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In Deutschland beschimpft: Dogan Akhanli fürchtet den langen Arm der Türkei


Dogan Akhanli fürchtet den langen Arm der Türkei

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 20.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Dogan Akhanli wird in Düsseldorf auf dem Flughafen von seinem Anwalt Illias Uyar festgehalten, nachdem er auf Türkisch beschimpft wurde.Vergrößern des BildesDogan Akhanli wird in Düsseldorf auf dem Flughafen von seinem Anwalt Illias Uyar festgehalten, nachdem er auf Türkisch beschimpft wurde. (Quelle: dpa-bilder)
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Zwei Monate bangen Wartens in Spanien hat der Autor Dogan Akhanli überstanden, doch auch in Deutschland fühlt er sich nun nicht mehr sicher. Ein Vorfall auf dem Düsseldorfer Flughafen hat ihn aus dem Gleichgewicht gebracht.

Es ist eine unschöne Szene, die sich auf dem Düsseldorfer Flughafen abspielt: Gerade erst hat Dogan Akhanli die Ankunftshalle betreten, Familie und Freunde umarmt, da ruft ihm ein unbekannter Mann - augenscheinlich ein wartender Fahrer - etwas auf Türkisch zu, beschimpft ihn als "Vaterlandsverräter". Es gibt einen erregten Wortwechsel, Anwalt Ilias Uyar zieht Akhanli schließlich weg. So hat sich der türkischstämmige Autor seine lang ersehnte Heimkehr nach Deutschland nicht vorgestellt.

Noch einen Tag später wirkt der schmale, nachdenkliche Mann angeschlagen. Es sei nicht das lange Warten auf die Entscheidung der spanischen Regierung, das ihn zermürbt habe, sagt er im Rathaus von Köln. Schließlich hätten ihm viele Menschen zur Seite gestanden, deutsche Freunde, aber auch andere. "Ich bin als fröhlicher, stolzer Schriftsteller wieder zurückgekehrt. Und plötzlich passiert sowas." Der Mann im Flughafengebäude habe ihm zugerufen, dass er sich auch in Deutschland nicht sicher fühlen könne.

"Gefährlich und bewaffnet"

Eigentlich wollte Akhanli im August nur eine Woche lang mit seiner Partnerin Perihan durch Andalusien reisen. Aber in Granada stand plötzlich die Polizei vor ihm. Grund war eine Fahndung über Interpol: "Gefährlich, bewaffnet und flüchtig" - so wurde der 60 Jahre alte Autor beschrieben. Dahinter stand ein Auslieferungsersuchen der Türkei. Einen Tag nach seiner Festnahme kam er zwar unter Auflagen frei, durfte aber nicht aus Spanien ausreisen.

Das sei ein "Unding", kritisiert Akhanlis Kölner Freund Günter Wallraff im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Dass die Behörden so willfährig Erdogans Verlangen nachkommen und einen kritischen Autor fast zwei Monate lang festhalten, kann ich nur als beschämend bezeichnen." Spanien habe einiges aufzuarbeiten. "Der Hauptverantwortliche scheint allerdings Interpol zu sein - die machen sich zum verlängerten Arm von Erdogan."

Wallraff sieht auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in der Pflicht: "Er müsste klären, welche deutschen Staatsbürger noch auf dieser Fahndungsliste stehen, und die Betroffenen warnen." Dies gelte umso mehr, da in der Ukraine schon wieder ein deutscher Staatsbürger wegen seiner Kritik an der Türkei festgehalten werde. Für Wallraff steht fest: "Der wahre Grund für die Verfolgung von Dogan Akhanli ist seine literarische Auseinandersetzung mit dem Genozid an den Armeniern."

Leben mit Personenschutz

Auch Akhanlis Anwalt Ilias Uyar wirft den deutschen Behörden vor, den Schriftsteller nicht rechtzeitig über die Auslieferungsbemühungen der Türkei informiert zu haben: "Das ist ein großes Versäumnis." Dies gelte umso mehr, da Akhanli deutscher Staatsbürger sei. Es sei verwunderlich, dass EU-Staaten noch immer juristisch mit der Türkei zusammenarbeiteten.

"Die Türkei ist kein Rechtsstaat. Es gibt keine unabhängige Justiz in der Türkei", betont Uyar. Richter und Staatsanwälte schauten auf das, was Präsident Recep Tayyip Erdogan von ihnen erwarte. Seine Forderung: "Die europäischen Staaten müssen die Haftbefehle aussetzen oder nicht vollstrecken."

Akhanli ist nun erst einmal froh, wieder in der Stadt zu sein, die er schon seit vielen Jahren als seine Heimat bezeichnet. Aber restlos sicher fühlt er sich auch in Köln nicht - er habe jetzt Personenschutz bekommen, bestätigt er. Dann lächelt er, und es klingt, als wolle er sich selbst Mut machen: "Ich glaube, ab morgen bin ich ganz normal."

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