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"37 Grad" über Krise im Einzelhandel: Internet ist nicht immer schuld


Reportage im ZDF
Wenn kleine Geschäfte schließen müssen

t-online, Bernhard Vetter

16.04.2014Lesedauer: 3 Min.
Metzger Peter Leussler in der Mainzer Innenstadt. Sein Ladenschluss hat mit dem Internet auf jeden Fall nichts zu tunVergrößern des BildesMetzger Peter Leussler in der Mainzer Innenstadt. Sein Ladenschluss hat mit dem Internet auf jeden Fall nichts zu tun (Quelle: ZDF/Ralf Gemmecke)
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Man soll niemanden treten - schon gar nicht, wenn er am Boden liegt. Aber wer 16 Jahre nach der Gründung von Amazon beschließt, eine Buchhandlung zu eröffnen, muss sich nicht allzu sehr wundern, wenn dieser Laden nun wieder geschlossen wurde. Diesem und zwei anderen Schicksalen nahm sich am Dienstag die ZDF-Reihe "37 Grad" an. Der Titel: "Vom Kampf der kleinen Läden - Wir müssen schließen". Ist das Internet an den Pleiten im Einzelhandel schuld? Zumindest in einem Fall kann man das ganz klar ausschließen.

Peter Leussler betreibt in Mainz-Neustadt die Metzgerei "Beim Peter". Ihm kann das Internet nichts anhaben, denn frische Mettbrötchen ("ohne Zwiwwel, gell?") kommen zumindest derzeit noch nicht per Paketdienst, und schon gar nicht, wenn sie nur einen Euro kosten. Trotzdem steht der engagierte 44-Jährige vor einem harten Umbruch. Der Mietvertrag wurde gekündigt - anscheinend ohne Grund.

Weil Leussler seine Preise knapp kalkuliert, hat er keine großen Rücklagen und kann nicht einfach bequem ein x-beliebiges Ladenlokal in eine neue Metzgerei verwandeln. Wegen der Hygienevorschriften wäre das für ihn viel zu teuer. Skurril: Nur weil seine Mutter einst von einem Auto angefahren wurde und eine größere Summe Schmerzensgeld bekam, konnte er das Geschäft überhaupt aufmachen.

Die Frau mit dem Buchladen heißt Christiane von Zitzewitz. Sie hat sich einen Traum erfüllt. Und vielleicht ist gerade das der Grund dafür, dass dieser jetzt ausgeträumt ist. Natürlich kann man sich fragen, warum es in Kronberg im Taunus, der Schlafstadt für reiche Frankfurter Banker, keinen Platz für ihren Buchladen gab, den einzigen in der knapp 18.000 Einwohner zählenden Kommune.

Wirtschaftlichkeit nicht hinterfragt

Aber die ZDF-Reporter fragen nicht einmal nach, was sich die 52-jährige Journalistin und vierfache Mutter eigentlich dabei gedacht hat, ausgerechnet einen Buchhandel aufzumachen, wo doch die Deutschen gerade Bücher so gerne über das Internet bestellen. Einfach und bequem, oft portofrei. Das war vor vier Jahren schon genauso wie heute. Von Zitzewitz weiß inzwischen auch, dass es so ist. Unklar ist jedoch, wann sie diese Erkenntnis gewann.

Bernhard Tein gehörte das Goldschmiedehaus in Würzburg. Er ist das traurigste Beispiel der Reportage. Den Laden hat der Goldschmied von seinem Vater übernommen. Inzwischen mussten beide ihre Häuser verkaufen, um wenigstens einen Teil der Schulden zu tilgen, die offenbar durch das Geschäft entstanden sind. Wie es scheint, hat sich die Familie zu lange trotz sinkender Umsätze an den Laden geklammert, der inzwischen geschlossen ist.

Mit den Preisen aus dem Internet - und wohl auch denen der konkurrierenden Juwelier-Ketten - konnte Tein nicht mithalten. Nun ist "37 Grad" nicht "WiSo", die Sendung ist schließlich nach der menschlichen Körpertemperatur benannt. Und so menschelt es auch kräftig. Trotzdem: Gerade im Fall Tein hätte man sich als Zuschauer auch mal eine fundiertere ökonomische Analyse der Ursachen gewünscht: Lage, Miete, Umsatz, Sortiment, Attraktivität, Geschäftsführung. Von Tradition allein kann ein Laden nicht überleben.

Die Buchhändlerin hat die kleinsten Sorgen

So muss Tein als Goldschmied wieder von vorne anfangen und weiß noch nicht einmal, ob es diesmal funktionieren wird. Christiane von Zitzewitz plagen keine Existenzängste und von Büchern möchte sie auch weiterhin nicht lassen. Sie hat eine Art mobilen Buchhandel aufgemacht und bringt bei passenden Veranstaltungen das Buch zum Leser, wenn er schon nicht mehr ins Geschäft kommen mag.

Und Metzger Leussler? Trotz einer Demo seiner großen Fangemeinde, einer Unterschriftenaktion mit 1300 Teilnehmern und dem Einsatz des Mainzer Oberbürgermeisters geht er davon aus, dass er seinen Laden verlassen muss und hat sich nach neuen Räumlichkeiten umgesehen. Die Miete scheint erschwinglich und seine treuen Kunden werden ihm hoffentlich folgen.

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