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Reproduktionsmediziner: "Ein Samenspender ist kein Vater"


Kinderwunsch
Reproduktionsmediziner: "Ein Samenspender ist kein Vater"

dpa, Ingo Senft-Werner, dpa

14.02.2013Lesedauer: 3 Min.
Samenspende: Maarten R. van Santen, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, fordert eine schnelle rechtliche Klarstellung der Rechte und Pflichten von Samenspendern.Vergrößern des BildesMaarten R. van Santen, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, fordert eine schnelle rechtliche Klarstellung der Rechte und Pflichten von Samenspendern. (Quelle: dpa-bilder)
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Werden Deutschland die Samenspender ausgehen, nachdem ein Urteil die Anonymität von Samenspendern aufgehoben hat? Maarten van Santen fürchtet das nicht. Jeden Tag erreichen den Reproduktionsmediziner im Schnitt zwei Anfragen von willigen Spendern - auch noch nach dem Urteil. "So richtig neu ist das Thema nicht", sagt van Santen. "Diese Unsicherheit gab es schon immer." Was ihm mehr Sorgen macht, ist die sinkende Menge und Qualität der Spermien.

Für van Santen zählt nur die Spermienzahl. Wer weniger als 80 Millionen hat, kommt nicht in seine Samenbank. Und wer aus falschen Motiven Samen spenden will, auch nicht. Die "Tresore" mit dem kostbaren Gut werden mit Minus 174 Grad kaltem Stickstoff gekühlt. Neun solcher kniehoher Stahlcontainer stehen in der Samenbank des Karlsruher Frauenarztes. Darin lagen zehntausende Samenspenden von rund 300 Männern - Hoffnung für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

"Ich suche die Bullen der Stadt"

Doch der Wille zur Spende allein reicht bei weitem nicht aus. "Ich suche die Bullen der Stadt", sagt der Reproduktionsmediziner und grinst breit. Der gebürtige Holländer, der seine Samenbank seit 22 Jahren führt, weiß um das zotenlastige Image seines Berufs - und er spielt damit. Viel wichtiger sind ihm aber die echten Probleme: Paare, die sich ein Kind wünschen, es dem Mann aber an fruchtbaren Spermien fehlt - oder lesbische Paare, denen schlicht der Mann fehlt.

Werden die Europäer unfruchtbar?

Doch auch die Suche nach dem Bullen hat einen ernsten Hintergrund. Die Samenqualität der Europäer lässt zu wünschen übrig. "In einem Samenerguss sollten eigentlich 100 Millionen und mehr Samenzellen sein, bei Europäern liegt der Schnitt inzwischen bei nur noch 30 Millionen", referiert van Santen. "Unsere westliche Gesellschaft wird unfruchtbar." Bei Afrikanern und Asiaten, die er ebenfalls in seiner Samenbank führt, hat er diese Probleme nicht.

Aufpreis für seltene Blutgruppen

Da bei der Aufbewahrung der Samen bis zur Hälfte der Zellen kaputt gehen kann, braucht der Mediziner beste Qualität. Vier von fünf Männern, die sich melden, scheiden deshalb von vornherein aus. "Von Deutschen mit Blutgruppe A positiv habe ich auch schon genug", sagt van Santen. "Seltene Blutgruppen sind aber gesucht." Dafür zahlt er auch einen Aufpreis von 50 Euro pro Spende - insgesamt also 100 Euro.

Motive der Samenspender? Die meisten tun es nur für Geld

Doch nicht nur die Gesundheit der Männer ist für den Mediziner entscheidend. Er bittet auch alle zum Gespräch, um ihre Motive zu erfahren. "Da gibt es schon den ein oder anderen, der auf diesem Weg einen Erben zeugen will - die scheiden von vornherein aus." Hauptmotiv ist nach van Santens Erfahrung das Geld, gefolgt vom Ego. Manche wollen auch tatsächlich helfen.

Erfolgsquote für Schwangerschaft liegt bei 35 Prozent

Die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen mit Hilfe einer Samenspende schwanger werden, liegt bei etwa 35 Prozent - und damit in dem Bereich des herkömmlichen Geschlechtsverkehrs. Das heißt, von den 100 Paaren, die van Santen jährlich betreut, gehen zwei Drittel unverrichteter Dinge nach Hause. Die meisten probieren es rund ein Jahr lang. "Ich hatte aber auch schon eine Patientin, die trotz meiner Bedenken 24 Monate dabei blieb - und am Ende schwanger wurde."

Medziner: Unterhaltsansprüche an Samenspender ausschließen

Doch das Verfahren kämpft nicht nur mit medizinischen Schwierigkeiten, sondern auch mit der deutschen Mentalität. "Die biologische Abstammung ist noch immer das Maß aller Dinge, vor allem in dem katholisch geprägten Süden", ist die Erfahrung des Arztes. Er selbst muss sich noch immer zweideutige Bemerkungen gefallen lassen, wenn das Gespräch auf seinen Beruf kommt.

"Aber die Samenspende wird gesellschaftsfähig", ist der Mediziner überzeugt. "Denn immer mehr Männer sind zeugungsunfähig." Deshalb müsse der Gesetzgeber dringend Klarheit schaffen. "Die Kinder haben jetzt ein Recht darauf, zu erfahren, wer ihre Erzeuger sind. Es muss jedoch klar sein, dass daraus keinerlei Unterhalts- oder Erbrechte abgeleitet werden können." In Holland etwa sei dies längst Standard.

"Ein Samenspender ist kein Vater"

Van Santen hält die biologischen Aspekte der Vaterschaft für überschätzt. "Ich finde das Wort 'leiblicher Vater' schon fragwürdig. Der Samenspender ist kein Vater." Er findet auch nichts dabei, dass nur fünf Prozent der betroffenen Paare ihrem Kind alles erzählen. "Deshalb ist auch die Blutgruppe so wichtig: Damit es nicht durch Zufall auf diesem Wege herauskommt."

Der Vater von zwei leiblichen und zwei adoptierten Kindern weiß, dass die Männer, die einen fremden Samen akzeptieren, in dieser Konstellation den schwersten Part haben. Sie sind für ihn die wahren Helden. Deshalb schenkt er ihnen nach gelungener Zeugung ein Buch über die vielen verschiedenen Arten des Vaterseins im Tierreich. Der Titel: "Papa ist schwanger".

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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