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Erziehung: Den Umgang mit Frust erlernen


Erziehung
Frust ohne Ende

t-online, Sabine Caron

31.01.2011Lesedauer: 5 Min.
Mädchen ärgert sich bei den Hausaufgaben.Vergrößern des BildesBloße Wutanfälle helfen auf Dauer kaum weiter. (Bild: imago) (Quelle: imago-images-bilder)
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Viele Kinder kommen nur sehr schlecht mit Kritik und Misserfolgen zurecht. Sie können nur schlecht damit umgehen, wenn sie mit bestimmten Anforderungen konfrontiert werden und wollen, dass ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche erfüllt werden - und zwar möglichst sofort. Mal abwarten zu müssen oder auch hin und wieder enttäuscht zu werden und das Gewünschte eben nicht zu bekommen, halten sie nicht aus und reagieren wütend, manchmal gar hysterisch. Gehört dies im Kleinkindalter noch zum normalen Entwicklungsprozess, sollte bis zur Einschulung eine gewisse Frustrationstoleranz aufgebaut worden sein. Bei manchen Kinder geschieht dies ganz von selbst, andere brauchen etwas mehr Unterstützung auf dem Weg zu einem reiferen Umgang mit Frustrationen. Findet diese Entwicklung aber gar nicht statt, etwa weil Eltern aus falsch verstandener Sorge ihrem Kind keine Enttäuschungen zumuten wollen, wirkt dies für das Kind verheerend.

Frustrationstoleranz - was ist das?

Neben anderen Kompetenzen wie zum Beispiel Beziehungs- und Konfliktfähigkeit oder auch Einfühlungsvermögen gehört die Frustrationstoleranz zum Feld der emotionalen Intelligenz. Gemeint ist die Fähigkeit mit Enttäuschungen umzugehen. Wer eine hohe Frustrationstoleranz hat, lässt sich von Niederlagen, Problemen, Enttäuschungen und Misserfolgen nicht entmutigen oder lähmen. Umgekehrt geben Kinder mit geringer Frustrationstoleranz bei Problemen und Widerständen rasch auf, sind entmutigt und resignieren. Für die Außenstehenden äußert sich das dann oft in Form eines Wutanfalls, mit dem das Kind seine Überforderung kaschiert.

Für Babys und Kleinkinder ist es zunächst normal, dass sie nach dem Lustprinzip handeln, also triebhaft ihre Bedürfnisse und Neigungen bedient sehen wollen. Alles, was mit Unlust oder Anstrengung verbunden ist, wird abgewehrt. Im Laufe ihrer Entwicklung lernen Kinder dann aber, ihre eigenen Bedürfnisse für eine Zeit zurückzustecken und mit Anforderungen umzugehen, die andere an sie stellen. Die Kleinen lernen, dass andere eben auch Bedürfnisse haben und ihre eigenen nicht immer die sind, die im Vordergrund stehen. Mama telefoniert erst einmal zu Ende, bis sie sich mit dem Anliegen des Sprösslings befasst. Und die Erzieherin in der Kita liest das Buch vor, das der Mehrheit gefällt und eben nicht die persönliche Lieblingsgeschichte des einzelnen Kindes. Solche Mini-Enttäuschungen aushalten zu lernen, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des frühkindlichen Reifeprozesses. Spätestens zur Einschulung sollte ein Kind in der Lage sein, solche Alltagsfrustrationen halbwegs souverän wegzustecken.

Wie äußert sich geringe Frustrationstoleranz?

Flöte üben, Tisch abräumen, Zimmer aufräumen? "Keine Lust", antwortet der sechsjährige Noel seiner Mutter gerne, verschränkt die Arme und mault. Wenn Eltern solchem Verhalten der Harmonie wegen immer wieder nachgeben oder sich ständig in Endlosdiskussionen verstricken, kann das problematisch werden. Dann das Kind lernt so, dass es mit seiner bockigen Haltung Erfolg hat. Wie soll es wissen, dass ähnliches Verhalten später in der Schule weniger Erfolg verspricht und es bei Lehrern und Mitschüler nicht mit der selben elterlichen Nachsicht rechnen darf?

Mangelnde Frustrationstoleranz äußert sich auch häufig beim Kontakt mit anderen Kindern: Die Betroffenen spielen zwar gerne mit Nachbarskindern und Freunden, aber nur solange alles nach ihren Wünschen läuft. Ist dies nicht der Fall, reagieren sie schnell aggressiv oder verärgert. Sie greifen zu ihren Fäusten, schubsen die anderen oder ziehen sich schmollend zurück. Sie empfinden das Nicht-Erfüllen ihrer Wünsche als so starke Zumutung, dass sie sich gar nicht anders verhalten können. In der Schule reden diese Kinder dann ständig dazwischen, weil sie nicht gelernt haben, dass sie jemanden nicht einfach unterbrechen dürfen, sondern warten müssen, bis sie an der Reihe sind. Insgesamt legen sie also ein sehr unsoziales Verhalten an den Tag und bringen sich so oft bei Lehrern wie auch bei Mitschülern in Misskredit. Weil sie deshalb meist nur wenig Anschluss an die anderen Schüler und Schülerinnen finden, spielen sie den Klassenclown, so dass sich die Situation dann noch weiter zuspitzt.

Verheerende Folgen für das Kind

Fachleuten sind die Probleme, die ein Mangel an Frustrationstoleranz mit sich bringt, seit Jahren bekannt. "Fest steht, dass der IQ nur zu etwa 20 Prozent für Erfolg oder Misserfolg zählt", erklärte etwa der Psychologe Daniel Goleman bereits vor knapp 15 Jahren gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Die übrigen 80 Prozent setzen sich aus einer ganzen Reihe von Faktoren zusammen, angefangen von den Verhältnissen im Elternhaus bis zu den emotionalen und sozialen Fähigkeiten", berichtet Goleman in dem selben Interview weiter. Eine mangelhaft ausgebildete Frustrationstoleranz ist dabei laut Goleman in besonderem Maße ein Hemmnis für privaten und schulischen Erfolg.

Professor Klaus Hurrelmann spricht gern von einem „mangelhaften Bewältigungsverhalten“, wenn er zu geringe Frustrationstoleranz meint. Der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsforscher sieht darin „die Ursache für die immense Zunahme an psychosomatischen Störungen wie Verdauungsproblemen, Kopf-, Magen- und Rückenschmerzen bis hin zu Depressionen und Suizidversuchen.“ Bei etwa fünf Prozent der Mädchen und zehn Prozent der Jungen sei, so Hurrelmann im Versichertenmagazin der BEK, eine nach innen oder außen krankhafte Form der Spannungsbewältigung zu beobachten.

Eltern sind gefordert

Mit unliebsamen, den eigenen Interessen zuwider laufenden Erfahrungen souverän umzugehen, ist erlernbar. Aber dabei sind Kinder auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Machen Sie sich klar, dass es in der Erziehung nicht darum geht, ihrem Kind Enttäuschungen zu ersparen. Die gehören zum Leben schließlich dazu. Statt dessen sollten Sie sich als stützender Begleiter für ihr Kind anbieten und ihm das routinierte Umgehen mit kleineren Frustrationen auch vorleben. Das sollten Sie beachten:

  • Teilen Sie Ihrem Kind Aufgaben zu, wie Tisch abräumen und ähnliche. Diese Arbeit muss erledigt werden, bevor Ihr Kind weiter spielen darf. Gehen Sie auf seine Klagen nicht ein. Wiederholen Sie nur, dass es mit seiner gewünschten Tätigkeit erst fortfahren kann, wenn die Aufgabe erledigt wurde.
  • Erfüllen Sie Ihrem Kind nicht jeden Wunsch sofort: nur ein- oder zweimal in der Woche ein Eis vom Eismann, im Supermarkt darf es sich genau eine Kleinigkeit aussuchen und gerade größere Spielzeugwünsche sollten nicht sofort erfüllt werden. Verweisen Sie auf den nächsten Geburtstag oder Weihnachten.
  • Spielen Sie Gesellschaftsspiele mit Ihrem Kind und lassen Sie Ihr Kind verlieren! Aus Mitleid die Regeln zu verändern oder vom älteren Bruder zu erwarten, dass er das schnell frustrierte Kind gewinnen lässt, hilft nicht weiter. Außerdem würde es die älteren Geschwister wohl zu recht frustrieren. Niederlagen wegzustecken ist ein wesentlicher Bestandteil des kindlichen Reifens.
  • Kritik ist erlaubt! Ihr Kind hat das Geburtstagsbild für Oma in zwei Minuten vollendet? Es hat der Schwester nichts von seinen Süßigkeiten abgegeben, obwohl diese fast immer mit ihm teilt? Sie dürfen und sollten Ihr Kind sogar kritisieren, wenn Ihnen Verhaltensweisen nicht gefallen oder Sie glauben, diese seien auf Dauer schädlich.
  • Benennen Sie das Gefühl Ihres Kindes, das hinter dem „Ausflippen“ steht. Erkennen Sie das Gefühl an und erklären Sie, dass negative Gefühle zum Leben gehören. Gleichzeitig müssen Sie klar machen, dass ein bestimmtes Fehlverhalten eben nicht akzeptabel ist. Zeigen Sie Alternativen auf.
  • Positives Verhalten sollten Sie loben und belohnen. Zum Beispiel durch einen Sternchenkalender, in dem jeder positiv verlaufene Tag mit einem Stern versehen wird. Nach vier Sternchen oder Smileys bekommt das Kind eine Kleinigkeit geschenkt. Wichtig ist, genau zu erklären, welches Verhalten zu einem Sternchen führt.
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