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Migration: Monsun verschärft Rohingya-Flüchtlingskrise in Bangladesch


Bangladesch
Monsun bedroht Hunderttausende Rohingya

dpa, afp, t-online.de

Aktualisiert am 18.09.2017Lesedauer: 4 Min.
Nach UN-Angaben sind seit Ende August rund 400.000 Muslime aus Myanmar/Burma in den Süden des Nachbarlands Bangladesch geflüchtet. Die Flüchtlingslager dort sind überfüllt.Vergrößern des BildesNach UN-Angaben sind seit Ende August rund 400.000 Muslime aus Myanmar/Burma in den Süden des Nachbarlands Bangladesch geflüchtet. Die Flüchtlingslager dort sind überfüllt. (Quelle: Km Asad/ZUMA Wire/dpa-bilder)
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Monsunregen könnte die humanitäre Krise in Bangladesch verschärfen. Das Wetterbüro des südostasiatischen Landes warnte vor stürmischem Wetter im Süden um Cox's Bazar. Dorthin sind mehr als 410.000 Menschen geflüchtet, die aus Myanmar kommen und der muslimischen

Die Flüchtlingslager in Cox' Bazar sind voll, es mangelt an Zelten, viele Rohingya schlafen im Freien. Von Juni bis Oktober dauert in Bangladesch die Monsunzeit, in den vergangenen Tagen hat es viel geregnet. Bereits vor der Massenflucht aus Myanmar (früher: Birma/Burma) lebten nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) rund 400.000 der Vertriebenen im mehrheitlich muslimischen Bangladesch. Die Regierung des Landes kündigte neue Lager an. Fertiggestellt wurden sie nicht.

Die bangladeschische Polizei verbot den Geflüchteten, jene Gebiete in Cox's Bazar zu verlassen, die für sie vorgesehenen sind. Am Montag gab Polizeichef Shahidul Hoque in der Hauptstadt Dhaka die Festnahme von 200 Rohingya bekannt, die außerhalb dieser Gebiete gewesen seien. "Es war zu ihrem eigenen Wohl", sagte Hoque. Die Festgenommene würden in provisorische Camps nach Ukhiya und Teknaf geschickt, wo die Regierung den Bau neuer Lager plane.

Die Rohingya müssten in den Flüchtlingslagern bleiben, bis sie in ihr Heimatland Myanmar zurückkehren würden, teilte die Regierung Bangladeschs mit. Die Geflüchteten dürften nicht reisen, nicht bei Freunden oder Verwandten unterkommen. Bangladeschs Regierung rief die Bevölkerung auf, die Schutzsuchenden nicht bei sich aufzunehmen oder irgendwo hinzufahren.

Indiens Regierung spricht von Terrorgefahr

Am 25. August hatten Rohingya-Rebellen in Myanmars Bundesstaat Rakhine mehrere Polizeiposten und Militärposten angegriffen. Die Armee reagierte nach eigenen Angaben mit einer "Räumungsoperation". Vertriebene Menschen erzählten, Soldaten und Selbstjustiz-Mobs hätten Dörfer niedergebrannt, wahllos Menschen erschossen. Menschenrechtsorganisationen warfen der Regierung von Myanmar eine "ethnische Säuberung" vor.

Bis zu 40.000 Rohingya waren im Jahr 2012 vor Verfolgung durch die buddhistische Mehrheit aus Myanmar über Bangladesch ins davon westliche Indien geflohen. Die indische Regierung will die 40.000 Rohingya abschieben - und hat die geplante Abschiebung der Menschen mit Terrorgefahr begründet.

Zwei Geflüchtete verklagen den Staat

Indiens Regierung erklärte sich schriftlich dem Obersten Gericht in der Hauptstadt Neu Delhi, schrieb: Viele der Rohingya hätten eine Rolle gespielt bei den "mutmaßlichen finsteren Plänen" extremistischer Gruppen wie dem pakistanischen Militärgeheimdienst ISI und der Terrormiliz "Islamischer Staat".

Vor dem Obersten Gericht Indiens fand am Montag eine Verhandlung mit zwei Rohingya statt. Sie klagen gegen die Abschiebepläne der Regierung. Argument: Die Abschiebung der Rohingya-Minderheit, die in ihrer Heimat verfolgt wird, verstoße gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung, der im Völkerrecht verankert ist. Demnach dürfen Staaten Asylsuchende nicht in ein Land zurückschicken, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen.

Schutz für Flüchtlinge? Gilt nicht in Indien

Dieser Grundsatz gelte nicht für Indien, teilte die Regierung mit. Indien sei der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 nie beigetreten. Die Rohingya seien illegale Einwanderer. Manche würden eine ernste Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellen, behauptete die indische Regierung.

Die Rohingya in Indien leben in der Regel seit mehreren Jahren dort. Beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind rund 16.500 von ihnen als Flüchtlinge registriert. Die Rohingya sind staatenlos, seit ihnen das damalige Birma 1982 die Staatsbürgerschaft entzog.

Deutsche Regierung hilft

Die deutsche Bundesregierung trägt 60 Millionen Euro zum Nothilfefonds der Vereinten Nationen bei. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin mit. Es sei "Hauptaugenmerk, eine noch größere Ausbreitung der humanitären Notlage, die wirklich himmelschreiend auf beiden Seiten der Grenze ist, zu verhindern". Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" rief die Regierung von Myanmar dazu auf, Helfer in den Bundesstaat Rakhine hineinzulassen.

In Dhaka demonstrierten am Montag Tausende Anhänger der islamistischen Organisation "Hefazat-e-Islam Bangladesh" für einen eigenen Staat für die muslimische Minderheit der Rohingya. Die Unabhängigkeit von Rakhine als Staat für Muslime sei die einzige Lösung der Krise, sagte ein Anführer der Gruppe, Noor Hossain Kasemi.

Menschenrechtler kritisieren "erbärmliches Versagen" der UN

Vor Beginn der UN-Vollversammlung in New York am Dienstag erklärte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einer Mitteilung, die dort erwarteten Regierungschefs und Staatsoberhäupter sollten sich für ihr "erbärmliches Versagen" schämen. Sie hätten ein Jahr nach dem Flüchtlingsgipfel bei der bislang letzten Generalversammlung ihre Versprechen nicht gehalten, mehr Flüchtlinge aufzunehmen und in vielen Teilen der Welt die Rechte von Flüchtlingen aktiv abgebaut.

"Die schreckliche Situation in Myanmar zeigt genau, warum wir mehr als nur einen Heftpflaster-Ansatz brauchen, um denjenigen zu helfen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten", sagte Amnesty-Chef Salil Shetty. Zuvor hatte die Organisation angegeben, ihr lägen Beweise für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Myanmar vor.

"Humanitäre Notlage, die zum Himmel schreit"

Internationale Beobachter haben wiederholt das Schweigen von Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi kritisiert. Er würde erwarten, dass die Staatschefin die Gewalt unter Kontrolle bringen könnte und in der Lage wäre, die Situation zu entschärfen, sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Sonntag dem britischen Sender BBC. "Sie hat eine Chance, eine letzte Chance, dies zu tun." Suu Kyi hatte ihre Teilnahme an der Vollversammlung abgesagt und eine Fernsehansprache an die Nation am Dienstag angekündigt.

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Beobachter weisen darauf hin, dass vor allem Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing unter Druck gesetzt werden müsse. Wenige Jahre nach dem Ende der Diktatur im früheren Birma hat das Militär im Parlament ein Viertel der Mandate unter seiner Kontrolle, ebenso das Innen- und das Verteidigungsministerium. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch rief am Montag zu neuen Sanktionen und einem Waffenembargo gegen das Militär von Myanmar auf.

Elefanten trampeln zwei Rohingya tot

"Die einzige Person mit der Macht, das Schießen, Niederbrennen und Töten der Soldaten zu stoppen, ist der Oberbefehlshaber, General Min Aung Hlaing", sagte der britische Menschenrechtsaktivist und Myanmar-Experte Benedict Rogers der Deutschen Presse Agentur. "Es ist an der Zeit, dass die Aufmerksamkeit und der Druck der Welt auf ihn gerichtet werden."

Derweil sind in der Nacht auf Montag zwei Menschen in einem provisorischen Rohingya-Flüchtlingslager getötet worden. Eine Horde Elefanten war durch das Camp in Cox's Bazar gezogen. Beim Angriff seien ein Kind (2) und ein Mann (55) ums Leben gekommen, teilte die Polizei mit.

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