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ZDF: "37 Grad" begleitet Frauen mit Kinderwunsch und ohne Mann


ZDF - 37°
"Ich will ein Baby ohne Mann!"

t-online, rev; ZDF

13.07.2010Lesedauer: 5 Min.
Marguerite ist glückliche Mutter auch ohne Mann. Livs Vater kommt von der Samenbank. (Bild: ZDF)Vergrößern des BildesMarguerite ist glückliche Mutter auch ohne Mann. Livs Vater kommt von der Samenbank. (Bild: ZDF)
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Schwanger werden ohne Mann - das ist medizinisch machbar in Zeiten der Reproduktionsmedizin. Doch ist es auch moralisch vertretbar? Wird das Kind der Mutter eines Tages Vorwürfe machen, weil es ein Samenbank-Kind ist? Welche Bedeutung wird der anonyme Vater künftig in dem Leben des Kindes spielen? Wie geht man mit den kritischen Reaktionen der Familie, des Arbeitgebers und des Freundeskreises um? Was nehmen partnerlose Frauen auf sich, wenn sie unbedingt ein Kind wollen? Und warum ist es in Deutschland für alleinstehende Frauen schwierig, ihren Kinderwunsch mit Hilfe der Samenbank zu erfüllen, was in den USA und den europäischen Nachbarländern längst Praxis ist? Mit diesem sensiblen Thema beschäftigte sich die Dokumentation "Ich will ein Baby ohne Mann", die am 13. Juli 2010 um 22.15 Uhr in der Reihe "37°" auf ZDF ausgestrahlt wurde. Iris Bettray hatte hierfür drei Frauen auf ihrem schwierigen Weg zur Erfüllung ihres größten Wunsches begleitet - ein Wunsch, der, wie die Dokumentation deutlich macht, zum einzigen Lebensinhalt werden kann.

Schwanger per Samenspende - eine schwierige Angelegenheit in Deutschland

Schwanger zu werden über Samenbanken ist in Amerika und in vielen europäischen Nachbarländern für alleinstehende Frauen längst etabliert, in Deutschland hingegen hat der Gesetzgeber noch keine klaren Richtlinien für die Betroffenen geschaffen. Deutsche Ärzte sind deshalb aus medizinischen, aber auch ethischen und juristischen Gesichtpunkten zurückhaltend. Denn Frauen, die sich ihr Mutterglück durch eine Samenbank erfüllen wollen, müssen sich mit komplexen moralischen Fragen auseinandersetzen. Und Samenspender und behandelnde Ärzte oder Hebammen können hierzulande eventuell sogar auf Unterhalt verklagt werden.

Babyglück und große Sorgen

Die "37 Grad"-Dokumentation begleitete drei Frauen in ganz verschiedenen Lebenssituationen auf ihrem Weg zum Kinderwunsch. Eine dieser Frauen ist Marguerite, Buchhalterin in einer Investmentgesellschaft. Sie sagt: "Meine Mutter hat sich aufgeregt, sie hat gemeint, ich hätte ein tolles Leben, wäre finanziell unabhängig und würde jetzt ein Kind machen, ohne Mann. Wie ich mir das vorstellen würde? Sie war außer sich und ich war sehr enttäuscht."

Seit sieben Jahren ist die 41-Jährige Single. Auf den richtigen Mann will sie nicht länger warten, denn "mir läuft die Zeit davon und ich habe viel zu spät erkannt, dass der Beruf, schöne Urlaube und Freizeit mein Leben nicht ausfüllen."

Marguerites Babyglück geht erst beim dritten Versuch in Erfüllung: Sie hat einen offenen Spender gewählt, dessen Identität das Kind später erfahren kann, wenn es das möchte. Das ist ganz im Sinne des deutschen Grundgesetztes, das sagt, dass jedes Kind ein Recht darauf habe, seine Herkunft zu erfahren. Töchterchen Liv kommt schließlich am 4. Dezember 2009 zur Welt. Sie ist das große Glück ihrer Mutter und doch hat sich die Alleinerziehende das Leben mit ihrer Tochter anders vorgestellt: "Ich habe Sorge, dass ich meinem Kind nicht das bieten kann, was normalerweise ein Paar einem Kind bieten kann. Und es kann ja sein, dass mein Kind das vermisst. Es kann der Vater sein, vielleicht auch der Mann im Haushalt. Es kann auch finanziell sein. Deswegen mache ich mir meine Gedanken."

Wenn auch der sechste Versuch scheitert

Die 42-jährige Delia ist Gruppenleiterin in einer Werkstatt für Behinderte. Delia weiß, was es heißt, Mutter zu sein. Ihr kleiner Sohn Colin ist vier Jahre alt, er ist das Ergebnis einer kurzen, heftigen, aber unglücklichen Affäre mit einem verheirateten Mann. Colin wird seinen Vater wahrscheinlich nie kennenlernen. Die gelernte Erzieherin versucht seit einem Jahr über eine dänische Samenbank ein zweites Kind zu bekommen. "Natürlich kann ich zufrieden sein mit einem Kind. Ich bin mit Colin total glücklich, aber trotzdem wünsche ich mir ein zweites. Da ich keinen Partner habe, ist das für mich halt nicht möglich und so muss ich es eben über die Samenbank machen."

Delia war schon sechs Mal in Kopenhagen in den letzten 14 Monaten. Jedes Mal hat sie gehofft, endlich schwanger zu werden, doch sie wurde enttäuscht. Ihr kleines Sparkonto ist schon leer geräumt, denn jeder Befruchtungsversuch kostet 560 Euro. In ihrem Bekanntenkreis ist nur die beste Freundin eingeweiht. Die nachdenkliche Delia ist an manchen Tagen sehr traurig: "Also da bin ich schon ein bisschen böse aufs Leben. Andere meinen, sie kriegen zwei bis drei Kinder, haben eine feste Partnerschaft und alles läuft prima. Theoretisch könnte es ein Fremder sein, mit dem ich auf natürlichem Wege ein Kind zeuge, ich fände es aber auch gemein, jemanden abzuschleppen, nur um mit ihm ein Kind zu zeugen." Außerdem sei der Weg der künstlichen Befruchtung aus ihrer Sicht gesundheitlich sicherer.

Samenspender gesucht: 1,85 Meter groß, dunkle Haare, blaue Augen

Für einen anonymen Vater hat sich auch die 29-jährige Tina, Angestellte bei einer Leasing-Bank, entschieden. Die fröhliche Münchnerin lebt zwar mit einer Frau zusammen, aber auf ihr Mutterglück möchte sie dennoch nicht verzichten. Sie weiß auch schon ganz genau, wie der Vater ihres Kindes aussehen soll. "Er soll 1,80 Meter groß sein, dunkle Haare haben und blaue Augen." Solche Wünsche werden bei der Samenbank im Ausland berücksichtigt.

Die 29-Jährige will keine weiteren Informationen über den Vater haben, ihr zukünftiges Kind wird nichts über den Beruf oder Charakter seines Vaters erfahren: "Ich will nicht, dass unser Kind wie 20 andere vor der Tür des leiblichen Vaters steht und sagt: Hallo, da bin ich, und dann sagt der Vater: Sorry, heute waren schon fünf andere da." Tina hat gespart, um sich die Befruchtungen und die Reisen ins Ausland leisten zu können. Nach dem dritten gescheiterten Versuch lässt sie nichts unversucht, nimmt Hormone, lässt ihre Eileiter durchspülen und fährt zur vierten Befruchtung, das geht ihr sehr nahe. "Es ist jedes Mal anstrengender, weil man versucht, alle Möglichkeiten zu nutzen. Ich weiß, dass ich so langsam alles ausgeschöpft habe." Nach zwei langen Wochen Wartezeit bestätigt die Gynäkologin die Schwangerschaft. Tinas Freude ist groß - doch sie wird das Kind verlieren. Trotzdem will sie es ein weiteres Mal versuchen. Wenn auch dieser Versucht scheitert, wird ihre Freundin sich künstlich befruchten lassen.

Ein Kind um jeden Preis

Sowohl finanziell als auch emotional gehen die im Film portraitierten Frauen für den Kinderwunsch an ihre Grenzen - insbesondere Delia sowie Tina und ihre Lebensgefährtin. Jeder misslungene Befruchtungsversuch deprimiert die Frauen sehr. Und auch die medizinische Befruchtung selbst ist viel mehr als nur ein technischer Vorgang. Dazu Autorin Iris Bettray: "Alle Frauen unterlagen während der zum Teil häufigen Befruchtungsversuche einem großen Wechselbad der Gefühle. Die Vorfreude auf das Kind, das vielleicht entsteht, mischt sich mit der Angst, dass es nicht klappen könnte. Dann folgt die Zeit des Wartens - häufig gefolgt von der Ernüchterung und Traurigkeit, wenn der Versuch nicht zu einer Schwangerschaft geführt hat." Zudem verwenden die Frauen einen Großteil ihres Verdienstes für ihren Babywunsch. Sie wollen unbedingt ein Kind - um jeden Preis!

Es scheint, als ob aus dem Wunsch ein Kind zu bekommen längst eine Besessenheit geworden ist. Bettray erklärt auf der Internetseite von ZDF, dass bei einer der Frauen, mit der sie auch nach dem Dreh noch länger Kontakt hatte, bald die Wut hoch kochte. "Sie beschimpfte mich, weil ich verheiratet bin und zwei Kinder habe. Aus ihrer Sicht wurde es mir mit meinem Kinderwunsch so leicht gemacht. Während sie keinen Mann hat, keinen Mann will und auch keine finanziellen Mittel mehr auftreiben kann, um sich die kostspielige Insemination im Ausland zu leisten", so Bettray. "Ihre Wut hat mich nicht verärgert, eher berührt."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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