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"Dein Sternenkind": Erinnerungen an verstorbene Kinder


"Dein Sternenkind"
Fotografen schaffen unbezahlbare Erinnerungen an verstorbene Kinder

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

13.01.2015Lesedauer: 5 Min.
Eines der von "Dein Sternenkind"-Mitarbeitern fotografiertes Baby.Vergrößern des BildesEines der von "Dein Sternenkind"-Mitarbeitern fotografiertes Baby. (Quelle: "Dein Sternenkind")
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Es sind Fotos, für die es keine zweite Chance gibt: Denn die Abgebildeten sind Babys, die tot zur Welt kommen oder nur wenige Stunden leben. Professionelle und ehrenamtlich arbeitende Fotografen, die die Initiative "Dein Sternenkind" deutschlandweit vermittelt, halten solche traurigen, aber auch kostbaren Momente für die betroffenen Eltern fest. So entstehen bleibende Erinnerungen, die den Müttern und Vätern dabei helfen, den schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten.

Babys, die vor oder nach ihrer Geburt sterben, werden als Sternenkinder bezeichnet. Den Eltern bleiben meist nur wenige Augenblicke, um ihr Kind anzuschauen, es im Arm zu halten und schließlich Abschied zu nehmen. In diesen emotionalen und intimen Momenten Erinnerungsfotos zu machen, ist dann meist eines der letzten Dinge, an die die verzweifelten Eltern denken.

Unbezahlbare Erinnerungen für die Eltern

Dass es ein tiefes Bedürfnis nach solchen Andenken gibt, erkannte der Fotograf Kai Gebel, als er 2010 zum ersten Mal entsprechende Bilder auf der US-Plattform "Now I lay me down to sleep" (NILMDTS) sah. Er war sehr beeindruckt und ließ sich als deutscher Fotograf in der Datenbank registrieren. Durch diese Plattform entstand der Kontakt zu einem deutsch-amerikanischen Paar in Frankfurt, das Gebel beauftragte, Fotos bei der Geburt ihrer eineiigen Zwillinge Luis und Liam zu machen. Sie wussten, dass der kleine Liam wegen eines Gendefekts nicht lange überleben würde. Gebel durfte während der Kaiserschnitt-OP dabei sein und die kurze Zeit, die Liam mit seiner Familie blieb, bildlich festhalten.

Nach diesen Erfahrungen rief der Fotograf aus Südhessen schließlich im Dezember 2013 "Dein Sternenkind" ins Leben, um damit betroffene Eltern im deutschsprachigen Raum besser über das Thema informieren zu können und die Vermittlung von Fotografen zu erleichtern. Auf der Internetseite beschreiben auch die Eltern des kleinen Liam den Tag der Entbindung. "Wir haben Kai während dieser Zeit kaum bemerkt. Er hielt sich im Hintergrund und hat seine Arbeit sehr sensibel gemacht. Wir sind so froh darüber, dass wir uns dazu entschieden haben, ihn dabei zu haben. Diese Bilder und Videos sind für uns unbezahlbar. Sie zeigen Liam, wie er lebt und wie sehr wir ihn lieben."

Behutsames Agieren und Diskretion haben oberste Priorität

Etwa 400 Fotografen engagieren sich mittlerweile in dem Netzwerk. Gebraucht würden aber etwa 1000: So groß sei die Nachfrage von Eltern, erläutert Gebel im Gespräch mit t-online.de. Oft würden die Kontakte auch durch Kliniken, Ärzte, Hebammen oder Seelsorger hergestellt. Doch eine genaue Statistik über die Aufträge gäbe es nicht.

"Wir versuchen, unsere ehrenamtliche und kostenfreie Arbeit so diskret wie möglich zu machen. Jeden Tag ist mindestens ein Kollege in Deutschland für das Projekt unterwegs. Wir zählen aber die einzelnen Fälle nicht. Das gebietet die Pietät. Die Fotografen, die die Aufträge übernehmen, sind nicht verpflichtet, uns das zu melden." Auch kommerzielle Vermarktungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Sternenkindern wie etwa elektronische Gedenkkerzen im Internet zu kaufen, sei nicht erwünscht. Denn "Dein Sternenkind" solle unbedingt ein geschützter Raum bleiben, betont Gebel.

So ungewöhnlich die Arbeit der Sternenkind-Fotografen ist, so behutsam müssen sie vorgehen: "Das ist nicht einfach, weil man selbst emotional betroffen ist. Vor allem das Leid und die Trauer der Eltern rühren sehr", so Gebel. "Trotz allem versuchen wir, in der Situation eine Normalität und Selbstverständlichkeit herzustellen und unsere Arbeit zu tun, ohne selbst zu weinen - als wäre es ein Shooting mit einem gesunden Säugling. Da hilft auch eine gewisse Distanz durch die Linse, um als Fotograf zu funktionieren. Doch wenn ich jede Woche so einen Auftrag ausführen würde, könnte ich das nur schwer aushalten."

Es entstehen weiche und würdevolle Bilder

Die Fotografen bemühen sich, die Sternenkinder ins beste Licht zu rücken. Das ist häufig eine besondere Herausforderung, weil manche Babys körperliche Missbildungen haben. "Solche Auffälligkeiten kaschieren wir, indem wir mit Unschärfen arbeiten beziehungsweise mit einer bestimmten Beleuchtung nur die Silhouetten hervorheben. Oder wir fotografieren Details wie Händchen oder feine Härchen auf der Haut", beschreibt Gebel die Einsätze.

"Es sind trotz der Präsenz des Todes immer weiche und würdevolle Bilder, mit großer Friedlichkeit, die möglichst keinen Schmerz und keine Krankheit zeigen." Damit der optimale Blickwinkel gefunden werden kann, müssen die Fotografen - natürlich immer in Abstimmung mit den Eltern - auch bereit sein, die Kinder zu berühren und hochzunehmen, damit man sie zum Beispiel in eine Decke legen kann. Dies zu tun, sei vor allem am Anfang nicht leicht gewesen, erinnert sich Gebel.

Um mit ihren aufwühlenden Eindrücken besser umgehen zu können, tauschen sich die Fotografen regelmäßig in ihrem Netzwerk aus: "Hier informieren wir uns beispielsweise auch gegenseitig über bestimmte Krankheiten und Defekte, die es bei den Babys, die wir ablichten, häufig gibt. So ist man für zukünftige Aufträge besser gewappnet." Außerdem nutzen die Fotografen überall in Deutschland die Vernetzung als internes Alarmsystem, falls ein Kollege plötzlich nicht zu einem geplanten Einsatz kommen kann und innerhalb kürzester Zeit jemand aus dem Team in der jeweiligen Stadt einspringen muss.

Erinnerungen greifbar machen

Wie wichtig ihr ehrenamtliches Engagement ist, wissen die Fotografen vor allem durch die positive Resonanz vieler Mütter und Väter: "Unsere Fotografin hat so wunderschöne Fotos gemacht", schreibt ein Elternpaar auf der Homepage von "Dein Sternenkind". "Die Bilder kann man sich wirklich an die Wand hängen. Und die Behinderung, mit der unser Kleiner auf die Welt kam, sieht man gar nicht. Unser kleiner Mann ist leider bereits bei der Geburt eingeschlafen, aber dank unserer Fotografin sieht man das gar nicht. Wir können nur allen Eltern, denen sowas Schreckliches widerfährt ans Herz legen, sich Fotos machen zu lassen. Wir sind so froh, diese Erinnerungen zu haben und auch teilen zu können."

Die erste und zugleich letzte gemeinsame Zeit mit ihrem Baby bildlich festzuhalten, hilft den Eltern mit dem schweren Verlust umzugehen und tröstet. Denn das junge, kurze Leben, bei dem Ankunft und Abschied eins waren, bleibt so sichtbar - ein liebevolles Andenken, das nicht verblasst.

"Diese Eltern wollen mit den Bildern auch zeigen", resümiert Gebel, "dass ihr Baby, egal wie krank es vielleicht war, existiert hat und dass es immer ein Teil von ihnen bleibt. Das möchten sie verewigen. Sonst wäre eines Tages vielleicht nur noch ein Grabstein zur Erinnerung da und das Kind würde mit der Zeit mehr und mehr abstrakt."

Weitere Informationen unter: www.dein-sternenkind.eu

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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