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Bergwerk Merkers in Thüringen: Versteck von Nazischätzen


Deutschland
In diesem Bergwerk versteckten die Nazis ihre Schätze

srt, Marlis Heinz

14.05.2013Lesedauer: 4 Min.
Für Besucher ist die Kristallgrotte einer der HöhepunkteVergrößern des BildesFür Besucher ist die Kristallgrotte einer der Höhepunkte (Quelle: Marlis Heinz/SRT-bilder)
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Mehr als zwei Dutzend Höhlen und Bergwerke stehen in Thüringen für Besucher offen. Die Kaligrube von Merkers macht aktuell von sich reden als jener Ort, an dem Hitlerdeutschland seine Schätze verbarg. In dem entstehenden Film 'The Monuments Men' mit George Clooney wird die Geschichte erzählt. Sehen Sie das Bergwerks-Erlebnis auch in unserer Foto-Show.

Geisterbahnstimmung bei der Fahrt nach unten

Abwärts! Wer mit einem Dutzend Teenager im Förderkorb steht, erlebt schon nach den ersten Metern Geisterbahn-Stimmung. Das Tageslicht verschwindet. Der Druck auf den Ohren nimmt zu. Allgemeines Kreischen. Aber das Problematischste für die meisten Mitreisenden: Die Handys finden kein Netz mehr. Die Kaligrube von Merkers nennt sich nicht grundlos Erlebnis Bergwerk.

Vom Förderkorb in den Pritschenwagen

In einer Tiefe von 507 Metern angekommen, steigen die Besucher auf Pritschenwagen um. Durch die weißen Helme der dicht beieinander hockenden Fahrgäste muten die LKW-Cabrios wie überproportionale Eierschachteln an. "Alles klar? Immer schön sitzen bleiben und Hüte festhalten!" tönt es aus dem Lautsprecher. An Steuer und Mikrofon sitzt Ulf Schmidt. 1978 hat er hier als Kalikumpel angefangen. Jetzt nennt sich der Beruf des einstigen Steigers Besucherführer.

Jedes Jahr kommen 80.000 Gäste

Seit zwei Jahrzehnten kommt aus dieser Grube kein Salz mehr. Derzeit laufen nur noch Sicherungsarbeiten, also das Verfüllen von Hohlräumen unter bewohnten Gebieten. Doch davon sieht der Besucher in der unterirdischen Landschaft mit einem Stollen-Netz von 4600 Kilometern nichts oder bestenfalls ein paar Bergleute, wenn sie in ihren weißen Anzügen von der Frühschicht kommen. Eigentlich erscheint das ganze Bergwerk, als sei es für die jährlich rund 80.000 Erlebnishungrigen geschaffen worden: ein oberirdisches Informationszentrum mit Gaststätte, Souvenirladen und Kauen, also Umkleideräumen; untertage LKW mit gepolsterten Bänken, Ausstellungen, Lasershows, Toiletten und sogar Bars. Und mit Besucherführern, die ihr Handwerk verstehen. Ulf Schmidt kann in viele Rollen schlüpfen. Ganz Bergmann ist er, wenn er die Gesteine, Maschinen und Arbeitsabläufe erklärt. Ernsthaft spricht er über jene Jahre, in denen KZ-Häftlinge hier unten für die Rüstungsindustrie schuften mussten.

Alliierte fanden das Gold der Nazis

Ganz Historiker wird er bei der Beschreibung jenes Tages im April 1945, als amerikanische Truppen in den Salzhöhlen Kunstschätze, Geld und 220 Tonnen Gold der Reichsbank - mit einem heutigen Gesamtwert von etwa 2,2 Milliarden Euro - fanden und bargen; so ähnlich wie im derzeit entstehenden Film "The Monuments Men" mit George Clooney. Im Bergwerk Merkers, wo ein extra "Goldraum" die Zusammenhänge darstellt, wird zwar nicht gedreht, aber dass die Thematik ins Scheinwerferlicht rückt, spüren dessen PR-Leute bereits.

Fremdenführer zwischen Historiker und Animateur

Und manchmal schlüpft Schmidt auch in die Rolle des Animateurs, zeigt den Gästen, wo sie sich einen Salzbrocken mitnehmen dürfen. Oder er kutschiert seinen Wagen voller juchzender Passagiere in scheinbar rasender Fahrt durch das bergige und kurvenreiche Untertage-Labyrinth. Bis er plötzlich bremst, stehenbleibt, die Schweinwerfer löscht. Absolute Dunkelheit. Hunderte Meter unter der Erdoberfläche. Es wäre da auch absolute Stille, würden nicht die ersten Helden schon fluchend an ihren Handys fingern, um den Grusel mit LED-Lampen zu vertreiben.

Superlative des Bergwerks

Die Rolle des Fremdenführers ist für Schmidt vermutlich die am wenigsten komplizierte, denn er kann in Superlativen schwelgen. Beispielsweise ist das Bergwerk seit 2006 ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur, der einzige Thüringens. Der Großbunker ist der größte unterirdische Konzertsaal. Aber meist punktet die Tiefe: An einer Gesteinswand prangt das tiefste Graffiti der Welt. In dem döst der größte und tiefstgelegenste Schaufelradbagger der Welt vor sich hin. Und natürlich ist der Hochseilgarten der tiefste seiner Art.

Höhlenreiches Thüringen

Ganz Thüringen mangelt es nicht an Höhlen und Bergwerken, die zu besichtigen und fast alle mit Superlativen ausgestattet sind. Zu den bekanntesten zählen die Feengrotten in Saalfeld. Sie wurden als die "farbenreichsten Schaugrotten der Welt" im Guinness-Buch der Rekorde vermerkt. Weitere Untertage-Highlights sind beispielsweise die Marienglashöhle in Friedrichroda, die Sandstein- und Märchenhöhle Walldorf und die sagenumwobene Barbarossahöhle in Rottleben am Kyffhäuser.

Kristallgrotte in 800 Metern Tiefe

Der Höhepunkt der Tour durch die Grube von Merkers ist der tiefste: die Kristallgrotte 800 Meter im Berg. Der rund 60 Meter lange Hohlraum, an dessen Wänden sich riesige funkelnde Salzquader stapeln, wurde 1980 bei Erkundungsarbeiten für die Kaligewinnung entdeckt. Inzwischen adelt ihn das Prädikat "Nationales Geotop" und er teilt so die Gesellschaft der Kreidefelsen von Rügen oder der Hochseeinsel Helgoland. Aber die Pracht der Grotte wird nicht von ewiger Dauer sein. "In wenigen Jahrzehnten", so Schmidt, "holt sich der Berg diesen Hohlraum vielleicht zurück". Also spielt der Mensch seine kurze Gastrolle mit Leidenschaft. Eine farbige Lichtshow mit feierlicher Musik wurde inszeniert und auf dem Aussichtsbalkon findet gelegentlich sogar ein Standesamt Platz. Aufwärts! Nach fast drei Stunden stehen wieder alle im Förderkorb. Das Tageslicht kehrt zurück. Das Netz auch. Es bleibt das Stück Salz in der Tasche.

Weitere Informationen

Erlebnis Bergwerk Merkers, Zufahrtstr. 1, 36460 Merkers, Tickethotline: 03695 614101, www.erlebnisbergwerk.de.

Unter Tage herrschen ganzjährig Temperaturen von 21 bis 28°C, Bergkittel und Helm werden zur Verfügung gestellt. Einfahrt für Kinder ab zehn Jahre. Es wird empfohlen, die Grubenfahrt telefonisch zu reservieren. Führungen finden ganzjährig statt, 01.04.-30.11., Dienstag-Sonntag, 09.30 und 13.30 Uhr; 01.12.-31.03., Dienstag-Samstag, 09.30 und 13.30 Uhr, Sonntag nur 13.30 Uhr, Sonderführungen nach Vereinbarung. Eintrittspreise je nach Termin und Gruppengröße für Erwachsene von 15 bis 20 Euro.

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