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Stiefkinder der Medizin - mit seltenen Krankheiten leben


Wenig Forschung, späte Diagnose
Wenn Kinder eine seltene Krankheit haben

Von t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 27.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Eine Mutter hilft ihrem Kind beim Inhalieren. Mukoviszidose ist eine seltene Erkrankung, die oft schon im frühen Kindesalter auftritt.Vergrößern des BildesEine Mutter hilft ihrem Kind beim Inhalieren. Mukoviszidose ist eine seltene Erkrankung, die oft schon im frühen Kindesalter auftritt. (Quelle: dragana991 / Getty Images (Symbolbild))
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Kinder mit seltenen Krankheiten haben oft einen langen Leidensweg hinter sich. Bis ein Arzt gefunden wird, der die richtige Diagnose stellt, vergehen oft Jahre.

Es gibt Krankheiten, die kennt man nur, wenn man regelmäßig die amerikanische Fernsehserie "Dr. House" gesehen hat: Chorea Huntington oder Lupus zum Beispiel. Die Tragik, die dahinter steckt, ist, dass auch viele Ärzte seltene Erkrankungen nicht erkennen. Doch ohne klare Diagnose fehlt die Möglichkeit, einen entsprechenden Spezialisten aufsuchen zu können. Und selbst dann kann die Hoffnung auf Heilung oder zumindest angemessene Therapie nur in wenigen Fällen erfüllt werden.

Was bedeutet "seltene Erkrankung"?

Eine Krankheit gilt als selten, wenn von zehntausend Menschen weniger als fünf betroffen sind. Oder anders gesagt: wenn die Krankheit höchstens einmal im Jahr in der Praxis eines Allgemeinmediziners auftaucht.

Die meisten dieser Krankheiten sind genetisch bedingt und damit (noch) nicht heilbar. Im schlimmsten Fall sind sie lebensbedrohlich, schränken aber zumindest das Leben massiv ein. Eine ganz spezielle Behandlung wäre also notwendig. Aber: Auch Spezialisten können verständlicherweise nicht alle seltenen Krankheiten kennen. Doch jeder Arzt sollte wissen: Wenn etwas ungewöhnlich erscheint, kann dahinter durchaus eine diagnostizierbare und behandelbare Krankheit stecken. Und er sollte wissen, wohin er den Patienten im Verdachtsfall verweist.

Kindern wird häufig Simulation unterstellt

Von den ersten Symptomen bis zur tatsächlichen Diagnose vergeht oft eine lange und qualvolle Zeit, die Betroffenen werden häufig für Hypochonder gehalten. Gerade für Kinder aber ist es schlimm, als Simulant zu gelten. Das bedeutet eine große psychische Herausforderung für die Kleinen, aber oft auch für die ganze Familie.

Hilfe für betroffene Familien bietet die ACHSE, eine bundesweite Anlaufstelle für von allen seltenen Erkrankungen Betroffene. Hier finden Familien psychosoziale Unterstützung, Informationen zur jeweiligen Erkrankung und Adressen von Spezialisten.

Forschung für seltene Erkrankungen ist teuer

Ist eine Krankheit sehr rar, gibt es auch keine Medikamente. Weder um die Beschwerden zu mindern noch um die Ursache zu bekämpfen. Denn hier spielen wirtschaftliche Interessen eine wesentliche Rolle: Es lohnt sich oft für die Pharmaunternehmen nicht, Forschung zu betreiben, wenn so wenige davon profitieren.

Viele betroffene Kinder sterben noch vor dem fünften Lebensjahr

Das Nationale Netzwerk seltener Krankheiten zählt rund 17.000 verschiedene Formen weltweit. Wobei vermutet wird, dass bis zu 6.000 davon auch in Deutschland auftreten. Nimmt man all diese seltenen Erkrankungen zusammen, dann kann man davon ausgehen, dass tatsächlich insgesamt mehr als vier Millionen Menschen bei uns betroffen sind. Viele davon sind Kinder.

Der Anteil der Neugeborenen mit einer diagnostizierten seltenen Erkrankung liegt bei drei bis vier Prozent, von den betroffenen Kindern stirbt rund ein Drittel noch vor dem fünften Lebensjahr. Hinter diesen nüchternen Zahlen steckt unglaublich viel Leid – für das Kind, aber auch für dessen Geschwister und Eltern.

Hilfe zur Selbsthilfe

Evidenzbasierte Medizin ist bei Krankheiten, die sehr selten sind, schwer durchzuführen. Meist handelt es sich um "eine Entscheidung auf der Basis der besten vorhandenen Daten", wie Wissenschaftler im Fachblatt "New England Journal of Medicine" schreiben.

Forschungsprojekte ins Leben zu rufen, Diagnosewege zu verkürzen und Therapien zu verbessern, das sind die Ziele verschiedener Zentren, Stiftungen und Vereine, die sich dieses Themas angenommen haben, damit die "Stiefkinder der Medizin" in unserer Gesellschaft nicht vergessen werden.

Die Resonanz ist groß, allein bei der Betroffenenberatung der ACHSE gehen jährlich rund 800 Anrufe ein. Wobei zum Beispiel nach dem jährlich stattfindenden "Tag der seltenen Erkrankungen", dem 28. Februar, und entsprechender Berichterstattung die Anfragen jedes Mal deutlich steigen.

Hier finden Betroffene Unterstützung

Anlaufstellen für Menschen mit seltenen Krankheiten sind in Deutschland die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) und das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE). Beide Organisationen liefern auf ihren Internetseiten ausführliche Informationen zum Thema. Der "Medizinische Versorgungsatlas für Seltene Erkrankungen" (se-atlas) gibt eine Übersicht über alle Zentren in Deutschland, die sich auf die Behandlung seltener Erkrankungen spezialisiert haben.

Wenn das eigene Kind betroffen wäre

Die Wahrscheinlichkeit, eine seltene Krankheit zu haben, ist statistisch gesehen gering. Dennoch muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass diese Krankheit das eigene Kind treffen könnte, um zu erkennen: Keine Krankheit kann zu selten sein, um ihr die Aufmerksamkeit zu verweigern.

Um Betroffenen, Angehörigen und Pflegediensten alle derzeit verfügbaren Informationen zur Verfügung zu stellen, wurde die Datenbank Orphanet ins Leben gerufen. Hier sind nicht nur Spezialisten aus rund 40 Ländern und geeignete Medikamente gespeichert, es finden sich auch Informationen zu Selbsthilfegruppen, Diagnostiklaboren und neuesten Forschungsergebnissen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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