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Roy Moore und Donald Trump: Das bisschen Belästigung


Sexuelle Übergriffe in der US-Politik
Das bisschen Belästigung

t-online, Fabian Reinbold

06.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Roy Moore: Trotz heftiger Vorwürfe kann er auf die Unterstützung seiner Partei zählenVergrößern des BildesRoy Moore: Trotz heftiger Vorwürfe kann er auf die Unterstützung seiner Partei zählen (Quelle: Brynn Anderson/ap-bilder)
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Die Debatte über sexuelle Übergriffe hat die US-Politik erschüttert. Jetzt zeigt eine Offensive von Donald Trump die herrschende Doppelmoral.

Von Fabian Reinbold

Was für ein Absturz! Hollywood-Star Kevin Spacey soll in der Vergangenheit Minderjährige belästigt haben. Mehrere Männer haben Anschuldigungen erhoben – unter ihnen einer, der damals erst 14 Jahre alt war. Oscar-Preisträger Spacey hat daraufhin Fehler eingeräumt. Das Ergebnis: Spaceys Rolle wird aus seiner Erfolgsserie „House of Cards“ herausoperiert, ebenso aus dem Hollywood-Film, der Ende Dezember in die US-Kinos kommt, herausgeschnitten. Seine Karriere scheint vorbei.

Roy Moore soll ebenfalls in der Vergangenheit Minderjährige belästigt haben. Neun Frauen haben ihn beschuldigt – unter ihnen eine, die damals erst 14 Jahre alt war. Der republikanische Politiker Moore hat daraufhin gesagt, er kenne die Frauen nicht einmal. Das Ergebnis: Moore bekam jetzt einen persönlicher Unterstützeranruf des US-Präsidenten und erhält eine Millionenspende der Republikaner für seinen Wahlkampf. Was für ein Rückenwind!

Moore ist ein in Deutschland weitgehend unbekannter Mann, der sich kommende Woche für den Bundesstaat Alabama in den US-Senat wählen lassen will. Sein Fall lohnt einen genauen Blick. Zum einen, weil er im Parlament als Rechtsaußen-Politiker ein wichtiger Verbündeter Donald Trumps werden könnte. Zum anderen, weil der Fall die aktuelle Doppelmoral in God's Own Country zeigt.

In der Filmindustrie hat die Sexismus-Debatte die Karrieren von Branchengöttern wie Spacey oder Harvey Weinstein beendet. Auch in der amerikanischen Politik haben gleich mehrere Abgeordnete ihren Posten binnen weniger Wochen verloren, eine außergewöhnliche Welle. Es sind jedoch anders als in Fernsehbranche und Hollywood ausnahmslos Hinterbänkler und solche, deren Karriere sich ohne dem Ende zuneigte, die im Zuge der #Metoo-Debatte ihren Hut nehmen mussten.

Neun Minderjährigen Avancen gemacht

In der Politik konnten sich die wirklich Mächtigen bei Beschuldigungen am Ende noch immer auf Unterstützung ihrer Parteifreunde verlassen. Das ist das erste, vorläufige Fazit der #Metoo-Debatte. Besonders deutlich zeigt sich das im Fall Roy Moore.

Vor einem Monat wurden Anschuldigungen bekannt, die die späten Siebzigerjahre betrafen: Moore, damals Anfang Dreißig, soll mindestens neun Minderjährigen unerwünschte Avancen gemacht haben. Eine damals 14-Jährige sagte nun der „Washington Post“, Moore habe sie in seinem Auto ausgezogen und in Unterwäsche angefasst. Sexuelle Handlungen mit unter 16-Jährigen sind in Moores Heimatstaat strafbar. Beweise für die Anschuldigungen gibt es nicht.

Die Vorwürfe fielen mit dem Höhepunkt der #Metoo-Debatte zusammen. Unter diesem Eindruck äußerte sich die Führung von Moores republikanischer Partei deutlich: Man überlegte öffentlich, einen anderen Kandidaten ins Rennen zu schicken, auch wenn es den Sieg kosten könnte. Der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte, er glaube den Anschuldigungen und forderte Moore zum Rückzug auf. Sollte Moore trotzdem gewählt werden, so McConnell, müsse man überlegen, ihn wieder aus dem Senat zu werfen. Die Parteiführung legte ihre Wahlkampfhilfe auf Eis.

180-Grad-Wende kurz vor der Wahl

Einen knappen Monat später hat die Partei nun eine 180-Grad-Wende vollzogen. Am Sonntag wollte eben jener McConnell von seinen Rückzugsforderungen nichts mehr wissen. Es sei die Entscheidung der Wähler, sagte er nun knapp. Am Montag versicherte Donald Trump dem Beschuldigten öffentlich per Twitter und persönlich in einem Telefonat seine Unterstützung. Man brauche Moores Stimme im Senat, schrieb Trump, und zählte in einem einzigen Tweet neun Themen von Steuerreform bis Mauerbau auf. Zu den Anschuldigungen: kein Wort.

Am Dienstag wurde schließlich bekannt, dass auch die Parteiführung umschwenkt. Sie gibt eingefrorene Gelder in Höhe von 1,1 Millionen Dollar für den Wahlkampf wieder frei. Roy Moore ist wieder der Mann der Republikaner - obwohl das Parteiestablishment mit dem Rechtsaußen eigentlich gar nicht viel anfangen kann.

Beim neuerlichen Wandel dürften die neuesten Umfragen eine zentrale Rolle gespielt haben. Unter dem Eindruck der Vorwürfe sackte Moore ab, sein demokratischer Konkurrent lag im eigentlich stockkonservativen Alabama plötzlich gleichauf. Die letzten Anschuldigungen wurden vor drei Wochen publik, anschließend stieg Moore wieder in den Umfragen. Sein Sieg scheint wieder nah.

Es geht um die Mehrheit

Und so erinnern sich die Parteifreunde wieder der Bedeutung der Abstimmung. Die Wahl ist wichtig, damit die Republikaner ihre knappe Mehrheit im Senat verteidigen. Würde Moore gegen den Demokraten verlieren, läge sie nur noch bei 51 zu 49. Das wäre ein Rückschlag für Trump und seine Agenda. Es geht um die Macht.

Hat Roy Moore die Affäre damit also schon überstanden? Sollte er nach der Wahl wirklich in den Senat einziehen, würde sich der Ethikausschuss der Kammer mit seinem Fall beschäftigen. Dort liegt bereits die Affäre Al Franken. Dem demokratischen Senator hatten kürzlich mehrere Frauen vorgeworfen, sie begrapscht zu haben. Es gibt sogar ein Foto von einem der fraglichen Vorfälle. Viele Demokraten sagen, ihre Partei wolle das Thema ernster nehmen als die Republikaner.

Würden die Untersuchungen die Senatoren weiter belasten, könnte die Kammer tatsächlich über einen Ausschluss abstimmen, wie es Republikaner im Fall eines Wahlsiegs von Moore ins Spiel gebracht hatten.

Dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit, also auch Stimmen aus der eigenen Partei. Die vergangenen Wochen haben jedoch klar gemacht: Bei Belästigungsvorwürfen können Senatoren auf ihre Parteifreunde zählen.

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