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Fußball: Wie ein Verein zum Talent kommt


Nachwuchsarbeit im Fußball
Wenn Eltern ihre Kinder an Fußballclubs "verlieren"

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 22.07.2016Lesedauer: 4 Min.
Junge Talente sollen so früh wie möglich an Profivereine gebunden werden.Vergrößern des BildesJunge Talente sollen so früh wie möglich an Profivereine gebunden werden. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Alle Profi-Fußballvereine suchen nach Nachwuchsspielern. Scouting nennt man das. Es geht nicht darum, den besten jugendlichen Spieler zu verpflichten, sondern denjenigen zu finden, der die besten Perspektiven hat. Kein Talent soll durchs Raster fallen.

Gesucht wird zunächst auf den kleinen Fußballplätzen der Regionen. Wobei die Talentscouts Hinweise von außen erhalten. Kontakte gibt es nicht nur zu den Vereinen, sondern auch zu Schulen. Auf der einen Seite nimmt das Scoutingsystem eine große Stellung ein, auf der anderen Seite gibt es aber für die Topvereine auch durchaus mal Gegenwind. "Sie befürchten zu Recht, das wir ihnen die guten Spieler wegnehmen", so Timon Pauls, vormals Spielkoordinator U 9 bis U 13 und seit Februar 2016 Jugend-Chefscout beim FC Bayern München, schmunzelnd.

Fußballkindergärten, Fußballferiencamps und Talentsichtungstage ergänzen die Möglichkeiten, die besten Nachwuchsspieler und solche, die von ihren Eltern dafür gehalten werden, zu finden. "Bereits ab der F-Jugend, also mit sieben bis acht Jahren, werden von den Trainern des Nachwuchsleistungszentrums Bewegungstalente wahrgenommen und deren Entwicklung verfolgt“, bestätigt Luana Valentini, Pressesprecherin vom 1. FC Nürnberg.

Eine Frage des Geldes

Junge Spieler sollen möglichst früh an den entsprechenden Verein gebunden werden. Schließlich ist es auch günstiger, sich jemanden von Anfang an im eigenen Hause zu ziehen, als ihn später teuer einzukaufen. Denn auch beim Fußball geht es, wie bei allen Leistungssportarten, vor allem ums Geld. "Da steht eine ganze Wirtschaft dahinter, der Einzelne interessiert da wenig", verrät ein Vertreter eines großen Sportartikelherstellers, der nicht namentlich genannt werden will.

"Selbst die Sponsoren haben ihre eigenen Scouts, immer auf der Suche nach dem Werbegesicht der Zukunft." Die Frage, ob er seinem eigenen Sohn ein Probetraining erlauben würde, verneint er vehement. Doch wird einmal ein großer Verein aufmerksam, wird es schwierig, sich gegen den Wunsch eines begnadeten und begeisterten Nachwuchsspielers durchzusetzen.

Scouts wollen unerkannt bleiben

Eine betroffene Mutter kritisiert die Vorgehensweise der Scouts: "Die Talentsucher bei uns haben die Spiele der Region beobachtet und dann gezielt die Kinder angesprochen. Damit haben die Eltern, die das gar nicht wollen, schon verloren. Denn welches Kind wäre nicht geschmeichelt, wenn es zum Probetraining geladen wird?" Beim FC Bayern nimmt man den Weg über den Trainer: "Wir betrachten es als unseriös, Kinder direkt anzusprechen."

Dass die Scouts aber mal erkannt werden, lässt sich nicht vermeiden. "Es spricht sich in der Regel schnell herum, wenn einer unserer Scouts bei einem Spiel ist, aber wir versuchen immer, das Aufsehen möglichst gering zu halten", so Pauls. Dass alle nur die besten Spieler suchen, ist klar. "Doch auch, wenn Kinder bei uns spielen, hat das nicht ansatzweise etwas mit einer Profikarriere zu tun. Aber selbstverständlich sind wir ein Leistungsverein und haben daher schon hohe Ansprüche."

Manchmal wollen die Eltern das Probetraining mehr als die Kinder

Jana, Mutter dreier fußballbegeisterter Kinder, hat eines an einen großen Verein "verloren", so zumindest empfindet sie es. Sie hat Angst vor dem Moment, in dem ihr Kind nicht mehr gut genug sein könnte. Uwe sieht das anders: "Ich wäre heilfroh gewesen, wenn sie bei den Talentsichtungstagen meinen Sohn genommen hätten. So eine Chance bekommt man doch nicht alle Tage."

Dass der zehnjährige Johann an diesem Tag nicht gut drauf war, nimmt er ihm trotzdem nicht übel. Johann selbst sieht das anders, hätte sich, wie er sagt "sonstwohin" beißen können. "Es wäre so cool gewesen, wenn es geklappt hätte."

Das Kind muss wollen - nicht die Eltern

"Manche Eltern sind wirklich schon bei den ganz Kleinen wie verrückt", findet auch Jeanette, Trainerin im Bereich des Bambini-Fußballs "Sie wollen das unbedingt, sehen es als ihr persönliches Scheitern an, wenn das Kind nicht die Leistung bringt, die es bringen soll. Dabei können manche das von vornherein nicht und trotzdem werden sie von den ehrgeizigen Eltern voll reingetrieben."

Werden Nachwuchstalente verheizt?

Die Meinungen darüber, wie Topvereine mit jungen Talenten umgehen, gehen weit auseinander. Immer wieder wird die Kritik laut, die Vereine gingen nicht auf die individuellen und persönlichen Aspekte der Spielerinnen ein und seien nur auf Profit ausgerichtet. Luana Valentini kann die Argumentation nicht verstehen, schließlich bieten die großen Vereine ja auch einiges: "Das Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg startet seine Ausbildung ab dem Alter von neun Jahren. In diesem Alter werden den Kindern Grundlagen mitgegeben, die sie für ihr späteres Fußballerleben benötigen. Neben der fußballerischen Ausbildung bietet der Verein beispielsweise die Möglichkeit Einlaufkind oder Balljungen bei den Spielen der Profis zu sein, hochkarätig besetzte Bundesliga-Turniere zu bestreiten, im U 14-Alter eines der renommiertesten europäischen Top-Turniere am eigenen Vereinsgelände auszutragen, und das alles ohne jegliche zusätzliche Kosten."

Dass die Spieler der Nachwuchsteams zusätzlich zur professionellen Ausbildung auch außerhalb des Fußballplatzes bei Problemen unterstützt werden, sei für den Club selbstverständlich.

Der Weg zum Profifußballer ist beschwerlich

Für viele Kinder ist Fußball die große Leidenschaft und Profifußballer sind ihre Helden. Denn die haben das geschafft, wovon Tausende von Nachwuchskickern träumen: Sie spielen nicht nur vor Millionen, sie verdienen sie auch.

Doch bei den großen Vereinen ist man sich natürlich auch im Klaren darüber, dass Talententwicklungen nicht linear verlaufen.

Man ist schnell weg vom Fenster des Erfolgs

Viele fliegen auch einfach wieder raus. "Oft ist es so, dass der Fußball ihr Ein und Alles ist, sich das ganze Familienleben darum dreht, alle Wochenenden dafür draufgehen und dann werden die Kinder einfach wieder aussortiert", ärgert sich Jana. "Das ist so hart für ein Kind, aber darüber macht sich keiner wirklich Gedanken. Das geht ja schon in der U 8 los. Wenn du die Leistung nicht bringst, bist du so schnell weg vom Fenster, so schnell schaust du gar nicht."

Timon Pauls sieht das anders: "Wir bleiben mit den Eltern der Kinder, die beim FC Bayern spielen, in dauerndem Kontakt. So wissen diese schnell, wie ihr Kind sich entwickelt und ob es eine Chance hat." So ist es auch beim 1. FCN üblich: "Die Junioren-Trainer führen mit allen Erziehungsberechtigten immer wieder Standortgespräche, in denen es darum geht, eine gesunde Einstellung zum Sport zu entwickeln und die Leistungsfähigkeit ihrer Kinder realistisch einzuschätzen." Pauls ergänzt: "Dann darf man ja auch nicht vergessen: Ein Spieler, den wir gehen lassen, ist in einem normalen Verein immer noch ein außergewöhnlich guter Spieler."

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