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Prostatakrebs: Warum Männer die Untersuchung beim Urologen fürchten


"Kein Mann bräuchte an Prostatakrebs sterben"

Von Andrea Goesch

Aktualisiert am 21.08.2023Lesedauer: 4 Min.
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Im Intimbereich möchte kein Mann gern von einem Arzt berührt werden. Dabei dauert das Abtasten beim Urologen nur sieben Sekunden.Vergrößern des Bildes
Im Intimbereich möchte kein Mann gern von einem Arzt berührt werden. Dabei dauert das Abtasten beim Urologen nur sieben Sekunden. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Wenn es darum geht, Ausreden zu erfinden, um sich vor der Krebsfrüherkennung zu drücken, können Männer äußerst kreativ sein. Dahinter stecken massive Ängste.

"Wenn man zu viel an Krankheiten denkt, bekommt man sie irgendwann auch", "der Arzt will doch nur mein Geld" oder "für so was fehlt mir einfach die Zeit": Wenn es darum geht, Ausreden zu erfinden, um sich vor der Krebsfrüherkennung beim Urologen zu drücken, können Männer äußerst kreativ sein. Dabei ist die Untersuchung ganz harmlos.

Ab dem 45. Lebensjahr können Männer eine Früherkennungsuntersuchung beim Urologen durchführen lassen. Sie dient dazu, Krebs im Bereich der äußeren Genitalien und Prostatakrebs in einem möglichst frühen Stadium erkennen und behandeln zu können. Dennoch nehmen nur 14 Prozent der Männer das Angebot der gesetzlichen Krankenkassen wahr.

Angst vor unangenehme Wahrheiten

Doch wie kommt es, dass sich das "starke" Geschlecht angesichts einer harmlosen Untersuchung so schwach zeigt? "Dahinter steckt die Angst vor unangenehmen Wahrheiten und die fehlende Bereitschaft, sich Schwäche einzugestehen", sagt Dr. Wolfgang Bühmann, Facharzt für Urologie und Wissenschaftlicher Schriftleiter des Berufsverbandes Deutscher Urologen. Daher entscheiden sich die meisten Männer für die Vogel-Strauß-Taktik und stecken den Kopf in den Sand.

Kein Mann bräuchte an Prostatakrebs sterben

Die Ursachen für dieses Verhalten haben laut Bühmann, der eine eigene Praxis auf Sylt betreibt, in einer falschen Erziehung ihren Ursprung. Schon im zarten Kindesalter werde Jungen ein Bild von Männlichkeit vermittelt, in dem Schwäche und Gebrechlichkeit keinen Platz haben. Die Fassade vom starken, unverwundbaren Kerl lässt sich viele Jahre aufrecht halten. Doch wenn Mann in die Jahre kommt, fängt sie an zu bröckeln.

Um das Bild vom starken Kerl aufrecht zu halten, verschenken Männer oft wertvolle Lebensjahre, warnt Bühmann. "Im Grunde genommen bräuchte heutzutage fast kein Mann mehr an Prostatakrebs zu sterben. Wenn der Tumor früh erkannt und behandelt wird, ist er kein Todesurteil." Das sollten sich Männer vor Augen halten.

"Die Angst vor dem Zeigefinger"

Doch mit rationalen Argumenten kommen Ärzte und fürsorgliche Ehefrauen, die ihren Mann vom Sinn der Krebsfrüherkennung überzeugen wollen, oft nicht weiter. Was bremst, ist falsches Schamgefühl: Ein Mann möchte einfach nicht vom Arzt im Intimbereich berührt werden.

"Die Angst vor dem Zeigefinger ist unbegründet", sagt Bühmann. Das rektale Abtasten dauert nämlich nicht länger als sieben Sekunden. Für die Krebsfrüherkennung ist die Tastuntersuchung nach wie vor unverzichtbar. Immerhin werden auf diese Weise 15 Prozent aller Prostata-Tumore entdeckt. Lassen Männer zusätzlich ihren PSA-Wert mittels einer Blutuntersuchung bestimmen, dauert die gesamte Krebsfrüherkennung nicht länger als zehn Minuten. "Dass ein Mann hierfür keine Zeit hat, ist schlichtweg eine faule Ausrede", sagt Bühmann.

Furcht vor einer Fehldiagnose ist unbegründet

Nicht nur falsches Schamgefühl hindert Männer daran, den Urologen aufzusuchen. Viele sind auch getrieben von der Angst vor Fehldiagnosen. Doch die Befürchtungen sind unbegründet. "In 32 Jahren kann ich mich an keinen einzigen Fall erinnern, bei dem ein Mann wegen eines bösartigen Tumors behandelt wurde, das er nicht hatte", sagt Bühmann.

Auch wenn die Werte des PSA-Tests erhöht seien, sei das noch lange kein Grund zur Panik. "Ein Messwert allein sagt noch nichts über das Krebsrisiko des Patienten aus", weiß der Urologe. "Es ist daher sinnvoll, einen Basiswert zu ermitteln und diesen in den kommenden Jahren mit weiteren Ergebnissen zu ergänzen."

Alles nur Geldmacherei?

Doch die ganze Logik hilft oft nichts. Denn wenn Mann sich drücken will, ist er sich nicht zu schade, fadenscheinige Gründe für sein Nichterscheinen beim Urologen aus dem Hut zu zaubern. Einer davon lautet: Der Arzt will doch nur an mir verdienen!

"Damit betrügen Männer sich selbst", sagt Bühmann. Schließlich hätten Männer ja auch kein Problem damit, über 300 Euro im Jahr für die Inspektion ihres Autos auszugeben. Von Zigaretten ganz zu schweigen. Da seien die 20 Euro für den PSA-Test, die Männer aus eigener Tasche zahlen müssen, doch ein Pappenstiel. Und in jedem Fall gut investiertes Geld für die eigene Gesundheit! Vor allem dann, wenn man sich vor Augen führt, dass durch den PSA-Test die Sterblichkeitsrate an Prostatakrebs in 30 Jahren um 30 Prozent gesunken ist.

Impotenz – die Urangst des Mannes

Nach einer Prostataoperation oder Bestrahlung können Potenzprobleme auftreten. Daher ist die Angst verständlich, dass bei einer urologischen Untersuchung ein Krebs festgestellt wird, der zur Folge hat, dass die Vorsteherdrüse samt umliegendem Gewebe entfernt oder bestrahlt werden muss. "Doch was wäre die Alternative?", fragt Bühmann. "Wenn der Krebs nicht entfernt wird und sich Knochenmetastasen bilden, werden die Männer auch keinen Spaß mehr am Sex haben."

Außerdem sollte man bei dem ganzen Gerede um die Potenz eines bedenken: "Bei Männern über 65 gibt es kaum einen, der ohnehin nicht unter Potenzstörungen leidet, auch wenn er keinen Krebs hat." Doch diesen natürlichen Abbau-Prozess können viele nicht akzeptieren. Die Angst, ein "minderwertiger Mann" zu sein, steckt tief. Und ist zudem ein Tabu-Thema.

Offener Dialog statt Scheinargumente

Drei Jahre dauere es im Durchschnitt, bis ein Mann mit Potenzproblemen einen Urologen aufsuche, sagt Bühmann. Dabei gibt es eine Vielzahl medizinischer Möglichkeiten, Männern mit Erektionsstörungen oder Libidoproblemen zu helfen. Zudem wüssten viele Männer gar nicht, welche sexuellen Bedürfnisse Frauen tatsächlich hätten. "Sie brauchen keinen Penis, um einen Orgasmus zu erleben", sagt Bühmann. Es gebe auch Alternativen, um gemeinsam zu einem erfüllten Sexualleben zu kommen.

Daher ist es wichtig, dass Männer offen mit ihrer Partnerin reden statt zu schweigen oder sich hinter Scheinargumenten zu verstecken. "Ängste lassen sich nur abbauen, indem ich mitten reinspringe und versuche, das Problem zu lösen", sagt Bühmann. Und das funktioniert nur über einen offenen Dialog.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview
  • Patienteninforationen nicht nur für Männer. Online-Inforationen des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (Stand: 06.03.2022)
  • Prostata-Vorsorge und Früherkennung von Prostatakrebs, Online-Informationen der Prostatahilfe Deutschland e.V. (Stand: 06.03.2022)
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