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Offensichtliche Hinrichtung entzweit Israel


"Er verdient es zu sterben"
Offensichtliche Hinrichtung entzweit Israel

afp, Clemens Wortmann

28.03.2016Lesedauer: 2 Min.
Eine schwarze Folie bedeckt die Leiche des erschossenen Palästinensers.Vergrößern des BildesEine schwarze Folie bedeckt die Leiche des erschossenen Palästinensers. (Quelle: AFP-bilder)
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Die offensichtliche Hinrichtung eines palästinensischen Attentäters durch einen Soldaten hat in Israel heftige Kontroversen bis in die Regierung ausgelöst. Regierungschef Benjamin Netanjahu lässt sich von rechten Protesten beeindrucken. Armeeführung und Bürgerrechtler verurteilten dagegen die Tat des Soldaten scharf.

Amateuraufnahmen des Vorfalls vom Donnerstag in Hebron zeigen, wie ein 21-jähriger Palästinenser, der zuvor mit einem Komplizen einen Soldaten attackiert und verletzt hatte, ebenfalls verletzt und handlungsunfähig auf der Straße liegt. Elf Minuten nach der Messerattacke schießt ihm ein hinzugekommener Militärsanitäter ohne ersichtlichen Grund in den Kopf.

Die Militärjustiz ermittelt gegen den 19-Jährigen wegen Mordverdachts, rechtsradikale Politiker fordern hingegen seine Freilassung.

Netanjahu rudert zurück

Netanjahu, der kurz nach dem Vorfall noch selbst von einem klaren Verstoß gegen die Einsatzregeln gesprochen hatte, ruderte angesichts der rechten Proteste inzwischen zurück: "Jegliches Anzweifeln der Moral unserer Armee ist empörend und inakzeptabel", sagte er am Sonntag zu Beginn einer Kabinettssitzung.

Der Todesschütze war noch am Tatort festgenommen worden; seine Untersuchungshaft wurde am Wochenende bis mindestens Freitag verlängert. Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon und Generalstabschef Gadi Eisenkot sicherten zu, der Fall werde "mit äußerster Strenge" untersucht.

Das rief rechtsradikale Politiker auf den Plan, die den Beschuldigten in Schutz nahmen. Zu ihnen zählte Bildungsminister Naftali Bennett. Der Chef der Siedlerpartei Jüdisches Heim lieferte sich in der Kabinettssitzung einen lauten Wortwechsel mit Netanjahu und anderen Ministern. Diese warfen ihm wiederum vor, den Vorfall innenpolitisch ausschlachten zu wollen, wie israelische Medien unter Berufung auf Teilnehmer berichteten.

Bennett übernahm die Verteidigungslinie der Anwälte des Schützen. Demnach habe dieser geglaubt, der angeschossene Attentäter habe vielleicht einen Sprengstoffgürtel getragen. "Er ist kein Mörder. Wir sind im Krieg, einem Krieg gegen brutalen Terror", schrieb Bennett auf seiner Facebookseite.

Die ersten Ermittlungsergebnisse ergaben allerdings, dass ein Truppführer den Verletzten bereits untersucht hatte und klar war, dass dieser ungefährlich war. Andere Soldaten und ein Kommandeur sagten zudem laut israelischem Armeeradio aus, der Schütze habe vor und nach der Tat erklärt, "der Terrorist verdient es, zu sterben".

Zehntausende fordern Helden-Medaille für Todesschützen

Rund um das Verteidigungsministerium in Tel Aviv tauchten am Wochenende hunderte Plakate auf, die den Rücktritt von Generalstabschef Eisenkot forderten, der Jaalon und Netanjahu gleich mitnehmen solle. Mehr als 50.000 Israelis unterschrieben bis Montagmittag eine Petition im Internet, in der eine Helden-Medaille für den Soldaten gefordert wurde, der ohne weitere Ermittlungen freigelassen werden müsse.

Eine Umfrage unter jüdischen Israelis im Auftrag des Privatsenders Kanal Zwei ergab, dass 57 Prozent aller Befragten die Ermittlungen gegen den Todesschützen ablehnten; 32 Prozent unterstützten sie. Das Verhalten des Soldaten hielten 42 Prozent für verantwortungsvoll; 24 Prozent entschuldigten den Todesschuss mit Einsatzstress, 19 Prozent konstatierten einen Verstoß gegen die Einsatzregeln und nur fünf Prozent beurteilten die Tat als Mord.

In den vergangenen sechs Monaten haben Palästinenser mehr als 300 Anschläge auf Israelis verübt, zumeist mit Stichwaffen. Zahlreiche Angreifer wurden am Tatort erschossen. In mehr als einem Dutzend Fällen wurde den israelischen Sicherheitskräften eine unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegen bereits kampfunfähige Palästinenser vorgeworfen. Sofern Untersuchungen eingeleitet wurden, führten sie bislang zu keinen offiziellen Beschuldigungen wegen Fehlverhaltens.

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