16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 1, Hansestadt Hamburg, Hasselbrack – 116,2 Meter, Harburger Berge: Nicht gerade hochalpin, aber immerhin: Zum Tourauftakt haben wir Hamburger Jungs ein Heimspiel. Wetter und Laune sind bestens. Nach anderthalb Stunden schießen wir bereits erste Gipfelfotos und verewigen uns im Gipfelbuch. Gerade erst eingewandert, machen wir uns noch am selben Tag auf nach Bremen für Gipfel Nummer zwei. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 2, Hansestadt Bremen, namenlose Erhebung – 32,5 Meter, Friedehorstpark: Wikipedia hat uns verraten, wo sie liegt, die „namenlose Erhebung“, die Bremens höchsten natürlichen Punkt darstellt. Sie zu finden ist im wunderschön ebenerdig gestalteten Friedehorstpark schwerer als gedacht. Wie Scott und Amundsen auf ihrer Suche nach dem Südpol irren wir umher. Genau wie der magische Pol ist auch unsere Erhebung nichts als ein durch Berechnungen ermittelter, unspektakulärer Punkt, der sich von seiner unmittelbaren Umgebung durch nichts unterscheidet – also ziemlicher Quatsch eigentlich. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 3, Hauptstadtgipfel Berlin, Großer Müggelberg – 114,7 Meter, Treptow-Köpenick: Wettergott, wir danken dir. Ganz brav haben wir gestern Abend unsere Teller geleert und werden heute mit strahlend blauem Vorfrühlingshimmel belohnt. Auf dem bewaldeten Gipfel im Ortsteil Köpenick angekommen, sieht man die Ferne vor lauter Bäumen nicht. Daher empfiehlt sich ein Abstecher zum Aussichtsturm auf dem Gipfel des 88 Meter hohen Kleinen Müggelbergs. „Berlin, du bist nicht einmal von Weitem schön“, heißt es in einem Song einer Berliner Band – ich bin da anderer Meinung. Wir jedenfalls werden mit bestem Hauptstadtpanorama belohnt.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 4, Schleswig-Holstein, Bungsberg – 168 Meter, Holsteinische Schweiz: Trotz 90-prozentiger Regenwahrscheinlichkeit machen wir uns auf, den höchsten Punkt im Norden zu besteigen. Im Winter surrt hier tatsächlich der nördlichste Skilift Deutschlands. Jetzt ist April. Der nahe gelegene Fernsehturm weckt unsere Neugier. Stufe um Stufe arbeiten wir uns hoch und studieren aufmerksam die liebesbotschaftlichen Hinterlassenschaften vormaliger Besucher. Diverse Liebesbekundungen für Claudia, Janine und Gerda reihen sich aneinander – neben der Hommage an Helden der Popgeschichte aus (glücklicherweise) längst vergangener Zeit: „Für Ben von CITA*.“ * Boygroup Caught in the Act – Anmerkung der RedaktionZurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 5, Brandenburg, Kutschenberg – 200,7 Meter, Kmehlener Berge: Kenner mögen einwerfen, dass die relativ bekannte Heidehöhe eigentlich höher ist. Stimmt: Sie misst 201,4 Meter. Ihr Gipfel liegt jedoch in Sachsen. Unser Ziel heißt also Kutschenberg. Während Thomas gut vorbereitet seine kurze Hose wie ein Ass aus dem Ärmel zaubert, komme ich im Mai ganz schön ins Schwitzen. Vermerk fürs Logbuch: IMMER den Wetterbericht für die Zielregion checken!Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 6, Mecklenburg-Vorpommern, Helpter Berg – 179,2 Meter, Helpter Heide: Allein die Fahrt dorthin dauerte mit dreieinhalb Stunden länger als Auf- und Abstieg zusammen. Wie einer unserer zahlreichen Facebook-Fans bemerkte: „Was für eine Zeitverschwendung!“ Ich werfe 5 Euro ins Phrasenschwein und gönne mir ein „Der Weg ist das Ziel“.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 7, Sachsen-Anhalt, Brocken – 1.141,1 Meter, Hochharz: Als wir in Ilsenburg im Ostharz ankommen, sind die Bürgersteige bereits hochgeklappt – es ist Juni und halb neun am Abend. Wir lassen den Ort hinter uns und kommen in den Wald. Bekanntlich ist es dort nachts dunkel und auch bitterkalt. Abgesehen vom Geheul der Wölfe und dem einen oder anderen Zombie am Wegesrand präsentiert er sich jedoch friedlich und wir können auf dem Boden einer komfortablen Schutzhütte unser Nachtquartier beziehen. Um 6 Uhr starten wir Richtung Gipfel. Endlich der erste „richtige“ Berg auf unserer Tour! Als wir um 8 Uhr das Gipfelplateau des Brockens erreichen, lockt die Aussicht auf ein baldiges Frühstück, ehe wir uns als frischgebackene Gipfelsieger auf zum nächsten Höhepunkt machen – dem Wurmberg in Niedersachsen.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 8, Niedersachsen, Wurmberg – 971,2 Meter, Oberharz: Der morgendliche Dunst ist verflogen. Die Sonne hat sich inzwischen rausgetraut und trocknet unsere verschwitzten T-Shirts, die wie Trophäen an unseren Rucksäcken baumeln. Unterwegs kommt uns eine leibhaftige Legende im Schnellschritt entgegen, der 80-jährige „Brocken-Benno“, unterwegs, um seinen 6680. Brockenaufstieg zu absolvieren. (Brocken- und Wurmberggipfel liegen nur 5 Kilometer auseinander.) Ehrfurchtsvoll lassen wir ihn passieren, für Fotos oder gar ein Gespräch bleibt leider keine Zeit. Zeit für eine Einkehr muss hingegen sein. Dank Gulaschsuppe und Snickers-Riegel erwachen neue Kräfte in uns und wir erreichen den Gipfel des Wurmbergs noch vor Mittag.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 9, Nordrhein-Westfalen, Langenberg – 843,3 Meter, Rothaargebirge: Wanderjahre sind auch Lehrjahre. Als ein Einheimischer im besten Ruhrpottslang einen afrikanischen Kaffee bestellt, staunen wir nicht schlecht. Verblüfft von dem breiten Angebot des kleinen Bahnhofskiosks fernab weltlicher Metropolen, rätseln wir, was jetzt wohl über den Tresen gereicht wird. Die Lösung: Afrikanischer Kaffee ist Kaffee Togo, also zum Mitnehmen. Natürlich! Um auf den Gipfel zu gelangen, schlagen wir uns durch das Dickicht des Rothaargebirges. Trotz relativer Abgeschiedenheit wandern wir schon bald in schlechtester Gesellschaft. Insektenschwärme umschwirren uns, als wären wir die letzten Menschen. Zureden, Tobsuchtsanfälle, mit den Armen rumfuchteln oder kurze Sprinteinlagen – nichts hilft . Gegen den pfeifenden Wind auf dem Hochplateau kommen unsere mutmaßlich blutsaugenden Begleiter schließlich nicht mehr an. Dem Gipfel sei Dank!Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 10, Hessen, Wasserkuppe – 950,2 Meter, Rhön: Im menschenleeren Gersfeld ist Partytime – in voller Lautstärke wird der Radetzkymarsch gespielt, möglicherweise besser bekannt als „das Bonduelle-Lied“. Hier geht was! Wir nutzen die Marschmusik entsprechend ihrer originären Bestimmung und beziehen schon bald unser Nachtquartier am Wegesrand. Drei Mal wache ich auf, weil sich ein feuchtes und schleimiges Objekt in mein Gesicht verirrt. Der Übeltäter ist eine Arion subfuscus, eine Hellbraune Wegschnecke. Ich entferne die Melange aus Schleim und sonstigem Kram von meiner Wange und verbuche die Ereignisse als beinahe kafkaeske Anekdote. Am nächsten Morgen macht die Wasserkuppe ihrem Namen alle Ehre. Trotzdem lernen wir, dass ihr Name nicht – wie vermutet – daher kommt, dass es hier so besonders niederschlagsreich ist. Namensstiftend war vielmehr das mitteldeutsche Wort „Wass“, das so viel wie „Weideplatz“ bedeutet.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 11, Saarland, Dollberg – 695,4 Meter, Schwarzwälder Hochwald: Trotz Sonntagswetter sind kaum andere Leute unterwegs. Ein einziges Mal werden wir von einem einsamen Greis auf einem Kinderfahrrad überholt. So viel zur Steigung. Nachdem wir als Grund für den menschenleeren Wald Ursachen wie die Apokalypse oder sportliche Großereignisse ausgeschlossen haben, einigen wir uns darauf, dass die nahe Mosel wohl für viele einfach attraktiver sein mag. Dort gibt es Wein, Weib und Gesang – wir haben Leitungswasser im Gepäck, genügen uns selbst und unsere Poesie ist eine Art spontane Alltagsdichtung.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 12, Rheinland-Pfalz, Erbeskopf – 816,3 Meter, Hunsrück: Den Dollberg haben wir wieder verlassen, wollen es aber noch am selben Tag bis zum Gipfel des Erbeskopfs schaffen. Nach einem stattlichen Abendbrot erinnern wir uns, dass es heißt: Nach dem Essen soll man ruhen oder 1000 Schritte tun. Ruhen würde leichter fallen. Wir raffen uns auf und erreichen kurz vor Mitternacht das Gipfelplateau, wo militärisch genutzte Einrichtungen einem Skulpturenpark gewichen sind. Unter den Trägern einer postmodernen Stahlkonstruktion findet jeder von uns ein gemütliches Plätzchen. Selbst die Prinzessin auf der Erbse dürfte den Liegekomfort mit der maximalen Punktzahl bewerten. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 13, Thüringen, Großer Beerberg – 982,9 Meter, Thüringer Wald: „Daraus machen wir unsere erste Speedbesteigung …“ Der Plan: vom Suhler Bahnhof aus den Gipfel in der Nacht erklimmen. Trotz des beeindruckenden Sternenhimmels in dieser Septembernacht können wir kaum die Hand vor den Augen sehen. Stirnlampen und unseren Smartphones (erstaunlich, dass hier so guter Empfang ist) sowie Google sind wir zu großem Dank verpflichtet, denn bei den letzten Forstarbeiten sind die analogen Wegschilder gleich mit gerodet worden. Um kurz vor 4 Uhr ist es dann so weit: Wir erreichen die hölzerne Aussichtsplattform des Berges. Die Sterne am Himmel scheinen eigens für uns ein Feuerwerk abzubrennen. Der Begriff „atemberaubend“ – mittlerweile von Rosamunde Pilcher und Konsorten arg überstrapaziert – gibt die Stimmung dennoch treffend wieder. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 14, Sachsen, Fichtelberg – 1.214,8 Meter, Erzgebirge: Harte Prüfung für den Orientierungssinn. Für Verwirrung sorgen Hinweisschilder: Wenn man ab „Fichtelberg – 6 Kilometer“ etwa 15 Minuten lang in die richtige Richtung geht, ist die Verwunderung groß, wenn die Distanz beim nächsten Schild mit 6,8 Kilometer angegeben wird. Noch mehr verblüfft es uns, als wir zwischen zwei maximal 100 Meter voneinander entfernten Wegweisern innerhalb von nur einer Minute ganze 2 Kilometer bis zum Fichtelberg gutmachen können. Solche Schilder loben wir uns. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 15, Baden-Württemberg, Feldberg – 1.493 Meter, Schwarzwald: Beim Aufstieg entdecken wir eine bewirtschaftete Hütte – ein Blick und alles ist klar: Im Falle eines Gipfelsieges kehren wir ein. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Am höchsten Punkt von Baden-Württemberg angekommen, zeichnet sich ein Wetterumschwung ab. Schweren Herzens lassen wir die anvisierte Brotzeit samt Tannenzäpfle aus. Lieber kehren wir hungrig und gesund als pudelnass und angeknackst zurück – es wäre ein ungünstiger Zeitpunkt, um sich noch eine Erkältung oder Schlimmeres einzufangen. Schließlich steht das Dach der Dächer noch aus. Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Gipfel 16, Bayern, Zugspitze – 2.962 Meter, Wettersteingebirge/Ostalpen: Das große Finale! Als alpenunerfahrene Wanderer entscheiden wir uns für den Normalweg, der uns in zwei Etappen mit Übernachtung zum Gipfel führt. Der Klettersteig übers Höllental wäre die reizvollere Option, kommt aber aufgrund geringer Erfahrung– die noch dazu nur aus dem theoretischen Studium der Bücher unseres Vorbilds Reinhold Messner stammt – für Anfänger wie uns nicht infrage. Unterwegs fordert uns ein Geröllfeld zum Kräftemessen heraus. Wir vergießen mehrere Hektoliter Schweiß und zwingen es in die Knie. Kurz nach Mittag sind wir endlich oben. Empfangskomitee? Fehlanzeige. Kein Shakehands mit Lokalpolitikern, keine Blasmusik, keine kreischenden Mädchenhorden – wir genießen unseren Triumph ganz still und nur für uns, indem wir uns die Hände reichen und in die grenzenlose Ferne schauen. Wir sind oben. Ganz oben.Zurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland

Diesen und weitere Artikel rund ums Reisen, Leben und Entdecken finden Sie in Ausgabe 01/2013 des Magazins "Sehnsucht Deutschland", www.sehnsuchtdeutschland.comZurück zum Artikel: 16 grüne Gipfel - eine Abenteuerreise quer durch Deutschland