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Besitz: Eine Aussteigerin erklärt wie wenig wir eigentlich brauchen


Minimalismus
Nicol lebt ohne Möbel und Kosmetik

Das Interview führte Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 23.12.2014Lesedauer: 3 Min.
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Nicol Froning schmiss ihren Beruf hin und eröffnet einen Vegan-Shop.Vergrößern des Bildes
Nicol Froning schmiss ihren Beruf hin und eröffnet einen Vegan-Shop. (Quelle: Nicol Froning)

Tierquälerei, Konsumwahn und ungesunde Industrieprodukte: Nicol Froning wollte das alles nicht mehr unterstützen und krempelte ihr Leben vor vier Jahren komplett um. Sie gab ihren Beruf als Landwirtin auf, verzichtete komplett auf Tierprodukte und eröffnete einen Vegan-Shop. Heute geht es ihr so gut wie nie, sagt die 24-Jährige. Auch weil sie ihren Besitz auf ein Minimum reduziert hat. Wir haben sie gefragt, wie es ist, wenn man kaum noch etwas hat.

t-online: Die Arbeit als Landwirtin auf verschiedenen Tierbetrieben hat dich viele Jahre begleitet. Was genau war der Auslöser, nach dem du deinen Beruf plötzlich in Frage gestellt hast?

Nicol Froning: Es gab den Moment, als ich wieder ein Kalb von seiner Mutter trennen musste. Die Kuh war außer sich und hat um sich getreten. Ich habe das Kalb in eine andere Box gebracht und dann versucht, das Muttertier zu melken. Es war unmöglich. Zudem hat die Kuh ununterbrochen nach ihrem Kalb gerufen. Und das Kalb hat ihr geantwortet. Sie wollten zusammen sein. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Das leise Gefühl, nicht das Richtige zu tun, hatte sich aber schon früher eingeschlichen. Als ich angefangen habe, mich genauer über Tierprodukte zu informieren.

Wie haben deine Kollegen und deine Familie auf deinen Sinneswandel reagiert?

Sie waren zuerst schockiert. Meinen Beruf aufzugeben, war in ihren Augen ein riesiger Schritt. Als ich ihnen erklärt habe, dass ich die Tierquälerei nicht länger unterstützen möchte und der Beruf als Landwirtin in mein neues Lebensbild als Veganerin nicht mehr hineinpasst, hatten sie aber Verständnis. Und dann kam das Interesse. Letztendlich sind einige sogar selbst vegan geworden, darunter meine Mutter und mein Partner. Ich möchte niemanden bekehren, sondern informieren und meine Erfahrungen teilen. Deshalb habe ich auch mit den Videos bei YouTube begonnen.

Du hast nicht nur deinem Beruf gewechselt und auf Tierprodukte verzichtet, sondern auch fast deinen ganzen Besitz verschenkt. In einem Video zeigst du deine leere Wohnung. Was ist das für ein Gefühl, kaum noch etwas zu haben?

Zu Beginn etwas seltsam, dann befreiend. Die Dinge, die man besitzt, besitzen irgendwann einen selbst. Alles was man braucht, ist nichts. Das habe ich festgestellt. In meiner Wohnung gibt es keine Möbel, ich schlafe auf einer Matratze und sitze auf Kissen auf dem Boden. Ich habe fünf Hosen und zehn T-Shirts. Ich habe keine Waschmaschine und keinen Kühlschrank. Ich bin mit den wenigen Dingen, die ich habe, glücklich. Ich vermisse nichts.

An vielen Dingen hängen Erinnerungen an Menschen und Situationen. Ist es dir nicht schwergefallen, dich davon zu lösen?

Ich habe mir bewusst gemacht, dass die Erinnerungen in meinem Kopf sind und sie mir niemand nehmen kann. Von Dingen, die mir besonders am Herzen lagen, habe ich in einer kleinen Zeremonie Abschied genommen. Heute habe ich eine kleine blaue Box. Alle Erinnerungen, die ich sammle, müssen dort Platz finden. Ich muss mir also schon vorher überlegen, was ich dort hinein legen möchte. Ich frage mich generell immer, ob ich etwas wirklich brauche, bevor ich es kaufe.

Du verzichtest auch auf fast alle industriell hergestellten Produkte. Was kommt auf deinen Teller?

Ich esse orientiert an der Ernährungsform 801010. Das heißt, dass 80 Prozent meiner aufgenommenen Kalorien aus Kohlenhydraten bestehen, zehn Prozent aus Fett und zehn Prozent aus Eiweiß. Die Kohlenhydrate nehme ich hauptsächlich in Form von Obst auf, aber auch durch Kartoffeln oder Getreide. Auf verarbeitete Lebensmittel wie Öle oder Sojaprodukte verzichte ich, ebenso auf Süßigkeiten, Kaffee und Alkohol. Habe ich Lust auf etwas Süßes, nasche ich beispielsweise Datteln oder Bananen. Mein Körper bekommt immer etwas zu essen, wenn er Hunger hat und ich esse so lange, bis ich satt bin. Ich ernähre mich seit vier Jahren so. Meine Blutwerte sind gut, ich bin kaum krank und habe keine Gelenkschmerzen mehr.

Wie sieht dein Verzicht im Badezimmer aus?

Früher hatte ich massig Kosmetikprodukte im Bad stehen. Zufrieden war ich mit ihnen aber nie so richtig. Also habe ich mich auf das Nötigste beschränkt: Natron, Kernseife und Zahnpasta. Das reicht. Natron verwende ich zum Haarewaschen und als Deo. Die Kernseife nehme ich zur Körperreinigung.

Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?

Zunächst werde ich den Vegan-Shop in gute Hände übergeben. Einfach aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, nicht richtig beraten zu können. Denn ich selbst konsumiere ja nicht, was ich verkaufe. Meinen Fokus lege ich zunächst auf meinen YouTube-Kanal und schaue, was noch kommt. Ich brauche für meine Lebensweise nicht viel Geld. Wichtig ist mir, dass ich glücklich bin, mit dem, was ich mache. Ich lebe nach dem Motto "Vertraue deinem Herzen".

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