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Barack Obama und die Rassen-Unruhen in Ferguson: Der geplatzte Traum


Obama und Ferguson-Unruhen
Der geplatzte Traum des Barack Obama

spiegel-online, Marc Pitzke

Aktualisiert am 20.08.2014Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Barack Obama scheut sich vor klaren Worten zu den Rassenkonflikten in Ferguson.Vergrößern des BildesUS-Präsident Barack Obama scheut sich vor klaren Worten zu den Rassenkonflikten in Ferguson. (Quelle: ap-bilder)
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Die USA machen die schwerste Rassenkrise seit Generationen durch. Nur Präsident Obama, einst Symbol einer postrassistischen Nation, spielt dabei keine Rolle mehr - er hat seine gesellschaftliche Autorität verloren.

Barack Obama war im Urlaub, als der schwarze Teenager Michael Brown von einem weißen Polizisten erschossen wurde. Während in Browns Heimatort Ferguson in Missouri tagelange Rassenunruhen ausbrachen, spielte der erste afroamerikanische US-Präsident auf der Prominenteninsel Martha's Vineyard Golf.

Erst nach einer Woche verließ Obama seine Sommerfrische und kehrte kurz nach Washington zurück, um im Weißen Haus vor die obligatorischen TV-Kameras zu treten. Tags darauf war er schon wieder in Massachusetts.

Und keiner hat's gemerkt.

In den USA schwelt die schwerste Rassenkrise seit Generationen. Nur der vor fast sechs Jahren als Symbol einer postrassistischen Nation gewählte Obama spielt dabei kaum mehr eine Rolle. Er hat seine Stimme verloren, seine Autorität in der gesellschaftlichen Debatte, die er einst beherrschte, personifizierte und, so die Hoffnungen, beenden sollte.

Die postrassistische Vision blieb Illusion - und Obama schrumpfte zur Fußnote eines Traums.

Niemand hört mehr zu

Sein 27-Minuten-Auftritt vom Montag war das übliche Ritual eines Mahners in Chief, der mit klinischem Feinschliff den Eindruck politischer Kontrolle vorgaukelte. Obama hielt sich an die Fakten, vermied Emotionen, zeigte Verständnis für die "erhitzten Gemüter" und tadelte sowohl "exzessive Polizeigewalt" wie die sporadischen Plünderungen. Er schickte Justizminister Eric Holder nach Ferguson, statt selbst zu fahren. Er trat keinem zu nahe, ob schwarz oder weiß.

Unweigerliche Folge: Seine Worte verhallten.

Das liegt nicht nur daran, dass diese sich in ihrer vorsichtigen Ausgewogenheit neutralisierten, wie Komplementärfarben zu bedeutungslosem Grau. Oder daran, dass das Weiße Haus sie im Doppelpack feilbot: "Update zum Irak und der Situation in Ferguson", hieß die Ankündigung an die Medien. Irak, Ferguson: Alles gleich - samt der Bilder der aufmarschierenden Nationalgarde.

Es liegt auch daran, dass keiner Obama mehr zuhört. Erneut stirbt ein Schwarzer von Hand eines Weißen, erneut kondoliert, klagt, beruhigt der Präsident, erneut tut sich nichts.

Dabei verlangt das Déjà-vu von Ferguson Empörung, wenn nicht Wut, wie sie der schwarze Bürgerrechtler Al Sharpton zeigte. Er hat den Fall Michael Brown zum neuen Schlachtruf seiner alten Bewegung gemacht. Obamas Hautfarbe dagegen hindert ihn: Er wagt es nicht, die Stimme zu erheben, aus Angst, als "angry black man" zu gelten - das Gruselbild aller Ignoranten des Ku-Klux-Klans.

Versöhnender Einfluss "beschränkt"

Das war im Wahlkampf 2008 noch anders, als Obama nach langem Zaudern eine bewegende Grundsatzrede zum Rassismus hielt, gesprenkelt mit persönlichen Anekdoten. Es war sein bis heute bester Moment, der ihm die Präsidentschaftsnominierung garantierte.

Fünf Jahre später widmete Obama dem erschossenen Teenager Trayvon Martin den Satz: "Das hätte mein Sohn sein können." Und später sogar: "Trayvon Martin hätte ich vor 35 Jahren sein können." Da hatte sich das Blatt aber längst gewendet: Die Äußerungen vertieften die Kluft zwischen den Fronten.

Mehr noch: Obama ist heute so unbeliebt, seine Einmischung verschärft jeden Streit. Der Politologe Michael Tesler hat ermittelt, dass allein die Erwähnung Obamas die Bevölkerung polarisiert. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup listet ihn sogar als den am stärksten polarisierenden US-Präsidenten seit 1984.

Seine Reden, einst seine Stärke, sind nun seine Schwäche. Sein versöhnender Einfluss sei deshalb nur noch "beschränkt", gerade in Rassenfragen, findet Brendan Nyhan vom Dartmouth College in der "New York Times".

Ein tragisches Ende: Der Mann, der antrat, das Land zu einen, spaltet es - und macht sich notgedrungen leise, abwägend, unsichtbar. Dies sei Obamas "Preis der Präsidentschaft", schreibt Ezra Klein auf der Newssite "Vox": "Das einzigartige Talent zu opfern, das ihn überhaupt erst zum Präsidenten machte."

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