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Hospiz: Interview zur Arbeit im Hospiz


Interview zur Arbeit im Hospiz
"Viele ziehen noch mal Bilanz, wie ihr Leben war"

Ein Interview von Nina von der Bey

Aktualisiert am 07.03.2014Lesedauer: 4 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Sozialarbeiter, Pfleger und ehrenamtliche Helfer betreuen im Hospiz Sterbende.Vergrößern des Bildes
Sozialarbeiter, Pfleger und ehrenamtliche Helfer betreuen im Hospiz Sterbende. (Quelle: dpa-bilder)

In manchen Fällen kann die Medizin nicht mehr heilen. Der Patient erfährt, dass er bald sterben wird. Das Einzige, was er jetzt noch tun kann, ist die restliche Zeit so schmerzfrei wie möglich zu verbringen und Abschied zu nehmen. Viele gehen dann in ein Hospiz. Wie eine Umfrage ergab, möchte jeder Zweite zu Hause sterben, jeder Dritte würde in ein Hospiz gehen. Wie aber ist es, Menschen an den letzten Tagen ihres Lebens zu betreuen? Wir haben mit Franziska Opitz, Diplom-Sozialarbeiterin im Diakonie-Hospiz Wannsee, gesprochen.

Opitz arbeitet dort seit drei Jahren. In dem Hospiz werden 14 Gäste von circa 30 Mitarbeitern und 10 Ehrenamtlichen betreut. Mehr als 16 Menschen dürfen im Hospiz nicht aufgenommen werden, das ist gesetzlich vorgegeben. Die meisten der Gäste im Diakonie-Hospiz Wannsee leiden an Krebs.

Was ist Ihre Motivation für die Arbeit im Hospiz?

Ich war eine Zeit lang in der Krankenhausseelsorge tätig. Dort war ich auch mit Leben, Tod und Krankheit beschäftigt. Ich finde es interessant, mit Menschen auch am Lebensende zu tun zu haben. Vieles verdichtet sich da noch einmal. In diesem letzten Lebensabschnitt werden die Fragen und auch die Antworten existentieller.

Wie gehen Sie dann darauf ein?

Man ist mit den Patienten und den Angehörigen im Gespräch. Man versucht immer hinzuhören, was die Menschen bewegt. Manch einen bewegt eine ungeklärte Familiensituation und er oder sie wünscht sich, dass da noch manches geklärt werden kann. Andere haben Angst vor dem Sterben oder Angst vor Schmerzen. Bei anderen ist es die Angst vorm Alleinsein. Viele ziehen auch noch mal Bilanz, wie ihr Leben war.

Kann man den Menschen die Angst vorm Sterben nehmen?

Ja. Zum einen schon, da sie einfach wissen: Im Hospiz wird darauf geachtet, dass sie so schmerzfrei wie möglich sind. Zum anderen kann man viele Ängste auch im Gespräch mindern. Angst bleibt bedrohlich, wenn nicht darüber geredet werden kann. Sobald es die Möglichkeit des Redens gibt, nimmt meistens die Bedrohung der Angst ab. Das kennen wir ja auch aus dem Alltag bei uns.

Was sind für Sie positive Erlebnisse bei der Sterbebetreuung?

Wenn jemand versöhnt sein Leben beendet. Wenn er oder sie es mit allem, was nicht gerade gelaufen ist, mit allen Brüchen und Umbrüchen positiv abschließen und annehmen kann.

Was sind Dinge, die Ihnen schwer fallen?

Was mir besonders nahe geht ist, wenn es jüngere Patienten oder Mütter mit kleinen Kindern sind.

Was machen Sie dann?

Manchmal werden die Angehörigen schon im Vorfeld gut psychologisch betreut. Viele waren dann zum Beispiel schon in der Berliner Charité. Dort gibt es eine gute psychologische Betreuung für Kinder krebskranker Eltern. Sie haben meist bevor sie zu uns kamen, schon Hilfe erfahren. Ist dies nicht der Fall, rede ich mit den Angehörigen und wir schauen im konkreten Fall, was für Hilfen jetzt nötig sind.

Macht das manchmal nicht auch ratlos? Eigentlich ist es ja einfach ungerecht, wenn eine Mutter mit kleinen Kindern aus dem Leben gerissen wird.

Ich hatte mal eine Frau, die kam nicht mehr zu uns ins Hospiz, sondern ist schon im Krankenhaus gestorben. Sie hatte zwei kleine Kinder. Diese Frau hat den Begriff ungerecht nie benutzt. Die Frage des Warum lässt sich nicht beantworten. Trotzdem kann man mit den Menschen im Gespräch herausfinden, was jetzt ihre Nöte sind oder was sie den Kindern mitgeben möchten. Ob sie ihnen vielleicht noch mal einen Brief schreiben möchten. Solche Dinge kann man besprechen. Aber bei jedem Einzelnen muss individuell hingeschaut werden.

Wie ist das für Sie, wenn Menschen, die Sie gerade im Hospiz kennengelernt haben, nach kurzer Zeit schon sterben? Wie kommt man damit zurecht?

Ich schaffe es eigentlich ganz gut. Mir hilft der Glaube sehr und das Wissen, dass ich die Menschen Gott übergeben kann. Zudem glaube ich an ein Leben nach dem Tod. Das nimmt dem Tod auch etwas von seiner Bedrohlichkeit. Der Kontakt mit den Sterbenden erfüllt auch mein eigenes Leben. Mit jemandem darüber zu sprechen, was ihn am Ende des Lebens beschäftigt, ist eine Bereicherung. Das sind auch ganz wertvolle Gespräche.

Fällt es Ihnen schwer, nach dem Feierabend die Schicksale Ihrer Patienten hinter sich zu lassen?

Nein, eigentlich nicht. Wenn es mir mal nahe geht, dann formuliere ich meine Gedanken im Gebet. Zudem musiziere ich viel, das hilft mir auch. Und wir sind im Hospiz ein Team, in dem wir auch häufig miteinander sprechen. Das erleichtert auch viel. Ich bin da kein Einzelkämpfer.

Also schaffen Sie es, durch diese Strategien trotz dieser Arbeit näher am Leben als am Tod zu bleiben?

Ja. Wenn es anders wäre, könnte ich nicht im Hospiz arbeiten. Es ist eher umgekehrt, das würden auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter sagen: Durch den Umgang mit den sterbenden Menschen lernt man, bewusster zu leben.

Was würden Sie sich zukünftig für die Hospize wünschen?

Was es noch nicht gibt, ist eine Vergütung für die ambulante Trauerarbeit mit den Angehörigen, nachdem jemand gestorben ist. Viele werden dann noch von uns begleitet. Dieses basiert auf ehrenamtlicher Arbeit. Um mehr Angebote für Trauernde zu schaffen, braucht es Finanzierungsangebote.

Wie wird die Betreuung im Hospiz denn finanziert?

Das ist eine Mischfinanzierung von den Krankenkassen und der Pflegekasse. 90 Prozent der Kosten werden dadurch gedeckt. Der Rest finanziert sich durch Spenden in Form von Benefizkonzerten, Spendenaktionen und persönliche Spenden.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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