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Donald Trumps Alleingang: Im Weißen Haus wird es brandgefährlich


Stunde der Trump-Klone
Im Weißen Haus wird es brandgefährlich

  • Gerhad Spörl
MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 26.03.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Donald TrumpVergrößern des Bildes
Donald Trump (Quelle: ap-bilder)

Der Präsident macht ab jetzt noch mehr, was er will. Dazu versammelt er nationalistische Scharfmacher wie John Bolton um sich. Der Handelskrieg gegen China und Drohgebärden gegenüber dem Iran sind die Folge. Fehlt nur, dass er FBI-Sonderermittler Robert Mueller feuert.

Ab und zu muss ich einfach eine Pause in der Beobachtung des amerikanischen Präsidenten einlegen, denn das tut meiner Seele gut. Es ist ja so, dass der Gegenstand auch den Betrachter beeinflusst und im Zweifelsfall beeinträchtigt. Keine Beschwerde, nur eine Erklärung.

Dann gibt es Wochen, da komme ich gar nicht daran vorbei, zu staunen und aufzuschreiben, was sich in und um das Weiße Haus ereignet. Die vorige Woche war in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert, sie bedeutet, wie ich vermute, sogar eine Zäsur in der Amtszeit des 45. Präsidenten. Er hat sich befreit, er hat sich entfesselt, er hat Ballast abgeworfen und Brandmauern niedergerissen.

Was das bedeutet? Von jetzt an wird es gefährlich. Für uns vor allem, für die Welt nämlich, aber auch für ihn. Denn der entfesselte Trump ist Reinkultur Trump. Impulsiv. Unberechenbar. Risikofreudig. Launisch. Ein Büffel, der die Prärie verwüstet.

Handelskrieg gegen den wichtigsten Gläubiger

Die Zäsur besteht aus mehreren Teilen: Donald Trump führt, erstens, einen Handelskrieg gegen China, von dem er meint, er sei gut und leicht zu gewinnen. Dazu hat er sich, zweitens, geklont, indem er Mike Pompeo zum Außenminister erhob und John Bolton zum Nationalen Sicherheitsberater ernannte. Dazu tauschte er, drittens, einen seiner Anwälte aus, der den Ton gegenüber dem Sonderermittler Robert Mueller angegeben hatte.

Weltpolitisch ist der Handelskrieg besonders folgenreich. Anfangs wollte Trump universal bestrafen, nahm dann jedoch Kanada und Europa und Mexiko aus und am Ende blieb nur China übrig, ausgerechnet China, die kommende Weltmacht, die US-Staatsanleihen en masse aufkaufte, damit Amerika weit über seine Verhältnisse leben kann.

Auf über 1.300 chinesische Importwaren verhängt er Strafzoll, der sich auf 60 Milliarden Dollar beläuft. Trump hat die Luftfahrt, die Informations- und Kommunikationstechnologie im Auge, eine Liste wird erst noch ausgearbeitet, aber damit droht der Präsident schon mal. Die Zölle auf Aluminium (10 Prozent) und Stahl (25 Prozent) sind schon wirksam.

Den Diebstahl geistigen Eigentums im Wert von 500 Millionen Dollar führt Trump als Begründung an. Wahr ist, dass chinesische Firmen gerne das Wissen ihrer Handelspartner aus dem kapitalistischen Ausland abschöpfen. Der "Spiegel" hat sich zudem verdient gemacht, als er ganze Titelgeschichten chinesischer Industriespionage widmete.

Wie reagiert das Regime in Peking? Mit Strafzöllen, wie das eben immer so ist, wenn jemand glaubt, er können einen guten Krieg leicht gewinnen. Auf Schweinefleisch aus Amerika soll ein Importzoll von 25 Prozent erhoben werden, auf Stahlrohre und Früchte, auf Nüsse und Wein sind 15 Prozent vorgesehen. Die Höhe ist moderat: drei Milliarden Dollar, eine Warnung mehr, als eine Vergeltungsmaßnahme.

Das Problem besteht darin, dass Trump Alleingänge liebt. Er hätte genauso gut eine Allianz der China-Geschädigten bilden können. Dazu gehören Japan, Südkorea und die Europäer, die er eigentlich auch bestrafen wollte. Trumps Amerika irritiert ausgerechnet seine Verbündeten mit seinem bombastischen Verhalten und Reden.

Trumps Alleingänge schwächen die USA

Am Ende sind einseitig geführte Handelskriege schlecht, weil Amerika an geopolitischem Einfluss durch seine Solotouren verliert und aller Voraussicht China als Sieger hervorgeht und nicht als Verlierer. Dass die Aktienmärkte vorige Woche ins Trudeln gerieten, ist ein Vorbote dafür, dass sich Donald Trump irrt.

Seltsam an diesem Handelskrieg ist auch, dass Trump Ende Mai nach Nordkorea reisen möchte, um Kim Jong Un zu treffen. Das findet er toll, das ist ihm wichtig, das ist eines jener Ereignisse, von dem er vorher und hinterher sagen wird, kein anderer als er, Donald J. Trump, hätte etwas vergleichbar Tolles, Einmaliges, Überwältigendes gewagt.

Gut, Richard Nixon ist damals nach China gefahren, um diplomatische Beziehungen aufzunehmen, aber das ist 46 Jahre her, also verdammt lang und so gut wie vergessen, jedenfalls von Donald Trump. Ich bin gespannt, ob er wirklich fahren wird.

Der Mittler zwischen den beiden Herren in Washington und Pjöngjang, die sich mit Unflat bewarfen, ist China. Ohne China wäre die Einladung nicht ergangen. Ohne China würde der Feldmarschall dem Präsidenten keine Verhandlungen über sein Nukleararsenal anbieten. Ist es unter diesen Umständen klug, einen Handelskrieg anzuzetteln? Natürlich nicht.

Ein Zyniker als Sicherheitsberater

Der amerikanische Außenminister, der für Diplomatie statt für Kriegsgeschrei eintrat, hieß Rex Tillerson. Er geht in die Geschichte ein, weil er Trump einen Trottel nannte, was den dazu veranlasste, von seinem enormen IQ zu schwafeln. Der neue Außenminister heißt Mike Pompeo und war bis eben Direktor der CIA. Er wird seinem Präsidenten bestimmt lieb und fromm dienen. Von ihm ist bekannt, dass er wie Trump denkt und fühlt und urteilt. Nach-dem-Mund-reden ist ja auch weniger mühsam als Selbstdenken.

Pompeos Nachfolger ist eine Frau – sieh an, sieh an, aber nicht irgendeine, denn dummerweise leitete Gina Haspel einen der CIA-Folterkeller im Ausland. In diesen wurden Terroristen zum Beispiel so lange dem Waterboarding ausgesetzt, bis sie dachten, kurz vor dem Ertrinken zu sein. Bei dieser speziellen Verhörmethode wird simuliertes Ertrinken erzeugt, indem ein Tuch über Mund und Nase gelegt und permanent mit Wasser begossen wird.

John Bolton ist ein Albtraum. Iran? Angreifen! Nordkorea? Angreifen! Er ist der Inbegriff eines amerikanischen Nationalisten. Er war schon für die Invasion in den Irak, er war allerdings nicht dafür, das Land aufzubauen und hegte nicht die Illusion, daraus lasse sich eine Demokratie machen. Das war das Privileg der Neokons nach 9/11, der Glaube, eine Invasion ziehe die Demokratie nach sich, wenn die Weltmacht Amerika es nur will. Bolton ist kein Neokon, kein imperialistischer Idealist, er ist ein nationalistischer Zyniker. Und nach Ostern wird er als Nationaler Sicherheitsberater in das Weiße Haus einziehen.

Während es Trump nur um Trump geht und er heute Kim Jong Un einen kleinen Raketenmann nennt und ihn morgen besuchen will und übermorgen vielleicht schon nicht mehr, ist Bolton zuverlässig ein Nationalist, für den militärische Gewalt der natürliche Reflex einer Weltmacht ist, die natürlich nicht an Einfluss verliert, sondern durch Anwendung seiner gewaltigen Streitmacht und seines gewaltigen Nukleararsenals beweist, dass Machtprojektion jederzeit nötig und möglich ist.

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Feuert Trump Mueller doch noch?

Für Schwäche hält der Präsident mittlerweile den sanften Umgang mit dem Sonderermittler Robert Mueller. Dafür zeichnete John Dowd verantwortlich, sein Anwalt, der zurücktrat, als Trump gegen Mueller wüst zu twittern begann. An seine Stelle tritt Joseph diGenova, der der Meinung ist, das FBI und das Justizministerium ließen den Präsidenten in eine Falle laufen. Diese Verschwörungstheorie verbreitete er auf Fox News, dem Trump-ist-toll-Brüll-Sender. Mehr Qualifikation braucht es nicht, um im Weißen Haus an eine zentrale Position zu rücken und dem Präsidenten in das Ohr zu blasen, dass er unbedingt und überall Stärke zeigen muss.

Bislang wollte sich der Präsident von Mueller vernehmen lassen und lieferte tonnenweise Dokumente aus. Aber längst geht es nicht mehr nur um die Verbindung zu Russland und dessen Einfluss auf die Wahl, sondern um Trumps Geschäftsverbindungen, unter anderem mit Russland und vielleicht sogar um die Geliebten, die Geld für Schweigen bekamen.

Verstehe ich die morgendlichen Tweets aus dem Schlafzimmer richtig, dann hat The Donald den starken Wunsch, Mueller zu feuern. Kann er theoretisch, ist aber praktisch gefährlich, richtig gefährlich. Gut möglich aber, dass Donald Trump alles aufs Spiel setzt, weil er die Republikaner im Kongress für zu windelweich hält, als dass sie ein Verfahren zu seiner Amtsenthebung einleiten würden.

Die Zahl der Berater in seiner Umgebung, die zur Vernunft raten, ist rückläufig. Die Zahl der Berater, die den Irrsinn beschleunigen, ist gestiegen. Die Klone übernehmen. Es wird gefährlich.

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