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Moseltal – Wo Winzer sich wie Bergsteiger fühlen


Wo Winzer sich wie Bergsteiger fühlen

SRT/Gerd Krauskopf

Aktualisiert am 08.11.2017Lesedauer: 4 Min.
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Der Weinberg Calmont an der Mosel.Vergrößern des Bildes
Der Weinberg Calmont an der Mosel. (Quelle: SRT/Gerd Krauskopf)

Der Blick in den 136 Meter tiefen Mosel-Canyon auf der A61 in der Nähe von Koblenz ist die richtige Einstimmung für einen Kurzurlaub.

Hier verbindet die Autobahnbrücke die Eifel mit dem Hunsrück. Also runter von der Autobahn und ran an die Mosel. Der Weg führt vorbei an wilden Schleifen und kleinen Wendungen flussaufwärts. Ziel sind zwei Winzer, deren Reben an den steilsten Lagen Europas von der Sonne verwöhnt werden. Das Schiebedach weit auf und hinein ins tief eingeschnittene Moseltal!

In Kobern-Gondorf führt die Bundesstraße mitten durchs Wasserschloss von der Leyen von 1560, dessen Gemächer dafür teilweise Platz machen mussten. Danach grüßt Burg Thurant am Alkener Burgberg auf der gegenüberliegenden Moselseite. Es soll nicht die einzige Burg bleiben, deren frühere Inhaber Reisende hier am Flusslauf zur Kasse baten. Anders dagegen die vielen kleinen Winzerhöfe, die mit gemütlichen Innenhöfen Gäste heute zu fairen Preisen Unterkunft und Verpflegung bieten.

Cochem – Dorf mit Weltruf

Auch auf Campingplätzen weiß man sich am Wasser gemütlich am Abend mit Gitarrenmusik zu unterhalten. Lauter dagegen wird es im gut besuchten Cochem mit der mächtigen, weithin sichtbaren Reichsburg. Cochem nennt sich auch das kleine Dorf mit Weltruf. Dort erzählt Stadtführerin Hiltraud Hartmann unter dem mächtigen Enderttor, dass man im 17. Jahrhundert bei der Erstürmung der Stadt aus der Wurfscharte Steine auf die Feinde fallen ließ. Und als keine Steine mehr vorhanden waren, griff man zu den leeren Weinfässern der Ratsherren, was noch heute als Fässerschlacht von Cochem für Heiterkeit sorgt.

Ruhig dagegen ist es in der Pfarrkirche St. Martin mit ihren 2009 neu und modern gestalteten acht gotischen Bleiglasfenstern, deren gewaltige Farben im Sonnenlicht besonders attraktiv leuchten. Der Abschluss eines Cochem-Besuches sollte mit der Sesselbahn hoch zum Pinnerkreuz führen, dabei liegen den Besuchern die Stadt und die große Moselschleife zu Füßen.

An Europas steilstem Hang für Weinbauer

Und dann – wieder ein paar Moselschleifen weiter – liegt Europas steilste Weinberglage vor den Augen des Betrachters. Fast 300 Meter über der Mosel erhebt sich der Calmont mit zum Teil weit über 60 Grad Hangneigung. Dort wartet wie verabredet der junge Winzer Christian Franzen. So soll es erst einmal mit der "Mono", wie die Winzer ihre Monorackbahn nennen, allersteilst bergauf gehen.

Die Mini-Zahnradbahn ist heute eine große Hilfe und fast unersetzlich für die Überwindung dieser extremen Steigungen. Auch Gäste lassen sich von dieser Monorackbahn in die fast schwindelerregende Höhe hinauf befördern. Liegend und gut gesichert auf einem Anhänger geht es von der Waagerechten derart steil hoch, dass der Mitfahrer fast senkrecht steht und sich mit beiden Händen gut festhalten muss.

Auch das Aussteigen auf das steil abfallende Schiefergeröll ist trotz gutem Schuhwerk nicht ganz ohne. Hier versteht jeder gleich, warum es heißt: Weinbau auf der "Rasierklinge". So halten sich die suchenden Hände erst einmal an einem Metallpfahl der Rebstöcke fest, um sich dann an den Spanndrähten vorsichtig weiter zu hangeln. Immer peinlich genau auf den rutschigen Steinboden achtend, fällt automatisch der Blick tief hinunter zur engsten Schleife der Mosel mit der Ortschaft Bremm.

Mit harter Handarbeit und viel Schweiß

"Jetzt", sagt Jungwinzer Christian Franzen, "schneiden wir mit der ganzen Familie die jungen langen Triebe ab, damit sich die Weintrauben gut entwickeln können." Winzer solcher Steillagen müssen wahre Bergsteiger sein, die mit harter Handarbeit und viel Schweiß ihr Einkommen sichern müssen. Dabei bietet dieses perfekte Terroir für Rieslingreben Mineralität wie keine andere Weinlage.

Unausweichlich kommt dann auch das Gespräch auf die früher stark säurehaltigen Moselweine. So werden sie heute durch längere Reife dank des Klimawandels am Stock säureärmer, da die Reben die Säure bereits größtenteils abbauen. Zusätzlich wird sie noch einmal im Moststadium reduziert.

Auch Winzer Rainer Nilles in Püderich, weiter oberhalb an der Mosel, ist einer dieser Winzer auf der "Rasierklinge", der an einem zur Sonne hin günstig liegenden Steilhang mit seltenem rotem Schieferuntergrund Wein anbaut. Da aber auch ein Teil seiner Fläche ungenutzt ist, hat er sich vier Ziegen der Rasse "Hohe Tauern Schecken", die vom Aussterben bedroht ist, zur Landschaftspflege angeschafft. "Seit dieser Zeit", sagt Nilles, "sind die lästigen Brombeersträucher zurückgegangen. Jetzt wachsen dort wieder viele blühende Pflanzen", freut sich der ungewöhnliche Weinbauer. Dabei haben die Nachbarn ihn anfangs belächelt, als er die Ziegen auf die verwilderte Steilfläche führte. Zudem muss Nilles heute keine Flurschäden mehr beklagen, die durch Wildschweine oder Rehe verursacht werden.

Traben-Trarbach – der einst zweitgrößte Weinhandelsplatz Europas

Der letzte Abend dieser besonderen Moselreise endet in Traben-Trarbach hoch oben auf der Grevenburg, von der nur noch die weithin sichtbare Fassade des Kommandantenhauses besteht. Da wandern die Gedanken bei einem guten Glas Moselwein auf der Terrasse der Burgschenke hinunter zum Doppelstädtchen, das als Juwel der Mittelmosel bezeichnet wird und von Weinreben und Wald umschlungen ist.

Noch heute erkennt man den Reichtum, den die einstigen Weinbarone hinterlassen haben. Galt doch Traben-Trarbach früher nach Bordeaux als zweitgrößter Weinhandelsplatz Europas. Namhafte Baumeister wie zum Beispiel Bruno Möhring aus Berlin hinterließen architektonische Juwele des Jugendstils und der "Belle Epoque". Kultur- und Weinbotschafterin Ulla Schnitzius zeigt ihren Gästen bei ihrer Weinkellerführung übrigens auch das Buddhamuseum.

Es handelt sich bei dieser ungewöhnlichen Sammlung um einen von Möhring designten Weinkeller. Der IT-Unternehmer Wolfgang Preuß hat ihm tief unter der Erde eine einzigartige Buddha-Sammlung mit der Symbiose aus alter Weinkultur im Moseltal und dem Buddhismus als Lehre, Philosophie und Lebensweisheit gewidmet.

Auf diese Weise lernt man Deutschlands älteste Weinregion einmal von einer ganz anderen Seite kennen.

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