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Vater-Kind-Kuren erfreuen sich immer größerer Beliebtheit


Väterbedürfnisse im Fokus
Immer mehr Männer nutzen die Vater-Kind-Kur

dpa, Teresa Tropf

30.07.2016Lesedauer: 4 Min.
Mario Weinrich und sein 11-jähriger Sohn Leonard laufen im Kurpark von Bad Wörishofen Hand in Hand und genießen ihren Kuraufenthalt.Vergrößern des BildesMario Weinrich und sein 11-jähriger Sohn Leonard laufen im Kurpark von Bad Wörishofen Hand in Hand und genießen ihren Kuraufenthalt. (Quelle: Karl-Josef Hildebrand/dpa-bilder)
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Jahrzehntelang richteten sich Kurkliniken nur auf Frauen mit Kindern ein. Die klassische Mutter-Kind-Kur brauchen nun aber auch immer häufiger Väter. Denn auch sie sind durch ihre Elternrolle oft überlastet oder gesundheitlich angeschlagen, so dass der familiäre Alltag darunter leidet.

Die Kurkliniken spezialisieren sich langsam auf ihre neue Klientel und entwickeln Angebote, die speziell auf die Bedürfnisse von Männern mit Kindern zugeschnitten sind.

Unter Doppelbelastung leiden auch Männer

Als Mario Weinrich merkte, dass ihm die Belastung als Ehemann, Vater und Vollzeit-Berufstätiger zunehmend auf die Gesundheit schlug, war erst einmal Warten angesagt. In einer Vater-Kind-Kur wollten er und sein an Asthma erkrankter Sohn Leonard sich erholen. Doch auch wenn sie immer mehr nachgefragt werden: Das Thema Vater-Kind-Kur wird vielerorts noch stiefmütterlich behandelt.

Vater-Kind-Kur stärkt die Beziehung

"Das Angebot ist sehr übersichtlich. Gepaart mit dem recht langen Antragsverfahren ist es ziemlich schwer, einen Kurplatz zu bekommen", sagt Weinrich. Durch die krankheitsbedingten Fehltage seines Sohnes in der Schule war der 44-Jährige zudem auf die Ferienzeit angewiesen.

Nach vielen Anträgen und eingeholten Bescheiden klappte es letztlich: Der Justizwachtmeister aus Berlin konnte mit seinem elf Jahre alten Sohn eine Vater-Kind-Kur im bayerischen Bad Wörishofen antreten. Dank Wechselfußbädern, Barfußpfaden, Gesprächen mit Therapeuten und anderen Vätern oder einfach beim Tischkickern und Tischtennis konnten die beiden richtig ausspannen - und gleichzeitig ihre im Alltag etwas zu kurz gekommene Beziehung stärken.

Die Angst, den Chef zu fragen

Doch der Papa aus Berlin weiß: Nicht jeder Vater kennt die Möglichkeit von Vater-Kind-Kuren. Ihn machte sein Hausarzt darauf aufmerksam. Und dann braucht es noch die Unterstützung des Chefs.

"Wir hatten auch schon einen Papa, der sich nicht getraut hat, zum Arbeitgeber zu gehen und lieber gleich drei Wochen Urlaub eingereicht hat", sagt Thomas Hilzensauer vom Bad Wörishofer Familien-Kind-Haus. Dabei sind Arbeitgeber verpflichtet, gestresste Väter und Mütter für eine vom Arzt verordnete Vater-Mutter-Kind-Kur freizustellen. "Die Aufklärung über die Möglichkeit der Vater-Kind-Kur ist ein bisschen besser geworden in der Gesellschaft", betont Hilzensauer. Die Männer würden vom Chef und Bekannten zwar nicht mehr so schräg angeschaut wie noch vor ein paar Jahren, wenn sie eine Kur antreten wollen. "Aber wir sind noch nicht am Ziel", betont er.

Die Nachfrage steigt

In Hilzensauers Haus gibt es 16 Kuren pro Jahr, drei davon speziell für Väter. Das Angebot soll bald aufgestockt werden, denn die Nachfrage steigt, berichtet der Sozialpädagoge. Auch in den Einrichtungen des Müttergenesungswerks (MGW) ist die Zahl der Männer im vergangenen Jahr um knapp ein Viertel auf 1500 gestiegen.

Angebote für Väter sind beim MGW erst seit einigen Jahren fester Bestandteil des Programms. 16 der 76 Einrichtungen bieten mittlerweile spezielle Vater-Kind-Kuren an. Diese werden gezielt bei Ärzten und Vätern bekannt gemacht. Denn es nehmen immer noch deutlich weniger Väter Kuren in Anspruch als Mütter: Deren Zahl lag 2015 bei knapp 49.000, Väter machen drei Prozent in den MGW-Einrichtungen aus.

Dennoch sind die Männer inzwischen fester Bestandteil in der Arbeit des MGW, wenn auch nicht im Titel: Als Stiftung, 1950 von der damaligen First Lady Elly Heuss-Knapp gegründet, kann das MGW den Namen nicht so einfach ändern. Heuss-Knapp wollte damals speziell eine Maßnahme für Mütter schaffen, die zu der Zeit fast ausschließlich allein für die Erziehung der Kinder zuständig waren.

Männer fühlen sich im Stuhlkreis mit Müttern verloren

Doch das hat sich geändert: "Uns war ganz wichtig, dass wir nun auch etwas Väterspezifisches anbieten", sagt MGW-Geschäftsführerin Anne Schilling. Es soll kein Vater mit 50 Müttern im Stuhlkreis sitzen müssen, um seine Probleme zu besprechen. "Die Männer müssen spiegeln können, was ihre Themen mit der Vater-Rolle und dem Mann sein zu tun haben", sagt sie.

Im weitesten Sinne seien die Symptome und Belastungen bei Müttern und Vätern zwar ähnlich. "Mütter und Väter leiden gleichermaßen besonders stark unter ständigem Zeitdruck", sagt Schilling. Sie müssten Beruf, Familie und teils die Pflege eines Familienmitglieds vereinen. Aber speziell für Väter, die Haupt- und Vollzeitverdiener sind, stelle das eine extreme Herausforderung dar. Nahezu 60 Prozent nennen den Daten des MGW zufolge die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Belastung.

"Ich dachte, das ist so eine Psychosache"

"Man denkt sich immer, man schafft das alles und merkt nicht, wie man durch die eigene Angespanntheit auch das Umfeld belastet", sagt Reiner Haupt. Er kurt in Bad Wörishofen mit seiner zehnjährigen Tochter Margarete Luise, hatte im Vorfeld der Kur aber durchaus Vorbehalte: "Ich dachte zunächst, das ist nur so eine Psychosache", sagt der 57 Jahre alte Jurist aus Halle.

Schwerpunkt liegt bei Männern auf körperlicher Aktivität

Die Einrichtungen kennen die Zweifel der Väter. Deshalb haben sie speziell auf Väter zugeschnittene Konzepte entworfen. "Die Kliniken sagen uns ganz klar: Bei Müttern läuft die psychosoziale Therapie eher über das Gespräch, bei Vätern eher über die Aktivität", sagt Schilling. Papas brauchen weniger Meditation zum Runterkommen, dafür mehr Sportangebote. In Norderney wird für Vätergruppen das Bad in der Nordsee zum Beispiel ganzjährig angeboten. "Das ist für sie eine gewünschte Herausforderung, Frauen sagen da eher nein", so Schilling.

Mütter litten außerdem häufiger unter individuellen Versagensängsten als Männer. Papas hätten eher mit allgemeineren Unsicherheiten im Umgang mit Kindern zu kämpfen. Darauf könne in reinen Männer-Gruppen dann besser eingegangen werden - übrigens aber oft mit weiblichen Therapeutinnen. "Im psychologischen Bereich können sich Männer Frauen offenbar eher öffnen als einem Mann", sagt Hilzensauer.

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