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Trotz Esta: Hunderte Deutsche scheitern jedes Jahr an US-Einreise


Trotz Esta
Hunderte Deutsche scheitern jedes Jahr an US-Einreise

spiegel-online, Antje Blinda

11.08.2015Lesedauer: 4 Min.
An der Grenze der USA hat der Beamte die Entscheidungsgewalt: Rein oder raus?Vergrößern des BildesAn der Grenze der USA hat der Beamte die Entscheidungsgewalt: Rein oder raus? (Quelle: Reuters-bilder)
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Hunderte Deutsche scheitern bei der Einreise in die USA an den Grenzbeamten. Ein genehmigter Esta-Antrag erlaubt noch lange nicht den Zutritt - und manchmal wirken die Begründungen seltsam.

Aimee Valentina Schneider wollte Verwandte in Cleveland besuchen. Vier Monate in den USA, das war der Plan. Doch schon am Flughafen von Philadelphia war die Reise der 20-Jährigen aus Marburg zu Ende - die US-Grenzbeamten vermuteten eine illegale Arbeitsaufnahme und verweigerten Schneider nach stundenlangem Verhör die Einreise. "In die USA will ich erst einmal nicht", sagte sie. So etwas wolle sie nie wieder erleben.

Schneider ist nicht die Einzige, die draußen bleiben musste. Mehr als 700 Deutsche sind wie sie im Jahr 2013 an der Grenze zur USA abgewiesen worden - also Hunderte, aber für die US-Botschaft in Berlin "eine unbedeutende Anzahl", wie ihr Pressesprecher mitteilte. Immerhin seien 2,7 Millionen Bundesbürger in dem Jahr in die USA gereist.

Begründungen wirken oft merkwürdig

Jährlich würden demnach rund eine Million Deutsche eine zwei Jahre gültige Esta-Genehmigung beantragen, fast alle würden bewilligt. Beim "Electronic System for Travel Authorization" (Esta) muss sich seit 2009 in der Regel jeder anmelden, der über das sogenannte Visa-Waiver-Programm als Urlauber oder Geschäftsreisender für maximal 90 Tage in die USA reisen will.

Wenn die Grenzbeamten erst einmal einen Verdacht hätten, "sind sie schwer umzustimmen", sagt Rechtsanwalt Thomas Schwab von der Kanzlei Winheller in Frankfurt. Er unterstützt seit Jahren Mandanten bei der Beantragung für USA-Visa.

Bei den abgewiesenen Reisenden vermuteten die Beamten oft Terrorgefahr oder die Absicht, ohne entsprechendes Visum zu arbeiten oder einzuwandern. Dennoch wirken manche der Begründungen skurril - und vielleicht noch seltsamer als bei der Abiturientin Schneider, die in der Befragung Andeutungen über Kinderbetreuung machte.

Die Macht liegt beim Grenzbeamten

"Einem Mandanten mit deutschem Reisepass wurde am Flughafen Houston die Einreise verweigert", erzählt Schwab aus seiner Praxis. "Die Begründung: Der Name des Deutsch-Iraners sei ja nicht deutsch, daher sei er kein Deutscher und dürfe nicht visumsfrei einreisen." Dem Reisepass als Gegenbeweis brachten die Beamten anscheinend kein Vertrauen entgegen. Einer freien Journalistin sei laut Schwab am Flughafen Detroit bei der Grenzkontrolle das Handy abgenommen worden. Aufgrund der dort gespeicherten Fotos hätten die Grenzer die Mandantin verdächtigt, illegal in den USA bleiben zu wollen. Einreise abgelehnt.

Selbst mit einem Visum, das etwa Studenten oder Au-pairs vorher beantragen müssen, ist der USA-Besuch nicht garantiert: Das Dokument bestätigt lediglich, dass ein US-Konsul die Erlaubnis gegeben hat, zu einem Einreisepunkt - ob Flughafen oder Seehafen - zu fliegen oder fahren und dort einen Aufenthalt zu beantragen. "Nur US-Einwanderungsbeamte vom Ministerium für innere Sicherheit (Department of Homeland Security) sind befugt, Ihnen die Erlaubnis für die Einreise in die Vereinigten Staaten zu erteilen", schreibt das US-Konsulat in Frankfurt auf seiner Webseite.

Besser keine Scherze bei der Kontrolle

Und wenn die Erlaubnis nicht erteilt wird? Wer nach oft mehrstündigem Verhör, der "Secondary Inspection", wieder in den Flieger gen Heimat gesetzt wird, erhalte laut der US-Botschaft eine schriftliche Begründung. Die Homeland Security hat eine Webseite eingerichtet, über die man Beschwerden einreichen kann, wenn man sich etwa bei der Einreise schlecht behandelt fühlte. Doch die Befürchtung der abgewiesenen Reisenden sei groß, damit endgültig auf einer "schwarzen Liste" zu landen, sagt Anwalt Schwab. Wer einmal an der Grenze zurückgewiesen wurde, müsse künftig grundsätzlich immer ein Visum beantragen, eine Esta-Genehmigung reiche dann nicht mehr.

In die "Secondary Inspection" gelangt nur, wer bei der ersten Befragung Zweifel erweckt oder per Zufall ausgewählt wurde. Bei der "Primary Inspection" überprüft der Grenzbeamte die Reisedokumente, nimmt Fingerabdrücke, fotografiert und fragt nach dem Einreisegrund. Schon da sollten Urlauber aufpassen, was sie sagen: "Man sollte natürlich wahrheitsgemäß antworten, aber man sollte nicht den Eindruck erwecken, arbeiten zu wollen - auch nicht für Verwandte", sagt Schwab.

Scherze verbieten sich von selbst - schon gar über "Bomben" in jeglicher Form. Außerdem sind Provokationen zu unterlassen, und im Ankunftsbereich darf nirgends das Handy benutzt werden. Auch sollten Reisende auf stichprobenartige Kontrolle ihrer elektronischer Geräte vorbereitet sein: Handy, Laptops und Kameras dürfen nach Auffassung der Homeland Security ohne Verdachtsmoment und Kenntnis der Eigentümer überprüft werden.

Ab sofort nur noch mit E-Pass

Die Kontrollen an ihren Grenzen haben die USA nach den Terroranschlägen von 2001 kontinuierlich verschärft. Die neueste Vorschrift für Deutsche: Die Einreise ist nur noch mit einem elektronischen oder mit biometrischen Daten versehenen Pass möglich. Zudem werden die Reisenden mithilfe der Interpol-Datenbank in Bezug auf verlorene und gestohlene Pässe überprüft.

Die Einführung des Esta-Verfahrens statt der grünen I-94-Formulare brachte Reisenden zumindest den Vorteil, die Bürokratie schon vor der Ankunft am US-Flughafen abgearbeitet zu haben. Es sind jedoch nicht nur die Daten wie Reisepassnummer und Gesundheitszustand, die die Homeland Security über Esta von den Einreisenden erhält. Auch die Fluggesellschaften müssen seit 2012 mit den Passagierlisten Datensätze über ihre Kunden vor dem Abflug in Deutschland zur Verfügung stellen, sogenannte Passenger Name Records (PNR). Diese fließen in das Risikobewertungssystem ATS für Einreisende ein.

EU stellt weniger Anforderungen an US-Bürger

Umgekehrt stellt die Europäische Union und damit Deutschland den US-Bürgern bisher keine ähnlichen Einreiseanforderungen. Eine Datenerhebung à la Esta oder PNR gibt es für sie nicht, und sollten US-Amerikaner länger als drei Monate in Deutschland bleiben, studieren oder arbeiten wollen, können sie auch nach der Einreise ein entsprechendes Visum beantragen. Ein eigentlich angenehm unbürokratischer Zug "unter Freunden".

2013, nach dem Terroranschlag von Boston, machte der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich jedoch einen - bisher folgenlosen - Vorstoß, auch für Europa ein zentrales Online-Registrierungssystem à la Esta einzuführen, das auch für US-Bürger gelten würde. Zurzeit - unter dem Eindruck der Anschläge in Paris - ist die EU auf dem Weg, eine Fluggastdatenspeicherung bei Flügen von außerhalb der Union einzuführen. Bei den Grünen- und Linken-Politikern, bei Datenschützern und Bürgerrechtlern stößt dies jedoch auf heftige Kritik.

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