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Spur des Anschlags auf Skripal führt fast sicher nach Moskau


Vergifteter Ex-Spion
Die Spur des Anschlags führt fast sicher nach Moskau

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

15.03.2018Lesedauer: 3 Min.
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Polizeiermittler am Tatort in Salisbury: Nach der Nervengift-Attacke auf Sergej Skripal deutet darauf hin, dass Russland die Fäden zog.Vergrößern des Bildes
Polizeiermittler am Tatort in Salisbury: Nach der Nervengift-Attacke auf Sergej Skripal deutet alles darauf hin, dass Russland die Fäden zog. (Quelle: Andrew Matthews/dpa-bilder)

Der Nervengift-Anschlag auf den Ex-Spion Sergej Skripal löst eine internationale Krise aus. Großbritannien macht Russland verantwortlich. Zwei Experten schildern die Indizienlage.

Nach dem Attentat auf den russischen Ex-Spion Sergei Skripal und seine Tochter im britischen Salisbury steuern die internationalen Beziehungen einem historischen Tiefpunkt entgegen. Die britische Regierung macht Russland verantwortlich für den Anschlag. Die Verbündeten schließen sich an. Moskau dementiert. Zwei Experten erklären im Gespräch mit t-online.de, warum die Spur auf Grundlage der öffentlich verfügbaren Informationen fast sicher nach Moskau führt.

Die Experten

Professor Mark Galeotti ist der Vorsitzende des Zentrums für Europäische Sicherheit am Institut für Internationale Beziehungen in Prag. Als Historiker hat er an der New York University zu organisierter Kriminalität und russischer Sicherheitspolitik gelehrt.

Dr. Andreas Umland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Euro-Atlantische Kooperation Kiew sowie Herausgeber der Buchreihe "Soviet and Post-Soviet Politics and Society" beim ibidem-Verlag Stuttgart.

Was spricht für Russland hinter dem Anschlag?

Drei Anhaltspunkte sprechen aus Sicht der beiden Experten für Russland als Drahtzieher des Gift-Anschlags auf den Ex-Spion Skripal und seine Tochter.

Die Parallelen zum Fall Litwinenko: Vor mehr als zehn Jahren vergifteten zwei russische Attentäter den ehemaligen KGB-Agenten Alexander Litwinenko in London. Sie wurden nie nach Großbritannien ausgeliefert und halten sich weiterhin unbehelligt in Russland auf – einer ist nun Abgeordneter im russischen Parlament. Sowohl Umland als auch Galeotti ziehen den Fall Litwinenko als Präzedenzfall für einen höchstwahrscheinlich vom russischen Staat angeordneten Mord heran.

Die Motivlage: Russland hat entgegen oft vorgebrachter Behauptungen ein Interesse an dem Anschlag – vor allem ein innenpolitisches. "Spektakuläre, skrupellose Morde wie diese senden ein Signal an die eigenen Mitarbeiter: Überläufer sind nirgends auf der Welt sicher – auch Jahre später nicht", sagt Umland. So solle die Disziplin im eigenen System aufrecht erhalten werden. Mögliche Sanktionen gegen Russland könnten sogar noch über die staatlich kontrollierten Medien propagandistisch als "anti-russische Kampagne" dargestellt werden.

Auch Galeotti hält die "Inszenierung des Mordes" für ein wichtiges Indiz. "Nervengift ist nicht der effizienteste Weg zu töten", sagt Galeotti. Hier solle eine Botschaft gesendet werden. Möglicherweise habe der Kreml angenommen, Skripal habe weiter mit Geheimdiensten kooperiert – das könne ihn zum Ziel gemacht haben. "Egal ob Moskau damit richtig lag oder nicht."

Die Herkunft des Nervengifts: "Novichok" wurde in Russland entwickelt und ist von anderen Staaten nicht reproduziert worden. Allenfalls Nordkorea und der Iran könnten ebenfalls über das Gift verfügen. Ihnen fehlt allerdings das Motiv für den Anschlag. "Russland ist der einzige Akteur, der die Mittel, das Motiv und die Möglichkeit für den Mord hatte", sagt Galeotti. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die russische Regierung die Kontrolle über Novichok-Bestände verloren hat (...) ist minimal."

Der Forscher hat bereits zuvor für die wissenschaftliche Methode namens "Ockhams Rasiermesser" plädiert: Von mehreren möglichen Erklärungen, ist die einfachste Theorie vorzuziehen. Unnötige, weil abwegige Annahmen – beispielsweise, dass der Iran hinter dem Anschlag steckt – können so aussortiert werden. "Da sollte man sich auf seinen Alltagsverstand verlassen." Umland pflichtet bei.

War Putin der Auftraggeber des Mordversuchs?

Wenn Russland hinter dem Anschlag steckt – ist auch Putin persönlich für die Mordversuche verantwortlich? Oder sind andere Fraktionen und Interessengruppen innerhalb des russischen Sicherheitsapparats als Urheber des Komplotts denkbar? Galeotti und Umland halten Putins Zustimmung zum Attentat für äußerst wahrscheinlich. Denn für eine solche Aktion komme eigentlich nur der Geheimdienst FSB infrage, der als Nachfolger des KGB im Morden geübt sei.

"Es ist möglich, dass der FSB autonom agiert – dann gäbe es aber immerhin einen Freiraum für solche Morde, der vom Kreml eingeräumt wird", sagt Umland. Eigeninitiative sei bei solch spektakulären Aktionen äußerst riskant für die Täter. Sie würden sich offensiv gegen die russische Führung stellen – sollte die Aktion Putins Interessen zuwider laufen.

Auch Mark Galeotti schreibt in einem Stück für den britischen "Telegraph": "Wenn der FSB tötet, dann auf Order Moskaus." Im Gespräch mit t-online.de sagt er: "Wenn Russland für den Mord verantwortlich ist, dann hat Putin ihn angeordnet." Kriminelle oder konkurrierende Fraktionen innerhalb der Sicherheitsdienste "würden das nicht ohne die Zustimmung des Kremls tun". Es handele sich also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen vom russischen Staat angeordneten Mord.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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