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Chemiewaffen in Syrien: Experten erwarten "noch härteren Schlag" gegen Assad


Mutmaßliche C-Waffen-Attacke
Experten erwarten "noch härteren Schlag" gegen Assad


09.04.2018Lesedauer: 4 Min.
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7. April 2017: Vom Zerstörer USS Porter startet ein Marschflugkörper, der den Luftwaffenstützpunkt Schayrat in Syrien zum Ziel hat.Vergrößern des Bildes
7. April 2017: Vom Zerstörer USS Porter startet ein Marschflugkörper, der den Luftwaffenstützpunkt Schayrat in Syrien zum Ziel hat. (Quelle: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 3rd Class Ford Williams/reuters)

Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien werden die Drohgebärden des Westens gegen das Assad-Regime und Russland immer lauter. Experten halten eine baldige, deutliche Antwort für möglich.

Wieder werden im Syrien-Konflikt rote Linien überschritten. Wieder setzt das Assad-Regime offenbar Giftgas gegen Zivilisten ein. Und wieder kündigen die westlichen Alliierten eine umfassende Reaktion an. In der Nacht greifen offenbar israelische Kampfjets eine syrische Luftwaffenbasis an. US-Präsident Donald Trump droht Damaskus und auch Moskau mit Vergeltung. Experten schließen einen baldigen Schlag des Westens derweil nicht aus.

Für die Atlantik-Partner ist die Frage der Schuld für den möglichen Giftgaseinsatz in Duma, bei dem mehr als 150 Menschen ums Leben kamen, geklärt. Die Bundesregierung erklärte am Montag, die Umstände deuteten "auf die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes hin". US-Präsident Trump und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron kündigten am Sonntag nach einem Telefonat an, die syrische Führung zur Verantwortung zu ziehen. "Sie haben sich darauf verständigt, Informationen zur Art der Attacke auszutauschen und eine starke, gemeinsame Reaktion zu koordinieren", hieß es aus dem Weißen Haus.

Trump drohte auf Twitter, das "Tier Assad" werde einen hohen Preis zahlen. Macron verurteilte "die Chemiewaffenangriffe gegen die Bevölkerung von Duma" auf das Schärfste. In der Vergangenheit hatte er mehrfach gewarnt, Frankreich werde zuschlagen, sollten syrische Regierungstruppen mit C-Waffen Zivilisten töten. Am Montagnachmittag (Ortszeit) befasst sich der UN-Sicherheitsrat in New York mit dem Vorfall. Paris, ständiges Mitglied in dem Gremium, hat die Dringlichkeitssitzung beantragt.

Sicherheitsratsbeschluss nahezu undenkbar

Dass die Staaten dort zu einer gemeinsamen Position kommen, halten Experten indes für ausgeschlossen. "Der Sicherheitsrat könnte handeln, wenn eine Resolutionsentwurf vorliegt, dem neun der 15 Mitglieder zustimmen unter der Bedingung, dass keines der fünf ständigen Mitglieder ein Veto einlegt", sagt Dustin Dehez, Politikberater und Experte für internationale Sicherheitspolitik beim Thinktank Manatee Global Advisors. Doch Veto-Länder wie Russland und die USA sind selbst tief in den Konflikt involviert – auf unterschiedlichen Seiten. Dehez hält deshalb eine Einigung für nahezu undenkbar.

Möglich erscheint deshalb, dass die USA und Frankreich auf eigene Faust zuschlagen. Am Montag wollte US-Präsident Trump mit Pentagonspitzen bei einem Abendessen das weitere Vorgehen beraten. Staatschef Macron sprach in der Vergangenheit mit Blick auf Chemiewaffenangriffe in Syrien von einer "roten Linie", auf die Frankreich mit einem Militäreinsatz antworten könne.

Doch von "roten Linien" war im Syrien-Konflikt schon öfter die Rede. Trumps Amtsvorgänger Barack Obama zog sie, sah nach dem Giftgasangriff mit bis zu 1400 Toten nahe der Hauptstadt Damaskus im August 2013 dennoch von einem Militäreinsatz ab. Stattdessen ließ er sich auf den russischen Vorschlag ein, das syrische Chemiewaffenarsenal außer Landes zu bringen und vernichten zu lassen.

Dennoch gingen die Giftgasattacken weiter. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr fielen Bomben mit Sarin oder einem Sarin-ähnlichen Kampfstoff auf die Ortschaft Chan Scheichun. Fast 90 Menschen starben damals bei der Attacke in der Rebellenprovinz Idlib. Die Opfer zeigten Symptome wie Krämpfe, Schaum vor dem Mund und verengte Pupillen. Moskau und Damaskus aber wiesen jegliche Verantwortung zurück.

Trump ordnete begrenzten Schlag gegen Syrien an

Als Reaktion darauf ließ US-Präsident Trump Marschflugkörper auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt Schayrat feuern. Die Schäden hielten sich in Grenzen, auch wenn einige syrische Soldaten ums Leben kamen. Politikberater Dehez glaubt, dass die Antwort diesmal heftiger ausfallen könnte. Gerade weil die erneute Überschreitung der roten Linie besonders dreist sei, "muss eigentlich ein noch härterer Schlag geführt werden. Das wäre auch mit der politischen Unterstützung Frankreichs einfacher. Da sich die USA im vergangenen Jahr bemüht hatten, den Schlag zu begrenzen, ist es gut möglich, dass mehrere Ziele angegriffen werden."

Christian Tuschhoff, Experte für internationale Sicherheitspolitik von der FU Berlin, hält noch mehrere Szenarien für möglich. "Obwohl noch nicht ganz sicher ist, wer welche rote Linie überschritten hat: Trump und Macron haben sich wohl aufgrund ihrer Informationen festgelegt. Es kann nun sein, dass sie es bei Drohungen belassen oder doch eine massive militärische Antwort geben", sagte Tuschhoff zu t-online.de. "Meines Erachtens wird es etwas dazwischen sein. Denkbar ist auch, dass Rebellengruppen vom Westen Unterstützung in Form von Waffen erhalten, um Assads Vormarsch zu stören."

Trump jedenfalls drückt in der Frage aufs Tempo. "Wahrscheinlich noch vor Ende des Tages", spätestens aber nach 48 Stunden werde seine Regierung über eine Antwort auf die mutmaßliche Giftattacke in Syrien entscheiden, erklärte der US-Präsident in Washington. Ausschließlich schloss er auch Kreml-Chef Wladimir Putin in die Warnungen ein. Auf die Frage eines Journalisten in Washington, ob Putin eine Verantwortung für den mutmaßlichen Giftgasangriff trage, sagte Trump: "Vielleicht. Und wenn er sie hat, dann wird es sehr hart." Jeder der Verantwortlichen werde einen "Preis" für diesen Angriff zu zahlen haben.

Geht Luftschlag auf Konto Israels?

Die Entschlossenheit der westlichen Partner bekam das syrische Regime keine 48 Stunden nach dem mutmaßlichen Chemieangriff zu spüren. In der Nacht zu Montag schlugen Raketen auf einer syrischen Militärbasis ein. Nach Angaben Russlands feuerten zwei israelische Kampfjets vom Typ F-15 acht Raketen auf den Flugplatz T4 in der Provinz Homs. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sprach von einer "gefährlichen Entwicklung". Er hoffe, den USA und seinen Verbündeten sei das klar.

Wie bereits in früheren Fällen wollte sich die israelische Armee nicht zu den Vorwürfen äußern. Zweimal hatten israelische Kampfjets in der Vergangenheit die Basis T4 bombardiert. Ein iranisches Drohnen-Kontrollzentrum und Kommunikationstechnik sollen dabei zerstört worden sein. Der strategisch wichtige Flugplatz in der zentralsyrischen Wüste ist die größte Luftwaffenbasis Syriens. Russland hat nach Einschätzung von Analysten große Kontingente auf dem Stützpunkt stationiert, schreibt die Zeitung Haaretz. Regelmäßig würden russische Kampfjets von dort aus zu Einsätzen über den syrischen Rebellengebieten starten.

Die USA und Frankreich dementierten am Montag jede Beteiligung an dem Luftschlag. Möglich, dass die Verbündeten nun zu eigenen Maßnahmen gegen das Assad-Regime greifen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • dpa, AP, AFP
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