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Glutenunverträglichkeit: Forscher finden zwei Auslöser für Zöliakie


Glutenunverträglichkeit
Forscher finden zwei Auslöser für Zöliakie

spiegel-online, spiegel-online.de, Nina Weber

Aktualisiert am 16.02.2011Lesedauer: 3 Min.
Zöliakie verursacht qualvolle BauchschmerzenVergrößern des BildesZöliakie verursacht qualvolle Bauchschmerzen (Quelle: imago)
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Bauchschmerzen, Durchfall, Darmschäden, Depressionen: Eine Gluten-Unverträglichkeit kann schwere Folgen haben. Die genauen Ursachen der sogenannten Zöliakie sind unklar - doch jetzt haben Forscher zwei Substanzen enttarnt, die die verheerende Körperreaktion fördern.

Körper reagiert extrem auf Gluten

Zöliakie macht sich auf unterschiedliche Art bemerkbar: Manche Patienten verlieren an Gewicht, sind ständig müde oder leiden unter Durchfall und Schmerzen. Andere verfallen in Depressionen, Kinder wachsen eventuell langsamer als für ihr Alter üblich. Was den Betroffenen zu schaffen macht, ist eine überschießende Reaktion ihres Körpers auf Gluten, ein in vielen Lebensmitteln vorkommendes Eiweiß.

Chronische Darmentzündung kann Osteoporose auslösen

Die Immunantwort auf die eigentlich harmlose Substanz führt dazu, dass sich die Dünndarmwand chronisch entzündet und mit der Zeit schwere Schäden davontragen kann. Arbeitet sie nur noch eingeschränkt, nimmt der Körper Nahrung nicht mehr optimal auf - es kommt zu Mangelerscheinungen. So kann etwa die Knochendichte wegen Vitamin-D- und Kalziummangels schwinden und Osteoporose auslösen.

Forscher sind Ursachen der Zöliakie auf der Spur

Wie sich die Glutenunverträglichkeit entwickelt, ist noch nicht bis ins letzte Detail geklärt. Dass ein höheres Risiko vererbt wird, ist bekannt, doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle. Forscher um Bana Jabri von der University of Chicago im US-Bundesstaat Illinois berichten jetzt im Fachmagazin "Nature" von zwei Substanzen, welche die verheerende Reaktion des Körpers offenbar fördern. Zum einen nennen sie einen körpereigenen Botenstoff, Interleukin-15, zum anderen Retinsäure, die aus Vitamin A gebildet werden kann. Sie hoffen, dass ihre Forschung dabei hilft, ein Medikament gegen das Leiden zu entwickeln.

Glutenfreie Ernährung ist mühsam

Denn bisher bleibt Betroffenen nur eine glutenfreie Ernährung, die viele Einschränkungen mit sich bringt. Das Eiweiß steckt in verschiedenen Getreidearten wie etwa Weizen und Roggen. Menschen mit einer Gluten-Unverträglichkeit müssen also auf allerhand verzichten: die meisten Backwaren, Nudeln, Bier sind tabu, es sei denn, man achtet auf glutenfreie Produkte. Da das Eiweiß in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird, findet es sich in vielen Fertigprodukten. Immerhin: Auf Verpackungen muss stehen, ob Gluten enthalten ist.

Schon eine Scheibe Brot schadet dem Darm

Bereits Spuren von Gluten können den Betroffenen schaden. Eine Tagesdosis von 20 Milligramm am Tag kann bereits Veränderungen an der Darmwand führen, bei 50 bis 100 Milligramm zeigen sie sich praktisch bei jedem. Zum Vergleich: Eine 40 Gramm schwere Scheibe Brot enthält 2,5 Gramm Gluten. Schätzungen zufolge leidet ein halbes Prozent der Deutschen an der Krankheit.

Interleukin-15 und Retinsäure begünstigen Zöliakie

Die US-Forscher um Bana Jabri erforschten das Krankheitsgeschehen an Zellkulturen und Mäusen. Zudem untersuchten sie Gewebeproben von Menschen mit Gluten-Unverträglichkeit. Dabei stellten sie fest, dass deren Interleukin-15-Werte im Darm tatsächlich erhöht waren. Es passt ins Bild, dass Retinsäure die Krankheit ebenfalls zu fördern scheint: Die Einnahme eines Akne-Medikaments mit dem verwandten Wirkstoff Isotretionin kann in seltenen Fällen zu chronischen Darmkrankheiten führen.

Krankheit bei Mäusen verhindert

Wie der Botenstoff Interleukin-15 wirkt, testeten die Wissenschaftler ebenfalls an Mäusen. Sie schleusten dafür die Substanz in den Verdauungsapparat von Tieren, die genetisch besonders anfällig für die Krankheit waren. Diese entwickelten daraufhin frühe Zöliakie-Symptome. Blockierten die Forscher Interleukin-15 dagegen, konnten sie den Ausbruch der Krankheit verhindern. Die Forscher hoffen, dass ein entsprechender Wirkstoff als Medikament gegen Zöliakie in Frage kommt. In klinischen Studien wird so ein Mittel ihren Angaben zufolge bereits gegen eine andere Krankheit getestet, die ebenfalls auf einer chronischen Entzündung beruht: rheumatoide Arthritis.

Kein Medikament unmittelbar in Sicht

Ob sich tatsächlich auf Basis dieser Erkenntnisse ein Medikament gegen Zöliakie finden lässt, muss sich erst noch zeigen - und wird auf jeden Fall dauern. Eventuell erreichen andere Kandidaten eher das Ziel. Nach Angabe Stephanie Baas, ärztliche Beraterin bei der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft, werden bereits Wirkstoffe in klinischen Studien geprüft. "In der Forschung wird versucht, die Krankheitsaktivität der Zöliakie an vielen verschiedenen Stellen zu unterbrechen", sagt Baas. Das beginnt sogar an einem Punkt jenseits der Medizin: beim Mehl, das mit Enzymen vorbehandelt oder Bakterien versetzt wird, die das Gluten unschädlich machen.

Forscher wollen den Darm austricksen

Es gibt Versuche, den Abbau des Glutens zu verbessern, so dass im Dünndarm nichts mehr ankommt, was die dramatische Körperreaktion auslöst. "Auch die Durchlässigkeit des Darms zu senken, ist ein Ziel, weil es der fortschreitenden Entzündung entgegenwirkt", sagt Baas. Forscher arbeiten daran, ein Enzym namens Transglutaminase zu hemmen, welches das Gluten im Darm verändert. Und es wird probiert, bestimmte Strukturen in den Darmzellen auszuhebeln, damit das Immunsystem gar nicht erst eingeschaltet wird.

Hyposensibilisierung gegen Gluten

Andere Wissenschaftler setzten auf ein Prinzip, das dem der Hyposensibilisierung von Allergikern ähnelt: Sie versuchen, den Körper gezielt dazu zu bringen, Gluten wieder zu tolerieren. "Allerdings haben alle Ansatzpunkte auch ihren Haken. Gerade wenn man Strukturen in Zellen blockiert, die vielfältige Aufgaben erfüllen, wird es sicher Nebenwirkungen geben", sagt Baas. Das gilt sicher auch für eine Blockade für Botenstoffs Interleukin-15.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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