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Türkei: Die Demokratie stirbt - es lebe der Sultan


Erdogan greift nach Alleinherrschaft
Die Demokratie in der Türkei stirbt - es lebe der Sultan

t-online, Özkan Canel Altintop

21.01.2017Lesedauer: 2 Min.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf dem Weg zur Alleinherrschaft.Vergrößern des BildesDer türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf dem Weg zur Alleinherrschaft. (Quelle: AFP-bilder)
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Ein Kommentar von Özkan Canel Altintop

Am 15. Juli 2016 stellte sich das türkische Volk gegen den Militärputsch und verteidigt die Demokratie. Heute wird klar: Sie verteidigte nicht die Demokratie, sondern den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.


Direkt nach dem Putschversuch nannte Erdogan den Staatsstreich "Gottes Geschenk". Spätestens jetzt wird deutlich, warum. In der Nacht winkte das Parlament Erdogans Präsidialsystem durch.

Die türkische Regierung rief nach dem Putschversuch auf seine Anweisung den Ausnahmezustand aus. Seitdem regiert er das Land per Dekret und baut sich eine neue Türkei. Hunderttausende Beamte, Richter, Hochschulprofessoren und Lehrer sind entlassen. Ihnen wird vorgeworfen, Verbindungen zu Erdogans Erzfeind und einstigem Freund Fethullah Gülen zu haben. Erdogan macht den Prediger für den Umsturzversuch verantwortlich.

Er besetzt die Stellen ausschließlich mit AKP-Getreuen – und seine Partei dankt ihm. Die Regierungspartei wandelt die Türkei mit Hilfe der Ultranationalisten (MHP) derzeit zu einem Präsidialsystem um. Damit legt sie alle Macht in die Hände Erdogans.

Künftig kann er das Land nach gutdünken regieren. Er kann Richter ernennen, sie entlassen, er kann das Parlament auflösen und er kann den Ausnahmezustand ausrufen. Die Kontrolle durch das Parlament wäre de facto aufgehoben. Theoretisch könnte Erdogan sogar bis zum Jahr 2035 regieren.

Gesellschaft ist gespaltener denn je

Der Systemwechsel soll vom Volk in einem Referendum bestätigt werden. Wahlen sollen laut Plan im Jahr 2019 stattfinden. "Dieses Volk wird keinen Selbstmord begehen", sagte der Chef der türkischen Anwaltskammer Metin Feyzioğlu heute.

Allerdings ist das Volk gespaltener denn je - Türke oder Kurde, Laizist oder Islamist, Erdogan oder Gülen. Täglich wird ein Keil zwischen die Menschen getrieben. "Postfaktisch“ wird in Ankara schon seit Jahren gelebt.

Zudem stehen die Menschen unter starkem Druck. Die "Säuberungen" sollen zeigen, dass es jeden im Land treffen kann, der sich kritisch gegenüber Erdogan äußert. Einen Bäcker, einen Touristen und sogar Menschen im Ausland sind nicht mehr sicher vor Willkür.

Die prokurdische Partei (HDP) existiert faktisch nicht mehr. Ihre Führer sitzen im Gefängnis. Liberale Schriftsteller und Journalisten wurden ebenfalls weggesperrt. Die Opposition ist schwach. Das Referendum ist damit für einen Populisten wie Erdogan keine Herausforderung mehr.

Der von ihm verordnete Ausnahmezustand wird dann zum ständigen "Ausnahmezustand“. Das Land wird künftig von Islamischen und ultranationalistischen Kräften regiert. Die Demokratie ist tot, es lebe der Sultan.

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