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Babyentwicklung: Durch Bewegung lernen Babys fürs ganze Leben


Kleinkind
Durch spielerische Bewegung lernen Babys fürs ganze Leben

Von t-online
06.07.2012Lesedauer: 4 Min.
Babys testen ständig ihre Fähigkeiten.Vergrößern des BildesWas kann ich schon alles? Babys testen ständig ihre Fähigkeiten. (Quelle: Pampers)
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Sobald Babys aus dem Tragekorb "entlassen" werden, entwickeln sie einen unermüdlichen Bewegungsdrang. Die Welt ist ein einziges Abenteuer! Krabbelnd erkunden sie ihre Umgebung, bis sie sicher auf den Beinen sind und den Eltern davonflitzen. Malte Mienert, Professor der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der European New University in Kerkrade in den Niederlanden spricht im Interview über die natürliche Bewegungsfreude von Babys und Kleinkindern und wie Eltern diese unterstützen können.

Frage: In den ersten Lebensjahren erbringen Babys und Kleinkinder täglich Höchstleistungen, um auf Sofas zu klettern oder Laufen zu lernen. Welche bewegungsspezifischen Entwicklungsstadien durchlaufen Babys dabei?

Mienert: Die motorische Entwicklung gehört zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben bei Babys in den ersten Lebensjahren. Wenn man sich die Ergebnisse dieser Entwicklung am Ende des dritten Lebensjahres anschaut, kann man nur beeindruckt sein: Innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne entsteht alles an motorischen Fähigkeiten, das diesen Menschen durch sein ganzes Leben begleiten wird. Die Kleinkinder können nun sitzen, stehen, laufen, hüpfen, klettern, greifen, sich hinwenden, festhalten, loslassen, heben, werfen… und mehr als all dies kann auch ein Erwachsener nicht.

Die wichtigsten Stationen sind dann also abgeschlossen, Veränderungen finden sich im weiteren Lebensverlauf nur noch in der Kraft, Geschicklichkeit und in der motorischen Bewegungskontrolle. Fliegen können auch wir Erwachsenen nicht.

Frage: Wie wichtig ist Bewegung für die körperliche und geistige Entwicklung und warum?

Mienert: Bewegung sowie körperliche und geistige Entwicklung sind bei Babys kaum voneinander zu trennen. Durch Bewegung lernen die Babys alles, was sie über sich selbst und ihre Umwelt wissen müssen. Bewegung beinhaltet das Hantieren mit Spielzeugen, das Erfahren des eigenen Körpers, die Kontaktaufnahme mit anderen Menschen und die Möglichkeit, sich zunehmend unabhängiger bewegen. Ein Baby, das sich nicht ausreichend bewegen kann, hat weniger Möglichkeiten, die notwendigen Erfahrungen für seine eigene Entwicklung zu machen. Deshalb ist alles kritisch zu betrachten, was die Bewegungsmöglichkeiten und den Bewegungsdrang des Kindes einschränkt.

Größte Motivation: "Ich will das alleine machen"

Frage: Was glauben Sie, wieso sind Babys so ehrgeizig bei ihren Bemühungen, beispielsweise Stehen oder Laufen zu lernen?

Mienert: Der Ehrgeiz der Kinder in der motorischen Entwicklung ist tatsächlich beeindruckend. Mit höchster Energie und Ausdauer verfolgen die Kinder die sich selbst gesetzten Ziele. Wenn wir Erwachsenen schon längst aufgegeben hätten, versuchen Kinder noch immer und immer wieder, auf die Füße zu kommen, die Balance zu halten, den Gegenstand zu ergreifen oder im Stand zu bleiben. Wichtigste Antriebskräfte für diese Ausdauer sind zum einen die Erfolge, die sich dabei bei den Kindern einstellen und sie stolz sein lassen, zum anderen ist es die neue Freiheit, die sich mit jeder neuen Bewegungsfähigkeit einstellt. Der Wunsch nach "alleine machen" treibt Kinder in allen Handlungen, und der Autonomiegewinn wird mit großer Begeisterung gefeiert.

Frage: Könnte man die Höchstleistungen von Babys mit denen von Spitzensportlern vergleichen?

Mienert: Es wird immer schwer sein, körperliche Fähigkeiten über die Altersgruppen hinweg zu vergleichen. Was aber auffällt ist, wie groß der Energieaufwand ist, den Kleinkinder aufbringen müssen um ihre motorischen Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Der hohe Enthusiasmus und die hohe Trainingsbereitschaft der Kinder sind dabei tatsächlich mit der Motivation von Spitzensportlern vergleichbar. Beide meistern mit riesiger Begeisterung schwierige Herausforderungen, ohne aufzugeben. Ein Unterschied ist auch offensichtlich: während die Gruppe der echten Spitzensportler nur sehr klein ist, erbringen alle Babys diese Höchstleistungen. Und dies ganz ohne die Aussicht auf Medaillen oder Ruhm.

Frage: Welche Leistungen von Kleinkindern imponieren Ihnen persönlich besonders?

Mienert: Ich selbst habe sehr häufig die Gelegenheit, Kleinkinder bei ihrem Spiel zu beobachten. Dies betrifft nicht nur meine Arbeit mit Eltern und pädagogischen Fachkräften sondern auch mein Familienleben als stolzer Onkel eines ein- und eines dreijährigen Neffen. Mein jüngerer Neffe kämpft sich gerade auf die Füße, um die ersten Schritte zu laufen. Er genießt nichts mehr, als an seinen Händen durch die Umgebung geführt zu werden. Ich weiß genau, was er von mir erwartet, wenn er mir seine Hände entgegenstreckt und mich über das ganze Gesicht anstrahlt. Mein älterer Neffe hingegen ist in seinem Alter bereits mit allen Techniken von Bewegung und körperlicher Geschicklichkeit vertraut. Wenn wir zusammen unterwegs sind, so gibt es bei ihm nie Stillstand. Er läuft, springt, klettert, erkundet ohne jemals aus der Puste zu geraten. Diese Ausdauer und Energie beeindruckt mich immer wieder.

Dem Baby viel freie Bewegung ermöglichen

Frage: Wie können Eltern den Spiel- und Bewegungsdrang ihres Babys oder Kleinkindes unterstützen?

Mienert: Ein Training der motorischen Fähigkeiten so wie wir es vom Sportunterricht kennen, ist bei Babys weder notwendig noch nützlich. Im Gegenteil, jeder Druck von außen verringert die Freude an selbstbestimmter Entwicklung von motorischen Fähigkeiten. Insofern geht in erster Linie darum, ihren Bewegungsdrang zu unterstützen.

Schaffen Sie dem Kind Räume, in denen es sich ungefährdet ausprobieren kann und vermeiden Sie alles, was den Bewegungsdrang der Kinder einschränken würde. Das wichtigste motorische Spielzeug und die wichtigste motorische Übung sind dabei Sie selbst: bieten Sie sich Ihrem Baby als Spiel- und Bewegungspartner an. Neben den Ruhe- und Kuschelphasen brauchen Kinder auch Phasen erhöhter Aktivität und Bewegung. In Familien beobachtet man dabei eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den Eltern: während die Mutter für die Ruhephasen zuständig ist, ist es häufig der Vater, der die Action ins Spiel bringt und die Babys vorantreibt.

Größte Elternsorge: Entwickelt sich mein Kind normal?

Frage: Eltern sind oft verunsichert, wenn ihr Baby bestimmte Entwicklungsschritte, wie Laufen lernen, nicht bis zu einem bestimmten Alter gelernt hat. Was raten Sie diesen Eltern?

Mienert: Kinder entwickeln sich unterschiedlich. Diese Erkenntnis ist alt und ziemlich trivial. Trotzdem machen sich Eltern natürlich Sorgen, da sie hoffen, dass ihr Kind gesund und normal entwickelt ist. Gefährlich ist häufig der Wettstreit zwischen Eltern "mein Kind kann schon, Deins auch?!" Diese Einschätzungen sind weder entwicklungspsychologisch abgesichert noch hilfreich.

Als hilfreiche Regel mag Folgendes dienen: Entwicklung vollzieht sich manchmal langsamer, manchmal schneller. Genauer hingeschaut werden muss immer dann, wenn bereits erworbene Fähigkeiten wieder verloren gehen oder wenn über längere Zeit Stagnation zu beobachten ist. Eltern sollten im Zweifelsfall immer mit einem Kinderarzt sprechen. Im Allgemeinen erweisen sich dabei die Befürchtungen als unbegründet.

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