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Neuer schwarzer Montag: Plötzlich ist die Krisenangst zurück


Neuer schwarzer Montag
Plötzlich ist die Krisenangst zurück

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 06.02.2018Lesedauer: 3 Min.
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Ein Händler an der New Yorker Börse scheint seinen Augen nicht zu trauen: Der US-Leitindex Dow Jones Industrial sackte zeitweise um knapp 1600 Zähler ab.Vergrößern des Bildes
Ein Händler an der New Yorker Börse scheint seinen Augen nicht zu trauen: Der US-Leitindex Dow Jones Industrial sackte zeitweise um knapp 1.600 Zähler ab. (Quelle: dpa)

Der Börsencrash in den USA, Asien und Europa kann eine Wirtschaftskrise auslösen. Aber er muss nicht. Alles hängt davon ab, ob die Beteiligten die Nerven behalten – inklusive Donald Trump.

Ausverkauf: Anders lässt sich der Montag an der Weltleitbörse Wall Street, der Dienstag an den Handelsplätzen in Tokio oder Hongkong nicht beschreiben. Weltweit stürzen die Aktienkurse. Der DowJones-Index fiel am Montag um 4,6 Prozent, oder um mehr als 1.000 Punkte. Frankfurt holt diese Entwicklung am Dienstag nach.

Die Rechnung verschiebt sich gerade auf mehreren Positionen

Es ist, als habe sich der Blick der Anleger auf einmal verschoben. In den vergangenen Jahren war die Rechnung ziemlich einfach: Die Weltwirtschaft erholte sich nur langsam von der großen Krise, die Inflation war extrem niedrig, die Notenbanken halfen mit niedrigen Zinsen, der Wirtschaft wieder Schwung zu verleihen. Die Börsen boomten. Diese Rechnung verschiebt sich gerade auf mehreren Positionen. Das Wachstum zieht an, die Inflation ebenfalls – und die Zinsen eben auch.

Ein paar Monate lang glaubten Anleger, das mache eigentlich nichts aus. Das Wachstum sei so stark, dass die Unternehmen auch steigende Zinsen gut verkraften können. Jetzt wachsen die Zweifel. Die Angst, dass es ganz anders kommen könnte, ist wieder da.

Die Sorgen haben ihren Ursprung in den USA: Die amerikanische Wirtschaft wächst, allerdings mit einer Jahresrate von deutlich unter zwei Prozent. Gleichzeitig aber herrscht schon Vollbeschäftigung, Löhne und Inflation steigen. Das könnte darauf hindeuten, dass die US-Wirtschaft ihre Grenzen schon erreicht hat. Die Erwartungen der Börsianer lagen aber wesentlich höher: Mindestens drei Prozent Wachstum müssten drin sein. Alles andere wäre ein Signal, dass Unternehmen ihre Wachstumsziele verpassen – und damit ihre Aktienkurse zu hoch sind.

Der amerikanische Präsident Donald Trump erhofft sich von seinem Steuerprogramm einen deutlichen Wachstumsschub. Kommt es so, könnte die US-Konjunktur überhitzen. Löhne und Inflation würden weiter anziehen, die Gefahr eines plötzlichen Zusammenbruchs wüchse. Die Notenbank versucht, ein solches Szenario zu stoppen. Sie will in diesem Jahr die Zinsen weiter anheben.

Kommt die nächste Finanzkrise?

Wird daraus nun die Finanzkrise, zweiter Teil? Das hängt davon ab, ob die Beteiligten die Nerven behalten. Schon einmal gab es einen Crash, der am Ende ohne gravierende Folgen für die Konjunktur blieb. Am schwarzen Montag, 19. Oktober 1987, brach der DowJones-Index mit einem Minus von 22,6 Prozent zusammen. Auch damals gab es keinen direkten Anlass. Die Blickrichtung der Anleger hatte sich einfach verschoben. Wie diesmal.

Die Inflation war deutlich angezogen, der Dollar schwächelte, das Außenhandelsdefizit der USA wuchs. Die Aktienkurse waren in den Monaten zuvor dramatisch gestiegen, der damalige US-Präsident Ronald Reagan heizte die Erwartungen mit einer gewaltigen kreditfinanzierten Steuerreform an. Doch es blieb ein heftiges Gewitter. Ein Jahr später stiegen die Aktienkurse wieder, der Aufschwung blieb intakt. Ähnlich könnte es diesmal auch gehen.

Wenn nicht, passiert das Gegenteil. Der Verschuldungsgrad der Wirtschaft in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt – in den USA und China - ist besorgniserregend hoch. Unklar ist, wie eng beispielsweise klamme Autokredite in den USA mit Verbriefungen verkettet sind, die in Europa oder Asien gehandelt werden. Wenn die Regulierungen nach der Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 erfolgreich waren, dürfte eigentlich nicht sehr viel passieren. Ob sie erfolgreich waren, wird sich in den kommenden Monaten heraustellen.

Die Ansteckungsgefahr wächst

Auch der Immobilienmarkt könnte sich anstecken. Auch dort häufen sich Anzeichen, dass die Hausse zu Ende gehen könnte. Am langen Ende steigen die Zinsen. Absurde Kaufpreis-Miet-Relationen in den deutschen Großstädten Hamburg, München und Frankfurt zeigen, dass das bisher billige Notenbankgeld auch hier zu einer Blase geführt hat. Die Bauwirtschaft arbeitet an der Kapazitätsgrenze, die Grundstückspreise steigen, und das Bauprogramm der möglichen künftigen Bundesregierung wird die Branche weiter anheizen. Stagnierende Mieten bei Luxuswohnungen mahnen die Investoren schon heute, dass auch dieser Markt Grenzen hat.

Wenn die Krisenstimmung auf die Immobilienmärkte übergreift, wächst die Ansteckungsgefahr für die Realwirtschaft. Denn nicht nur Immobiliengesellschaften müssen dann Abschreibungen auf ihr Eigentum vornehmen. Privateigentümer tun es auch. Sie haben in den vergangenen Jahren im sicheren Gefühl gelebt, dass sie allein durch die Entwicklung des Immobilienmarktes immer reicher werden. Schwächt sich dieser Eindruck ab, oder kehrt er sich um, wird der private Konsum leiden. Die Leute schränken sich ein, beginnen zu sparen, reisen weniger oft.

Fazit: Anleger mit schwachen Nerven haben schlimme Tage hinter sich. Und vermutlich haben sie ein aufregendes Jahr vor sich.

Ursula Weidenfeld arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt "Regierung ohne Volk".

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