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Cybermobbing: 37 Grad über Rufmord im Internet


Schulkind & Jugendliche
"Alle denken, ich wäre eine Schlampe": ZDF-Doku über den Rufmord im Netz

Von t-online
07.12.2011Lesedauer: 4 Min.
Ninti (15) hat den Ruf die "größte Schlampe der Schule" zu sein: Sie ist ein Opfer der inzwischen gesperrten Internetplattform "I share gossip".Vergrößern des BildesNinti (15) hat den Ruf die "größte Schlampe der Schule" zu sein: Sie ist ein Opfer der inzwischen gesperrten Internetplattform "I share gossip". (Quelle: ZDF)
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Mobbing - das gezielte Schikanieren von jemandem - ist nichts Neues. In den letzten Jahren aber hat sich der Tatort immer mehr von der Schulklasse oder vom Büro ins Internet verlagert. Beim Cybermobbing können die Täter anonym bleiben und beleidigende Äußerungen und persönliche Informationen über ihr Opfer einer großen Öffentlichkeit zugänglich machen. Die "37 Grad"-Reportage "Rufmord im Internet" begleitete drei Jugendliche, die unter Mobbing leiden. Die Sendung geht der Frage nach, wie dieser Psychoterror überstanden werden kann.

Es kann jeden treffen

Laut Forsa-Umfrage wird jedes achte Kind in Deutschland gemobbt. Andere Studien gehen sogar davon aus, dass in neun von zehn Schulklassen wochenlang ausgegrenzt und gedemütigt wird. Durch den Einsatz neuer Medien sind die Hemmungen gefallen, denn im Internet lässt sich auch nach Schulschluss schnell und ungeniert etwas verbreiten, das viele Mitschüler erreicht. Dass es zudem jeden treffen kann - und nicht nur den typischen sogenannten "Nerd" oder "Streber" -, zeigte die ZDF-Dokumentation "Rufmord im Internet" aus der "37 Grad"-Reihe.

Ninti (15): "Alle denken, ich wäre eine Schlampe"

"Im Internet steht, dass ich die größte Schlampe der Schule bin, weil ich mit jedem, der mir über den Weg läuft, schlafen würde." Ninti ist ein Opfer von Mobbing im Web. In Internetforen wie "I share gossip" wird die 15-Jährige mit vollem Namen erwähnt und beschimpft. Schüler versuchen, ihren Ruf zu zerstören, indem sie Lügen über das Mädchen verbreiten: "Alle denken, ich wäre eine Schlampe."

Ninti kann niemanden zur Rede stellen, denn die Verursacher sind unbekannt, bleiben anonym. "Alle können es lesen und glauben, was da steht. Wenn ich in die Schule komme, tuscheln sie über mich. Jungs kommen auf mich zu und fragen, ob ich das, was im Internet steht, auch mit ihnen machen könnte."

Schulleiter verklagt "I share gossip"

Doch Ninti findet sich nicht mit der Situation ab und wehrt sich. Zwar kann sie nicht herausfinden, wer diejenigen sind, die sich im Internet über sie auslassen, doch sie fasst den Entschluss die Plattform "I share gossip" zu verklagen. Im Polizeipräsidium Frankfurt, wo sich inzwischen Polizeibeamte speziell um Fälle von Cybermobbing kümmern, wird Ninti erklärt, dass sie für eine solche Klage volljährig sein müsste.

Nachdem Ninti daraufhin auch den Schulleiter informiert, beschließt dieser das Internetforum selbst zu verklagen. Ob ihm das mit Erfolg gelingt, bleibt offen - allerdings wird "I share gossip" in der Zwischenzeit gehackt und somit außer Kraft gesetzt. Dieses Problem ist Ninti los. Doch ihr Vertrauen in andere Menschen und vor allem in den Großteiler ihrer Mitschüler hat erheblich gelitten.

Wenn Schule zum Spießrutenlauf wird

Sylvia Hamacher wurde eineinhalb Jahre lang gemobbt, zunächst von den Klassenkameraden, dann von der ganzen Schule. Jemand streute üble Gerüchte: per stille Post, per SMS und auch übers Internet. Die Schule wurde zu einem einzigen Spießrutenlauf. "Irgendwann habe ich gedacht, ich muss etwas an mir haben, was andere so provoziert. Und weil ich die Schuld bei mir gesucht habe, habe ich mich auch immer schlechter gefühlt, als dumm, als hässlich, als widerlich und als ein Mensch, der es gar nicht verdient hat zu leben."

Für Sylvia stand der Selbstmord schon fest

Als Sylvia, weil sie und ihre Eltern es nicht mehr aushielten, schließlich das Gymnasium wechselte, fand das Mobbing ein Ende. Aber Sylvia fühlte sich weiter als Außenseiter und es brauchte viel Zeit und die Hilfe eines speziellen Coaches, bis sie ihr Selbstbewusstsein zurück erlangte.

Später schreibt sie ihre Mobbing-Erfahrungen in dem Buch "Tatort Schule" nieder und hält Lesungen in Schulklassen. Während eines solchen Vortrags erklärt sie: "Es gab ein Zeitpunkt, in meinem Leben, in dem ich mir gesagt habe, es ist für mich besser, wenn ich mein Leben jetzt beende." Der Selbstmord war in dieser Phase für Sylvia keine Frage mehr: "Das stand für mich fest."

Tatort Klassenzimmer: "Tanz, Tobi!"

Sylvia und Ninti sind keine Einzelfälle. Dem Berliner Landesinstitut für Schule und Medien zufolge soll bereits jeder vierte Berliner Jugendliche von Cybermobbing betroffen sein. Neben Verunglimpfungen im Internet oder Rufmord per SMS finden viele Mobbingfälle nach wie vor im Klassenzimmer statt.

So zum Beispiel bei Tobias: Der 14-jährige hat eine Klasse übersprungen. Als er neu in die Stufe kam, war er fast zwei Jahre jünger als seine Mitschüler. Auch er wurde zum Mobbingopfer. "Ich musste mir immer mehr dumme Sprüche anhören, wurde von den anderen fertig gemacht. In der Umkleidekabine beim Duschen wurde ich mit heißem Wasser aus einem Schlauch abgespritzt. Die anderen fanden das witzig und haben gesagt: Tanz, Tobi!"

Für Tobias ist das Schlimmste überstanden

Lange versuchte Tobias, seinen Peinigern zu entkommen, indem er sich aktiv wehrte oder sich passiv verhielt, sich anpasste und so tat, als hätte er es nicht anders verdient - alles ohne Erfolg. Die Situation eskalierte. Als sich die Eltern von Tobias an die Schule wenden, greifen Lehrer und Sozialarbeiter ein. Bis heute arbeiten sie mit Tobias, seinen Tätern und Mitläufern, aber auch mit der ganzen Klasse, um den Zustand aufzubrechen und für ein besseres Klassenklima zu sorgen.

Aus Sicht des Lehrers der betroffenen Klasse ist die klassenpädagogische Arbeit noch lange nicht beendet, aber Tobias versteht sich nun besser mit seinen Klassenkameraden und konnte sogar die Klassenfahrt mit seinen Mitschülern genießen.

Immer wieder Meldungen über Selbstmordfälle

Auch wenn Ninti, Sylvia und Tobias die Torturen, die sie aufgrund des Mobbings durchlebten, nicht vergessen können, sind ihre Geschichten bisher noch einmal glimpflich ausgegangen. Denn immer wieder gibt es Nachrichten über Teenager, die Opfer von Cybermobbing wurden und ihren einzigen Ausweg im Selbstmord sahen.

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