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Arbeitslosenzahl sinkt: Wer profitiert von Deutschlands Job-Boom?


Weniger Arbeitslose
Diese Berufsgruppen profitieren vom Job-Boom

dpa, Klaus Tscharnke

28.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Pflegekraft in AltenheimVergrößern des BildesPflegerin mit Patientin: Insbesondere in der Altenpflege gibt es deutlich mehr freie Stellen als qualifizierte Fachkräfte. (Quelle: Jens Wolf/dpa-bilder)
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Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Februar im Vergleich zum Vormonat um 24.000 auf 2,546 Millionen gesunken. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Erwerbslosen um 216.000 zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilt. Doch wer profitiert von diesem Job-Boom?

Rein rechnerisch fehlt schon jetzt nicht viel zur Vollbeschäftigung: Würde man die zuletzt 736.000 freien Stellen auf einen Schlag allein mit Arbeitslosen besetzen, hätte Deutschland über Nacht nur noch 1,8 Millionen amtlich registrierte Jobsucher. Doch die Arbeitsmarktwirklichkeit sieht nun mal anders aus. Vielen, die seit Jahren verzweifelt eine Stelle suchen, fehlt es an Know-how, um die immer anspruchsvolleren Aufgaben erledigen zu können. Die Folge: Von dem nun schon gut zehn Jahre währenden Job-Boom haben vor allem gut ausgebildete Fachkräfte profitiert, Langzeitarbeitslose kaum.

Noch immer zu viele Langzeitarbeitslose

Das spiegelt sich entsprechend in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit wider: Trotz boomenden Arbeitsmarktes verharrte die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren, über viele Jahre bei rund einer Million. Erst seit gut eineinhalb Jahren beginnt ihre Zahl zu sinken. Nach Einschätzung der Nürnberger Bundesbehörde liegt sie aber auch mit zuletzt knapp 870.000 immer noch zu hoch. Bis Ende des Jahres will Bundesagentur-Chef Detlef Scheele sie deshalb auf unter 800.000 drücken, kündigte er kürzlich an.

Zwar ist das Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage auf dem deutschen Arbeitsmarkt kein neues Problem. Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels bringt das Ungleichgewicht die Bundesagentur aber immer stärker unter Druck. Denn seit Jahren wird es für Unternehmen schwieriger, frei gewordene oder neue geschaffene Stellen mit qualifizierten Kräften zu besetzen. Hatte es etwa im Jahr 2010 im Schnitt noch 57 Tage gedauert, bis eine Stelle besetzt war, so sind es im Vorjahr bereits 102 Tage gewesen, zeigt eine aktuelle Analyse der Bundesagentur vom Dezember 2017.

Stellen bleiben monatelang unbesetzt

In einigen technischen Berufen, aber auch im Gesundheitswesen, dauert es inzwischen teils bis zu einem halben Jahr, bis Betriebe einen geeigneten Bewerber gefunden haben. Negativer Spitzenreiter ist nach der jüngsten BA-Engpassanalyse der Beruf des Altenpflegers mit einer durchschnittlichen Vakanzzeit von 171 Tagen. 165 Tage dauerte es zuletzt, bis ein Klempnereibetrieb einen geeigneten Sanitär-, Heizung- und Klimatechniker gefunden hat.

Für die geradezu paradoxe Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt steht auch die sich öffnende Schere zwischen Erwerbstätigen- und Arbeitslosenzahl. Denn während 2017 im Schnitt knapp 640.000 neue Arbeitsplätze entstanden, ging die Arbeitslosigkeit lediglich um knapp 160.000 zurück. Ein großer Teil der neu entstandenen Stellen wurde nach BA-Erkenntnissen von Frauen und Männern besetzt, die nach längerer Elternzeit in ihren Beruf zurückkehren, von EU-Arbeitsmigranten und zu einem kleinen Teil von Asylbewerbern und Älteren, die später als früher in Rente gehen.

Chronisch Arbeitslose

Dass von Jobaufschwüngen nicht mehr Langzeitarbeitslose profitieren, treibt seit Jahren Arbeitsmarktforscher um. Dass Problem sei dabei nicht unbedingt, dass Langzeitarbeitslose gar keinen Job finden, sondern, dass sie ihn oft meist schon nach einiger Zeit wieder verlieren, stellte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) unlängst in einer Studie fest. Die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit spricht dabei von "chronisch Arbeitslosen" im Hartz-IV-Bezug, deren Zahl sie mit 1,35 Million beziffert.

Die populistische Einschätzung, dass bei so vielen freien Stellen jeder einen Job findet, der wirklich arbeiten wolle, halten Arbeitsmarktforscher für eine wirklichkeitsfremde Stammtischparole. Denn selbst hoch motivierte Jobsucher stünden in der Regel nach längerer Arbeitslosigkeit bei ihrem Weg zurück in die Arbeitswelt oft vor hohen Hürden. Schon länger arbeitslos gewesen zu sein, so zeigen IAB-Befragungen von Firmen- und Personalchefs, gehört dabei mit zu den größten Hindernissen.

Alter und Gesundheitsprobleme befördern Schwierigkeiten bei Jobsuche

Für andere Langzeitarbeitslose erweisen sich oft ihr Alter von über 50 Jahren, gesundheitliche Einschränkungen, vor allem aber fehlende Schul- und Ausbildungsabschlüsse als unüberwindbare Vermittlungsprobleme. Ausländischen Jobsuchern fehlt es oft an Deutschkenntnissen, Müttern am passenden Betreuungsplatz für ihre Kinder. Und auch die Pflege von Angehörigen macht manchen die Jobsuche schwerer als anderen. Kommen gleich mehrere dieser Hemmnisse zusammen, tendiert die Chance der Betroffenen, jemals eine Arbeit zu finden, gegen Null, lautet der IAB-Befund.

Dass die große Zahl der Arbeitslosen nicht nur ein wichtiges Arbeitskräftepotenzial darstellt, sondern auch eine sozialpolitische Herausforderung, ist längst auch an der Bundesagentur-Spitze Thema. BA-Vorstandschef Detlef Scheele trommelt inzwischen für eine individuelle Betreuung von Langzeitarbeitslosen – samt dem Blick auf das familiäre Umfeld der Betroffenen. Jobsucher bräuchten auch nach der Jobvermittlung noch Betreuung. Pilotmodelle in einigen Regionen hätten sich als erfolgversprechend erwiesen. Das gehe aber nur mit viel Geld aus der Bundeskasse, machte Scheele wiederholt deutlich. Dabei setzt er auch auf die große Koalition.

Verwendete Quellen
  • dpa
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