlasse die Betroffenen, sich aus der Verantwortung zurückzuziehen. Auch Väter mit einer ausgeprägten patriarchalischen Werthaltung fühlten sich vielfach nicht für die alltäglichen Aufgaben der Kinderbetreuung zuständig.

Auf Signale für unausgesprochenen Kummer achten

Fest steht: Auf Dauer enttäuschen "Schönwetterpapas“ ihre Kinder. Kleine Kinder akzeptieren häufig noch, wenn der Papa ihnen beispielsweise versichert, er habe so wenig Zeit für sie, weil er viel arbeite müsse. Mütter sollten ihnen diesen Glauben auch nicht nehmen, raten Psychologen. Ältere Kinder dagegen sehen den Vater meist differenzierter. Sie reagieren verletzt, wenn er nie da ist, wenn sie ihn brauchen – beispielsweise als Ratgeber bei Problemen in der Schule oder mit Freunden.

Oft fühlen sie sich zurückgewiesen und quälen sich mit Fragen wie "Warum will mein Vater mich nicht?" oder "Interessiert er sich gar nicht dafür, wie es mir geht?"

Der kritische Punkt ist für Ralf Ruhl erreicht, wenn das Kind unter dem Mangel an väterlicher Zuwendung deutlich leidet – und zwar über das generelle Trennungsgefühl nach einem Besuchswochenende hinaus. Anzeichen hierfür sind beispielsweise häufige Fragen nach dem Vater, plötzliche Schulangst, Klammern sowie Kopf- oder Bauchschmerzen.

Den Vater nicht vor dem Kind schlecht machen

Unbedingt vermeiden sollten Mütter, den Vater vor dem Kind zu verurteilen, warnt Ruhl. Schuldzuweisungen wie "dein Vater kommt schon wieder nicht, er hat sich noch nie richtig um dich gekümmert" befeuerten bei getrennten Paaren nur alten Groll. Hilfreich dagegen sei, dem Kind ein Gefühl von Normalität zu vermitteln.

Im Übrigen verlangt auch die so genannte Wohlverhaltensklausel in Paragraf 1684 Absatz 2 BGB von beiden Eltern "alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert". Das heißt: Kein Elternteil darf sich so verhalten, dass die Beziehung des Kindes zu dem anderen Elternteil belastet wird.

Die beste Unterstützung für ein vom Vater vernachlässigtes Kind ist ein ansonsten stabiles, verlässliches Umfeld. Doch nicht immer reicht das aus. Professionelle Hilfe finden betroffene Frauen und Kinder bei etablierten Familienberatungsstellen wie ProFamilia, Caritas oder AWO. Die Experten dort beraten mit Fokus auf die individuelle Situation der Familie. Bei Bedarf vermitteln sie auch weitergehende Kontakte, etwa zu Therapeuten.

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