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Milliardäre: Reich, reicher, unsichtbar


Leben als Milliardär
Reich, reicher, unsichtbar


08.03.2018Lesedauer: 4 Min.
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Jackie Siegel mit Tochter in der Dokumentation "Queen of Versailles": Der amerikanische Traum wandelt sichVergrößern des Bildes
Jackie Siegel mit Tochter in der Dokumentation "Queen of Versailles": Der amerikanische Traum wandelt sich (Quelle: David Manning/reuters)

Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer. Es gibt immer mehr Milliardäre

Der reichste Mann der Welt hat das größte Haus in Washington. Jeff Bezos, der Amazon-Chef, hat das ehemalige Textilmuseum im schicken Stadtteil Kalorama vor anderthalb Jahren gekauft. Die zwei Villen waren für 22 Millionen Dollar auf dem Markt, Bezos hat noch einmal eine Million draufgelegt. Dafür verfügt er nun über 2.500 Quadratmeter Wohnfläche, auf denen genug Platz für seine Frau und vier Kinder wäre.

Nur: Bezos ist so gut wie nie in Washington. Er lebt mit seiner Familie in Seattle, wo seine Firma Amazon sitzt. In die Hauptstadt verschlägt es ihn nur ab und an, meist für Besuche in seiner Rolle als Besitzer der "Washington Post".

Bezos hat diese Woche Schlagzeilen gemacht, weil ihn das "Forbes"-Magazin zum reichsten Mann der Welt gekürt hat. Eine Kür voller Superlative: Bezos hat als erster die Marke von 100 Milliarden Dollar geknackt und soll über 112 Milliarden Dollar Vermögen verfügen (etwa 90 Milliarden Euro). Allein im vergangenen Jahr hat er laut "Forbes", weil seine Amazon-Aktien zulegten, 39 Milliarden Dollar verdient.

Ganz oben: die Selfmade-Milliardäre aus den USA

Es sind Summen, die die Vorstellungskraft sprengen. Und die Entwicklung verschärft sich. Es gibt immer mehr Milliardäre – "Forbes" zählt nun 2.208. Die obersten ein Prozent werden noch vermögender. Und sieben der zehn Reichsten der Reichsten kommen aus den USA.

Es ist bekannt, wie diese Selfmade-Milliarde ihren Reichtum angehäuft haben. Doch wie sie damit leben, ist größtenteils unbekannt.

Denn die Superreichen verwenden größte Anstrengung darauf, sich und ihr Vermögen abzuschirmen. Beispiel Bezos: Außer des Hauskaufes und dem Erwerb der "Post" ist wenig darüber bekannt, was Bezos mit seinem Reichtum anstellt. Und auch diese Transaktion hätte er am liebsten geheim gehalten. Bezos kaufte das Haus nicht unter eigenem Namen, sondern über eine Stiftung namens Cherry Revocable Trust. Erst langsam sickerte in der Nachbarschaft durch, wer die Immobilie erworben hat.

Ähnlich verhält es sich mit dem Mann, den Bezos auf der Reichen-Rangliste von Platz 1 verdrängt hat. Bill Gates hat die Riesensumme von mehr als 40 Milliarden Dollar an gemeinnützige Stiftungen überwiesen, er betreibt mit seiner Frau selbst eine NGO. Wie die Gates sonst ihren Superreichtum leben, wissen wir auch nicht.

Kleinere Einblicke in die Leben von Superreichen gibt es auf verschiedenen Wegen, doch alle erzählen nur eine Teilgeschichte.

Faszination, Neid, Ekel

Den Impuls, mit Faszination, Neid und Ekel auf die Superreichern zu blicken, bedient in den USA etwa die TV-Sendung "Secret Lives of the Super Rich" (deutsch: das geheime Leben der Superreichen). Dort werden allerlei Extravaganzen präsentiert, die sich vor allem Milliardäre leisten könnten: Heimkinos für mehrere Millionen Dollar, der "Milliardärsmargarita" in einer New Yorker Bar für 1.200 Dollar, die exklusivste Villa auf Hawaii, ein Bergsteiger, der die "oberen ein Prozent auf den Mount Everest führt". Das fasziniert offenbar genügend Normalsterbliche, sodass am Mittwochabend die bereits siebte Staffel der CNBC-Sendung anlief.

"Money, Money, Money"

Hier wirkt exzessiver Materialismus auf die amerikanische Massenkultur zurück. Wie das funktioniert, beleuchtet etwa die Fotografin und Filmemacherin Lauren Greenfield seit langer Zeit. Jüngst stellte die 51-Jährige auf der Berlinale ihren Dokumentarfilm "Generation Wealth" vor. Greenfield wirft darin einen eindrücklichen wie erschütternden Blick auf eine amerikanische Gesellschaft, die sich über Luxus, Reichtum, Berühmtheit und Schönheit definiert.

Sie porträtiert Menschen wie den Immobilienunternehmer David Siegel und dessen Frau Jacky, die in Florida ein zweites Versailles errichten wollen und während der Finanzkrise 2008 erst Schiffbruch erleiden. Sie stellt eine fünfjährige Teilnehmerin einer Mini-Miss-Wahl vor, die auf die Frage, was für sie das Wichtigste im Leben ist, antwortet: "Money, Money, Money".

Greenfield macht einen tief greifenden Wandel des amerikanischen Traums aus. Es sei immer um Materialismus gegangen, darum, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. "Doch früher war dieser Traum mit harter Arbeit, mit Disziplin und Sparsamkeit verbunden", sagte sie kürzlich dem ZDF. "Die heutige Kultur hingegen preist den Protz, die Angeberei und den Narzissmus. Und wir streben dem auch noch nach."

Wer sich allerdings mit dem Leben der Superreichen beschäftigt, die es geschafft haben und damit unter keinen Umständen im Fernsehen protzen, erlebt eine ganz andere Realität. Das hat etwa die Soziologin Brooke Harrington erfahren, die sich des Themas mithilfe der Vermögensverwalter der Milliardäre angenommen hat.

Keine Regeln für Superreiche

Dafür hat sie selbst eine Fortbildung als Vermögensberaterin begonnen und dabei ihre Kollegen ausgequetscht. Sie merkte schnell, dass diese viel über das Privatleben ihrer Klienten wissen.

In ihrem Buch "Kapital ohne Grenzen" beschreibt sie, dass die Superreichen nicht nur anders essen und reisen, sondern dass sie oft außerhalb der Gesetze operierten. Harrington erzählt etwa eine Anekdote einer Finanzberaterin aus der Schweiz, die per Privatjet vom Flughafen Zürich zu einem Kunden ins Ausland geflogen wird – und nach dem Termin wieder zurückgebracht wird, ohne dass ein einziges Mal ihr Pass kontrolliert worden sei.

Harringtons Fazit: Für die Superreichen und ihre Berater würden keine Regeln, Gesetze und Grenzen gelten. Sie sähen den Staat als Gegner, Steuern als Diebstahl. Diesen Befund stützen Enthüllungen wie jene zu den Offshore-Geschäften in den "Panama Papers". Sie haben gezeigt, dass sich ein weltweit verstreutes Milieu der Wohlhabenden insbesondere nicht um Steuergesetze schert.

Soziologin Harrington sieht aber noch einen anderen Aspekt, der das Leben als Superreicher präge: Stets müsse man in Beziehungen zu anderen finanzielle Motive unterstellen, auch zu Partnern und eigenen Kindern. Das Resultat sei, dass Superreiche ihrer Familie misstrauten und dass sie ein steter Albtraum begleite: Dass sie wegen finanzieller Streitigkeiten verklagt und vor Gericht gezwungen werden könnten, ihr heiligstes offenzulegen: ihr Vermögen.

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