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Kuhmilch, Katzenhaare, Staub - sollen Kinder das meiden?


Allergien
Kuhmilch, Katzenhaare, Staub - sollen Kinder den Kontakt meiden?

t-online, dos

28.03.2011Lesedauer: 4 Min.
Kinder, die auf dem Land aufwachsen, haben weniger allergische Erkrankungen als Stadtkinder, zeigen Studien.Vergrößern des BildesKinder, die auf dem Land aufwachsen, haben weniger allergische Erkrankungen als Stadtkinder, zeigen Studien. (Quelle: imago/imago-images-bilder)
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Asthma bronchiale, Heuschnupfen, Neurodermitis: Immer mehr Kinder sind heute von Allergien geplagt, berichten Experten. Ihr Abwehrsystem reagiert auf eigentlich harmlose Substanzen, wie Tierhaare oder Hausstaub, die es normalerweise tolerieren sollte. Der Pädiater Dr. Ulrich Fegeler vom "Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte" erklärt, warum es immer mehr allergische Erkrankungen gibt und ob Kinder mögliche Allergene besser meiden sollten.

Dr. Fegeler, welches sind die häufigsten allergisch bedingten Erkrankungen im Kindesalter?

Fegeler: Die häufigsten Allergien im Kindesalter sind sicher die so genannten Pollinosen, also allergische Reaktionen der Schleimhäute auf Baum- oder Gräserpollen. Diese entwickeln sich aber meist erst nach dem zweiten bis dritten Geburtstag. Vorher aber kann der kindliche Organismus auch schon auf bestimmte Auslöser wie Infekte, Nahrung oder äußere Ursachen mit Haut- oder Schleimhautsymptomen reagieren. Mediziner sprechen vom Atopie-Syndrom. Es handelt sich um eine angeborene Störung der äußeren und inneren Oberfläche unseres Körpers. Es können also die äußere Haut oder Schleimhäute, zum Beispiel in den Bronchien und der Lunge, betroffen sein. Zum Atopie-Syndrom zählt man das Auftreten von einfachen Ekzemen bis hin zur Neurodermitis, Entzündungen der Bronchien bis hin zum Asthma bronchiale, später häufig ausgelöst durch Pollenallergene.

Wie viele Kinder leiden schätzungsweise an allergischen Erkrankungen?

Fegeler: Da gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Eine mittlere Häufigkeit von 15 Prozent wird wahrscheinlich etwa zutreffen - manche sprechen sogar von fast jedem dritten Kind. Die Anzahl der betroffenen Kinder scheint auf jeden Fall zu steigen.

Warum ist das so? Wo liegen die Ursachen für allergische Erkrankungen?

Fegeler: Zunächst muss eine genetische Veranlagung dazu vorhanden sein. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass in hochentwickelten Ländern deutlich mehr Allergien und Asthma auftreten. Eine Ursache mag ein veränderter hygienischer Lebensstil zurück. Die Zivilisation hat hier ihre Schattenseiten. Weil der Mensch früher in ständigem Kontakt zu Tierkot, Tierfellen mit ihren bakteriellen und parasitären Verunreinigungen gestanden hat, besitzt er evolutionsbedingt ein hochentwickeltes Abwehrsystem. Dieses System braucht bildhaft gesprochen etwas zu beißen. Wenn es das nicht hat, reagiert es möglicherweise übersteigert auf bestimmte allergieauslösende Stoffe.

Kinder kommen also nicht mit einer Allergie auf die Welt?

Fegeler: Nein, es gibt keine angeborenen Allergien. Es gibt aber eine sogenannte genetische Disposition, also eine Anlage, leichter als andere Allergien zu entwickeln. Jedes spätere Allergen wird nach der Geburt zunächst toleriert und kann dann irgendwann - warum auch immer - zu einer „andersartigen“, eben allergischen Reaktion führen. Der Name stammt von dem altgriechischen Wort "allos", das bedeutet "anders, verschieden".

Studien sagen Landkinder haben weniger Allergien als Stadtkinder - ist Urlaub auf dem Bauernhof also anzuraten?

Fegeler: Kinder sollten generell nicht in einer keimfreien Umgebung aufwachsen. Das wäre der größte Fehler, den Eltern in dieser Hinsicht machen könnten. Eine zu saubere Umgebung schadet und hindert den Körper, sein Immunsystem, genauer gesagt, sein immunologisches Gedächtnis zu entwickeln. Vor allem sollten Eltern im Haushalt keine aggressiven Desinfektionsmittel verwenden. Es reicht zum Beispiel aus, den Wickeltisch feucht abzuwischen und mit einem Handtuch nachzureiben. Der Mensch braucht gewisse Keime in seiner Umgebung. Wer Lust dazu hat, soll ruhig seine Ferien auf einem Bauernhof verbringen. Das schadet grundsätzlich nicht. Frische Luft und viel Bewegung - da kann man nichts falsch machen.

Können frühe Kontakte zu Tieren vor späteren Tierhaarallergien schützen?

Fegeler: Das ist denkbar. Aber sichere Kenntnisse, wie man sich vor Allergien schützen kann, gibt es bisher leider nicht. Eltern sollten aber nicht auf Haustiere verzichten, um ihr Kind nicht mit dem Tierfell in Berührung kommen zu lassen. Wenn ein Elternteil zum Beispiel selbst gegen Katzenhaare allergisch ist, wird zwar aus diesem Grund keine Katze im Haushalt leben. Aber sie sollten ihr Kind trotzdem mit den Tieren in Kontakt kommen lassen, es einfach ausprobieren.

Wie ist das mit der Ernährung?

Fegeler: Stillen ist die beste Vorbeugung. Wenigstens drei Monate sollten Kinder gestillt werden. Man kann aber auch selbstverständlich über längere Zeit Muttermilch geben, wird aber spätestens nach dem sechsten Lebensmonat mit Breikost zufüttern müssen. Etwa ab dem ersten Geburtstag kann auf die Milch im Supermarkt umgestellt werden. Es empfiehlt sich, für ein bis zwei Monate H-Milch zu geben. Wenn die anfängliche Muttermilchmenge nicht genügt, gibt es sogenannte HA-Milch, die allergengemindert ist. Ähnlich wie die Muttermilch schützt sie aber nur vor dem frühen Auftreten der Neurodermitis, nicht generell vor ihrem Auftreten und dem Auftreten von Allergien. Frische Kuhmilch vom Bauernhof, die nicht abgekocht ist, birgt andere Risiken, weil sie krankmachende Keime enthalten kann. Eltern können über die individuell beste Ernährung mit einem Kinderarzt sprechen.

In letzter Zeit wurde vor Babyschwimmen in Bezug auf das Entstehen von Asthma bronchiale (wegen der Chlordämpfe) gewarnt? Andere sagen, Schwimmen sei wegen der hohen Luftfeuchtigkeit sogar geeignet für Kinder, die an Asthma leiden. Was stimmt denn nun?

Fegeler: Eltern sollten einfach ausprobieren, was ihren Kindern gut tut. Es ist bestimmt gut, Kinder früh an das Wasser zu gewöhnen, ihnen die Angst davor zu nehmen. Kinder haben hier Spaß!

Was sollten Eltern tun, wenn sie den Verdacht haben, dass ihr Kind eine Allergie hat?

Fegeler: Sogenannte Hyposensibilisierungen sind insbesondere bei Pollenallergien oft sehr erfolgreich. Hier verabreicht der Kinder- und Jugendarzt nach der Austestung des vorliegenden Allergens wiederholt kleine Mengen des Allergens unter die Haut. Dadurch wird im Laufe der Zeit die überschießende Reaktion abgemildert. Allergene von Gräsern gibt es zur Hyposensibilisierung schon in einer Form, die über die Mundschleimhaut unter der Zunge aufgenommen wird. Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie sollte das Kind bei bestimmten Formen wegen der möglichen Reaktionen unter stationären Bedingungen ausgetestet werden. Bei einer nachgewiesenen Allergie muss das Kind das betreffende Allergen in seiner Ernährung strikt meiden.

Herzlichen Dank für das Interview!

Weitere Informationen finden sich auch unter http://www.kinderaerzte-im-netz.de

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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