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Rätselhafter Medizinfall: Frau stirbt fast an beruhigendem Kräutertee


Frau erleidet lebensgefährliche Vergiftung nach Teegenuss

spiegel-online, Nina Weber

04.12.2016Lesedauer: 3 Min.
Die Blätter der Beinwell-Pflanze ähneln denen des giftigen Fingerhuts.Vergrößern des BildesDie Blätter der Beinwell-Pflanze ähneln denen des giftigen Fingerhuts. (Quelle: dpa-bilder)
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Eine Frau klagt plötzlich über Herzklopfen und Benommenheit, sie muss sich erbrechen. In der Notaufnahme schildert sie, was sie am Abend zuvor ausprobiert hat.

Die Patientin schläft nicht besonders gut, was sie durchaus plagt. Doch davon abgesehen ist die 63-Jährige bei guter Gesundheit. Weder hat sie Herzprobleme noch ein erhöhtes Risiko für solche. Und sie nimmt auch keinerlei Medikamente regelmäßig ein.

Erbrechen, Herzklopfen und Benommenheit

Doch plötzlich geht es ihr extrem schlecht. Sie muss sich erbrechen, hat Herzklopfen und ist der Ohnmacht nahe. Zehn Stunden kämpft sie mit diesen Symptomen, ehe sie Hilfe in der Notaufnahme des King's College Hospital in London sucht. Zwei der Ärzte, Mathew Kurian Vithayathil und Matthew Edwards, berichten im Fachblatt "BMJ Case Reports" von ihrem Fall.

Die Mediziner überprüfen mithilfe eines Elektrokardiogramms (EKG) das Herz der Patientin, und tatsächlich zeigen sich dort klare Auffälligkeiten, unter anderem ist das sogenannte QT-Intervall verkürzt. Die Blutwerte sind dagegen normal: Ihr Elektrolythaushalt ist in Ordnung, die Entzündungsmarker nicht erhöht.

Beruhigender Tee aus Blättern der Beinwell-Pflanze

Am Abend zuvor habe sie erstmals einen Tee probiert, den ihr ein Freund gegen die Schlafstörungen empfohlen habe, erzählt die Frau. Er riet ihr zu Beinwell (Symphytum officinale), einer bekannten Heilpflanze, die jedoch eher äußerlich bei Verletzungen eingesetzt wird.

Die Frau schildert, sie habe sich einige Beinwell-Blätter auf einem Wochenmarkt gekauft und sich daraus zu Hause einen Tee gebrüht. Die Symptome setzten dann wenige Stunden später ein.

Die Ärzte wollen sich in einer nationalen toxikologischen Datenbank über Beinwell informieren, doch dort gibt es keinen Eintrag für die Pflanze. In einem anderen Online-Nachschlagewerk werden die Ärzte aber fündig: Dort gibt es einen Eintrag, der die Pflanze mit der Lebervenen-Verschlusskrankheit in Verbindung bringt. Doch die Symptome der Patientin passen überhaupt nicht zu diesem Leiden.

Berichte, in denen Beinwell im Zusammenhang mit Herzkrankheiten oder Herzrhythmusstörungen genannt wird, finden die Mediziner nicht.

Bildersuche im Internet führt zur Lösung

Dennoch halten die Ärzte den Tee weiterhin für die wahrscheinlichste Ursache. Sie führen deshalb ihre Recherche fort: mit einer Bildersuche im Internet. Dabei stellen sie fest, dass die Blätter des Beinwell denen einer giftigen Pflanze ähneln. Hat ihre Patientin auf dem Markt keine Beinwell-Blätter gekauft, sondern Fingerhut?

Erneut untersuchen die Ärzte das Blut der Frau und weisen erhöhte Digoxin-Werte nach - eine Substanz, die im Fingerhut vorkommt. Digoxin ist ein sogenanntes Herzglykosid. Unter anderem sorgt es dafür, dass sich das Herz kraftvoller zusammenzieht und langsamer schlägt.

Wegen ihrer starken Auswirkungen aufs Herz wurde die Substanz schon früh als Medikament eingesetzt. Allerdings ist die Grenze zur Vergiftung schnell überschritten, bei der die Symptome drohen, die auch die britische Patientin erlebt.

Antikörper retten der Frau das Leben

Nachdem die Ärzte wissen, was hinter den Beschwerden steckt, geben sie der Frau Antikörper, die im Blut ans Digoxin andocken und es unschädlich machen.

Infolge der Behandlung kehrt das Herz wieder in seinen gewohnten Rhythmus zurück. Nach fünf Tagen kann die Frau die Klinik verlassen, ihr Körper hat keinen bleibenden Schaden genommen.

Die Ärzte bitten die Patientin, dem Händler auf dem Wochenmarkt mitzuteilen, welche Verwechslung ihm unterlaufen ist. Außerdem empfehlen sie, dass Beinwell nun doch in die nationale toxikologische Datenbank aufgenommen wird - wegen der möglichen Verwechslung mit Fingerhut.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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