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Plötzlicher Kindstod vorbeugen: Auf freie Atemwege achten


Wenn ein gesundes Kind im Schlaf stirbt

t-online, mmh, cch

Aktualisiert am 05.10.2022Lesedauer: 6 Min.
Schlafende Mutter mit ihrem Baby: Das Risiko für den Plötzlichen Kindstod steigt im Elternbett.Vergrößern des BildesSchlafende Mutter mit ihrem Baby: Das Risiko für den Plötzlichen Kindstod steigt im Elternbett. (Quelle: GeorgeRudy/Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Plötzlich und ohne erkennbare Ursache stirbt ein Baby im Schlaf. Was steckt hinter dem sogenannten Plötzlichen Kindstod?

Es ist eine schreckliche Vorstellung: Ein gesundes Baby hört im Schlaf plötzlich auf zu atmen und stirbt. Das Phänomen heißt Plötzlicher Kindstod, auch Plötzlicher Säuglingstod genannt. Es passiert glücklicherweise nur noch selten. Sind Eltern hilflos gegenüber dieser rätselhaften Todesursache? Oder können sie vorbeugen?

Plötzlicher Kindstod: Wichtige Tipps zur Vorbeugung

Auch wenn noch nicht abschließend geklärt ist, warum es zum Plötzlichen Kindstod kommt, gibt es einige Mittel, die sich in der Vorbeugung als hilfreich erwiesen haben:

  • Rauchen Sie nicht in der Umgebung des Kindes – dies gilt als wichtigster Vermeidungsfaktor.
  • Wenn möglich, sollten Mütter ihr Kind sechs Monate lang stillen.
  • Schaffen Sie eine Schlafzimmertemperatur zwischen 16 und 18 Grad.
  • Lassen Sie den Säugling im Elternschlafzimmer schlafen, aber am besten in seinem eigenen Bett.
  • Lassen Sie Kinder bis zum Alter von einem Jahr in Rückenlage schlafen.
  • Betten Sie das Kind in einen Schlafsack ohne zusätzliche Decke, ohne Kissen.
  • Der Säugling sollte auf einer festen, luftdurchlässigen Matratze liegen.
  • Entfernen Sie Kuscheltiere und andere Dinge aus dem Säuglingsbett.
  • Vermeiden Sie, dass das Baby unterkühlt oder überhitzt.
  • Informieren Sie sich, was im Notfall zu tun ist.

Was ist eigentlich SIDS?

Im Englischen heißt das Phänomen Sudden Infant Death Syndrome, deshalb ist auch die Abkürzung SIDS gebräuchlich. Der Name sagt es bereits – es ist das plötzliche, unerwartete, unerklärliche Sterben eines Babys vor seinem 365. Lebenstag. Meist stirbt das Kind im Schlaf. Die Todesursache kann trotz gründlicher Untersuchung nicht oder zumindest nicht eindeutig geklärt werden.

Für viele junge Eltern bedeutet der Gedanke an den Plötzlichen Kindstod Angst, für die Betroffenen Schock und Trauer. Denn das Kind ist ganz offensichtlich gesund gewesen, dann finden es die Eltern tot im Bettchen. In solchen Fällen wird jede andere Todesursache ausgeschlossen, wie zum Beispiel Infektionen, Stoffwechselkrankheiten, Blutungen, Unfälle oder bestehende Krankheiten.

Nach dem "Triple-Risk Model" kann es zum SIDS kommen, wenn drei Bedingungen gleichzeitig auftreten: Das Kind befindet sich in einem verwundbaren Entwicklungsstadium des Nerven- und Immunsystems, es liegen genetisch bedingte Faktoren vor und es kommen Stressfaktoren von außen dazu.

Eine Studie der Kinderklinik im australischen Westmead von 2022 zeigt, dass ein genetischer Faktor beim Plötzlichen Kindstod vermutlich ein bestimmtes Enzym ist. Seine Aktivität war bei verstorbenen Babys signifikant niedriger als bei gesunden Kindern oder solchen, die an anderen Ursachen gestorben waren. Es handelt sich dabei um das Enzym Butyrylcholinesterase (BChE). Es ist im Zusammenhang mit der Kommunikation im Gehirn wichtig – wenn es nicht aktiv genug ist, wacht das Kind möglicherweise nicht auf.

Statistik: Alter und Häufigkeit

Die Zahl der Fälle nimmt seit den 1990er Jahren stark ab. Im Jahr 2020 starben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 84 Säuglinge oder Kleinkinder in Deutschland infolge des Plötzlichen Kindstodes. Zehn Jahre zuvor waren es noch 164, Anfang der Neunziger über 1.000.

Der Plötzliche Kindstod kommt vor allem im Alter von zwei bis sechs Monaten vor. Die größte Häufung liegt zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensmonat. Nur selten sterben Kinder vor dem zweiten oder nach dem sechsten Lebensmonat daran und fast nie nach dem ersten Lebensjahr. Jungs sind mit 60 Prozent häufiger betroffen als Mädchen, zwei Drittel aller Todesfälle ereignen sich in den Wintermonaten.

Ursachen von Plötzlichem Kindstod

Es gibt über 200 Theorien über dieses Phänomen: Die Schlafposition, das eigene Bett oder Familienbett, Gifte in Matratzen, Weichmacher, ein gestörter Blutfluss oder Impfreaktionen wurden verantwortlich gemacht.

Fachleute gehen davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenkommen müssen, beispielsweise eine Infektion (äußerer Faktor) und innere Faktoren, wie eine Veranlagung. Neben der Bauchlage sei das Rauchen das wichtigste vermeidbare Risiko für den Plötzlichen Kindstod. Raucht die Mutter bis zu zehn Zigaretten am Tag, erhöhe sich das SIDS-Risiko um das Dreifache, bei mehr als 20 Zigaretten sogar um das Neunfache.

Eine Studie zeigte zudem, dass Babys, die am Plötzlichen Kindstod gestorben sind, eine biologische Gemeinsamkeit aufweisen. Bei ihnen war das Enzym Butyrylcholinesterase (BChE) wenig aktiv. Andere Studien wiesen einen niedrigen Level an Orexin nach, einem protein-ähnlichen Botenstoff.

Die Stoffe sorgen dafür, dass jemand aufwacht, wenn sein Schlaf gestört wird, zum Beispiel weil die Sauerstoffzufuhr zu gering ist. Ein Mangel könnte laut den Forschern verhindern, dass die Botschaft aufzuwachen im Körper richtig weitergegeben wird.

Riskante Phase: Übergang von Wachzustand zum Schlaf

Andere Ansätze gehen davon aus, dass eine Störung der Steuerung von Atmung und Herztätigkeit im Gehirn der Auslöser ist. Hintergrund: Das Gehirn von Säuglingen entwickelt sich im ersten Lebensjahr ziemlich rasch, ständig passiert etwas in der Entwicklung und neu gebildete Strukturen im Gehirn werden "zugeschaltet“.

Dazu kommt, dass die Phase zwischen Schlafen und Wachen ein sehr sensibler Übergang ist und für das Gehirn das Umschalten zwischen Tiefschlaf und Traumphase (REM-Schlaf) sehr intensiv ist. In diesen kritischen Phasen arbeitet das Gehirn etwas instabil. Man merkt dies gelegentlich in einem kurzen, aber heftigen Zucken beim Einschlafen oder einer kurzen Atempause. Dieses Stocken oder Zucken ist auch bei Erwachsenen normal.

Wenn bei Babys nun diese Übergangsphase und das Zusammenschalten von Gehirnstrukturen zusammentreffen, kann es zu Anpassungsschwierigkeiten kommen. Diese Anpassungsprobleme wiederum können die Funktion des Gehirns so stark stören, dass die Steuerung der Atmung und des Herzschlags für eine kurze Zeit aussetzt.

Normalerweise ist diese Zeit so kurz, dass ein Kind von diesem instabilen Zustand wieder in einen ungestörten Ablauf findet. Findet es jedoch nicht rechtzeitig zurück, dann setzen Atmung und Herzschlag zu lange aus und es kommt zum Plötzlichen Kindstod, so die Theorie. Je älter das Kind ist, desto reifer ist das Gehirn und arbeitet stabiler, damit nimmt das SIDS-Risiko immer weiter ab.

Weitere Risikofaktoren für den Plötzlichen Kindstod

Auch Kinder, die zu früh oder unreif geboren wurden, scheinen stärker gefährdet zu sein, vermutlich weil ihr Gehirn auch weniger weit entwickelt ist. Dazu gehören Kinder mit geringem Geburtsgewicht oder Mehrlingsgeburten.

Schlafen im Elternbett nicht ratsam

Es ist nicht ratsam, dass das Baby mit im Elternbett schläft. Eine niederländische Studie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das Teilen des Betts mit dem Kind bei Babys im Alter zwischen einem und zwei Monaten das Risiko für den Kindstod um den Faktor neun erhöht, so der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ.

Ein Säugling braucht kein Kissen. Der BVKJ rät, in den ersten zwei Lebensjahren darauf zu verzichten. Mit einem Kissen besteh das Risiko, dass der Kopf einsinkt und es zu Überhitzung oder Atemrückstau kommt. Am besten übernachte das Baby in einem Schlafsack, wobei der Halsumfang nicht größer als der Kopf sein darf.

Eine Decke berge die Gefahr, dass das Kind darunter rutscht. Die Matratze sollte nicht dicker als zehn Zentimeter und eher fest sein, damit das Kind nicht mehr als zwei Zentimeter einsinkt.

Plötzlicher Kindstod: Risikogruppen

Rein statistisch gesehen gelten auch Kinder sehr junger Mütter, aus sozial benachteiligten Familien, Kinder Alleinerziehender oder von drogenabhängigen Müttern oder Babys, die im Schlaf stark schwitzen, als stärker gefährdet.

Jedoch ist der Kindstod nicht vorhersehbar und kommt in allen gesellschaftlichen Gruppen vor. Dies sind nur statistische Häufigkeiten.

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Alarmzeichen deuten

Gelegentlich können Symptome einer leichten Erkältung dem Plötzlichen Kindstod vorangehen. Das beschriebene Stocken der Atmung ist normal; wenn die Eltern allerdings beobachten, dass dieses gelegentlich länger als 20 Sekunden andauert, ist dies ein ernstes Warnsignal.

Ebenso wenn ein Kind in dieser sogenannten Apnoe-Phase an Armen und Beinen blau anläuft oder schlaff im Bett liegt, sollte es eingehend untersucht werden.

Hilfe im Notfall

Eltern eines gefährdeten Kindes sollten sich mit Wiederbelebungstechniken, beispielsweise Herzmassage oder Mund-zu-Mund-Beatmung auseinandersetzen. Mit dem behandelnden Arzt sollte ein Alarmplan ausgearbeitet und geübt werden. Erster Schritt wäre, das Kind durch Ansprechen oder einen Reiz (Zwicken, Piksen) zu wecken. Erste-Hilfe-Kenntnisse sollten sich sowieso alle Eltern aneignen.

Eltern werden von Schuldgefühlen geplagt

Die betroffenen Eltern werden meist von schrecklichen Schuldgefühlen geplagt. Oft stürzt die gesamte Familie in eine tiefe seelische Krise, bis hin zu schweren Depressionen, auch Geschwister leiden darunter. Selbsthilfegruppen und der Austausch mit anderen Betroffenen hilft. Oft ist auch eine psychologische Betreuung wichtig.

Zur Trauer kommt auch noch die Untersuchung durch die Polizei, die ausschließen muss, dass Misshandlung oder Verwahrlosung zum Tod geführt haben könnten. Die Diagnose "Plötzlicher Kindstod" hilft den Eltern meist nicht in ihrer Trauer und dem Abschiednehmen, sie bleiben allein mit ihrer Suche nach der Ursache.

Das Kinderkrankheiten-Lexikon bietet einen Überblick über die häufigsten Kinderkrankheiten. In den Artikeln werden Symptome, Behandlung und mögliche Folgen der Kinderkrankheiten erklärt. Eltern erfahren, bei welchen Anzeichen das Kind schnell zum Arzt muss und bei welchen Krankheiten auch Hausmittel helfen können. Sie finden auch die Information, ob und wie lange Kinderkrankheiten ansteckend sind. Manchen Kinderkrankheiten kann man durch Impfung vorbeugen. Einen Überblick über die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen bietet ergänzend unser Impfkalender.

Verwendete Quellen
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