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"37 Grad" im ZDF: Elternglück für Lesben und Schwule


"37 Grad": "Mutter, Mutter, Vater, Kind"
Mit der Co-Elternschaft von Lesben und Schwulen tun sich viele schwer

t-online, Maria M. Held

Aktualisiert am 19.10.2016Lesedauer: 4 Min.
Annika, Regina und Nils mit ihrem gemeinsamen Sohn Sverre.Vergrößern des BildesAnnika, Regina und Nils mit ihrem gemeinsamen Sohn Sverre. (Quelle: ZDF)
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Co-Parenting ist kompliziert und irritierend. Viele tun sich schwer damit – auch das deutsche Rechtssystem. Die ZDF-Reportage "Mutter, Mutter, Vater, Kind - Elternglück für Lesben und Schwule" aus der Reihe "37 Grad" zeichnet die Facetten dieses speziellen Kinderwunschs nach.

Es gibt für die Co-Elternschaft keine Vorbilder, nichts kann man machen wie es die Eltern oder Großeltern hielten. Tradition und bewährte Verhaltensmuster versagen bei diesem Familienmodell.

Kampf gegen traditionelle Rollenmuster

Ein biologischer Vater, zwei biologische Mütter – die moderne Medizin macht das möglich. Für das deutsche Recht allerdings existiert diese Konstellation eigentlich gar nicht. Die Filmautorin Frauke Siebold hat zwei Paare gefunden, die sich mit moderner Reproduktionsmedizin den Kinderwunsch erfüllen und sich auf den Kampf gegen Rollenmuster und Rechtssystem einlassen.

Kinderwunsch umsetzen, ohne ein Paar zu sein

Per Mausklick zum Elternglück hieß es für Bibiane und Rüdiger. Sie haben sich über die Plattform "Familyship" gefunden, um ihren Kinderwunsch umzusetzen, ohne ein Paar zu sein. Der schwule Vater hätte sonst eine Lücke im Leben gespürt. Töchterchen Aurelia füllt diese nun. Rüdiger war sogar bei der Geburt dabei. Für ihn als schwulen Mann war dies ein extrem intimes Erlebnis mit einer Frau, mit der er keinen Sex hatte, aber ein gemeinsames Kind. Die Tochter wurde durch künstliche Befruchtung gezeugt.

Ein Pionier der neuen Familienform

Sie wollen gemeinsam die Verantwortung tragen. Konkret wollen beide halbtags arbeiten und halbtags das Kind betreuen. Aus Freunden wurden Eltern - und es klappt, obwohl Bibiane die viele Zeit mit Rüdiger fast zu viel ist. Sogar ein zweites Kind ist nicht undenkbar.

Rüdiger ist nicht nur auf seine Tochter Aurelia stolz, sondern auch auf sich: "Es war ja schon ein bisschen Pionierarbeit, wir haben das ohne Vorbilder ausprobiert."

Regina ist die Bauchmutter

"Sverre ist ein biologisches Meisterwerk", heißt es im Film über den zweiten Fall. Das Kind ist in einer niederländischen Kinderwunschklinik entstanden. Sverre hat eine Bauchmutter, eine biologische Mutter und einen Samenspender-Vater - also drei leibliche Elternteile. Annika (38) und Regina J. (44) erfüllen sich ihren Kinderwunsch zusammen mit Nils K. (38).

Annika ist die Eizellspenderin. In Deutschland ist dies verboten, doch im Nachbarland sind die Gesetze nicht so streng. Ihre Eizelle wird im Labor mit Nils' Sperma befruchtet und Regina eingepflanzt. Regina ist also die Bauchmutter. Sie bringt das Baby zur Welt und steht als Mutter in der Geburtsurkunde. Annika hingegen hat keinen rechtlichen Anspruch auf Sverre: "Das Schlimmste wäre, wenn Regina etwas passiert, dass Sverre ins Heim kommt, dass er mir weggenommen wird. Weil ich einfach rechtlich nicht sein zweiter Elternteil wäre."

Die Adoption ist der schwierigste Part

Damit Sverre abgesichert ist, muss Annika ihn adoptieren - sonst ist sie ein "rechtliches Nichts". Dabei ist sie als Eizellenspenderin überzeugt: "Mehr gemeinsames Kind geht nicht."

Doch der Ausgang des belastenden Adoptionsverfahrens bleibt lange ungewiss. Nach gut 14 Monaten ist der Marathon zum Kind geschafft und der Junge hat zwei Eltern - auf dem Papier, denn im Leben sind es drei Eltern. Doch eine eingetragene Drei-Elternschaft wie in Großbritannien gibt es hierzulande nicht.

Der Besuch von der Adoptionsstelle mit Wohnungsinspektion wird zur nervlichen Belastung für Regina und Annika. Die Anhörung von dem Familiengericht ist eine noch größere Hürde.

Sverres Vater Nils, der in einer homosexuellen Partnerschaft lebt, sieht sich nicht als anonymer Samenspender. Er will Verantwortung tragen, weiß aber, dass er nie eine klassische Vaterrolle einnehmen kann. Den ersten Geburtstag seines Sohnes feiert er natürlich mit. Dabei sind drei Omas, drei Opas und drei Eltern.

Großer Bruder wird helfen

Sverres großer Bruder aus der ersten Ehe von Regina wird ihm wohl eine große Stütze sein, wenn im Lauf seiner Kindheit verletzende Kommentare kommen. Er hat solche selbst gehört, als sich seine Mutter als lesbisch outete.

Regina und Annika leben in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft, einer sogenannten "Homo-Ehe". Sie ist der heterosexuellen Ehe allerdings rechtlich nicht gleichgestellt, denn dabei wäre der Mann automatisch der rechtliche Vater.

Zu viel Harmonie

Leider dürfen die Kameras die entscheidenden Gespräche mit der Familienrichterin und der Adoptionsstelle nicht begleiten. Trotzdem gibt die Reportage einen tiefen Einblick in die Schwierigkeiten und nervlichen Belastungen dieser ungewöhnlichen Elternschaft. Frauke Siebold sagt über ihre Recherchen, dass es nicht einfach war, Paare zu finden, die über diese persönlichen und sensiblen Dinge sprechen wollten. Auch Angst vor Diskriminieung spielte eine Rolle.

So bleiben als Protagonisten die Selbstbewussten, deren Fälle sich zum Guten wenden, deren Umfeld zu ihnen steht. Deshalb bleibt auch hier - wie so oft in dieser ZDF-Reihe - der süßliche Nachgeschmack von zu viel Harmonie.

Ungewohnt und trotzdem konventionell

Es entsteht der Eindruck, dass diese Co-Elternschaften sich - trotz ihrer ungewöhnlichen Konstellationen - stark an Traditionen orientieren, eigentlich sogar sehr unauffällig sind. Am modernsten sind die Medizin, die hinter diesem Babyglück steckt und die Omas, die in ihrem Umfeld eine Lanze für die Geschichte ihrer Enkel brechen.

Anlaufstelle für Interessierte kann die Initiative lesbischer und schwuler Eltern, kurz Ilse, sein.

ZDF, 18. Oktober 2016, 22.15 Uhr und in der ZDF-Mediathek.

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