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#DeineWahl: So lief Angela Merkels Interview mit den YouTubern


So lief Merkels Wahlkampf im "Neuland"

dpa, dru

Aktualisiert am 16.08.2017Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzlerin Merkel spricht im YouTube-Studio mit Lisa Sophie alias "ItsColeslaw".Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Merkel spricht im YouTube-Studio mit Lisa Sophie alias "ItsColeslaw". (Quelle: Wolfgang Kumm/dpa-bilder)
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Vor einigen Jahren wurde Angela Merkel (CDU) für ihre Äußerung verspottet, das Internet sei "für uns alle Neuland". Nun stellte sich die Kanzlerin eine Stunde lang live den Fragen von vier jungen YouTubern. t-online.de erklärt, was die Kanzlerin den YouTube-Stars zu sagen hatte. Den Mitschnitt der Fragestunde können Sie hier ansehen.

Eine Stunde dauerte das Gespräch, bei dem es unter anderem um die Themen soziale Gerechtigkeit, Diesel-Skandal, den Nordkorea-Konflikt und den Streit mit der Türkei ging. Die Fragen stellten Ischtar Isik, die bei YouTube Beauty- und Lifestyle-Tipps gibt, die Psychologiestudentin Lisa Sophie, besser bekannt als "ItsColeslaw", die auf ihrem Kanal auch Tabuthemen anspricht, Mirko Drotschmann alias "MrWissen2Go", der als cooler Nachhilfelehrer über Phänomene aufklärt, sowie Technik-Freak "AlexiBexi", der mit bürgerlichem Namen Alexander Böhm heißt. Gemeinsam haben die YouTuber rund drei Millionen Abonnenten, darunter zahlreiche sonst schwer zu erreichende junge Leute und potenzielle Erstwähler.

Lisa Sophie will gleich zu Beginn der Fragestunde wissen, wie die Kanzlerin verhindern könne, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander geht. Merkel verweist auf die seit 2006 halbierte Arbeitslosigkeit, stellt mehr Hilfen für Langzeitarbeitslose und Investitionen in die Bildung sozial schwacher Kinder in Aussicht. Sie nennt auch den gestiegenen Mindestverdienst durch die Einführung des Mindestlohns, der es allerdings erst auf Druck der SPD und gegen heftigen Widerstand aus der Union und von Arbeitgeberverbänden ins Regierungsprogramm schaffte.

Mit einem Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung in der Grundschule will Merkel auch die Bedingungen für die Hausaufgabenhilfe verbessern. Die Bildungspolitik liegt zwar in der Hoheit der Länder. Bei der digitalen Bildung will sich der Bund in den nächsten Jahren aber verstärkt mit einbringen, kündigt Merkel an. Denn die lasse in den Schulen noch sehr zu Wünschen übrig.

Beim Thema Elektromobilität bekräftigt Merkel ihr Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen – obwohl aktuell keine 100.000 E-Autos hierzulande unterwegs sind. Das Ziel habe sie "nicht zurückgezogen", betont die Kanzlerin auf die Frage von "AlexiBexi". "Ich habe nur gesagt, wir müssen mehr tun. Die (Zahl) werden wir so einfach nicht schaffen." Im Mai hatte es Verwirrung gegeben, weil Merkel in der Bundestagsfraktion der Union gesagt hatte: "So, wie es im Moment aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen."

"MrWissen2Go" spricht die Sorgen vieler Menschen wegen der wachsenden Spannungen im Konflikt um Nordkorea an und fragt, ob man nun Angst vor einem Dritten Weltkrieg haben müsse. "Nein", antwortet Merkel, warnt aber zugleich vor einem rhetorischen Aufrüsten. "Sprache ist die Vorstufe oft auch zu einer Eskalation, die dann irgendwann in Gewalt münden kann. Das will ich nicht."

Die Kanzlerin unterstreicht: "Es gibt keine militärische Lösung für diesen Konflikt." Er müsse auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden. Dies werde die Bundesregierung "sehr, sehr stark deutlich machen. Und dann werden sich das andere auch überlegen."

Warum die Bundesregierung im Bemühen um die Freilassung inhaftierter deutscher Staatsbürger in der Türkei bislang nichts erreichen konnte, will "MrWissen2Go" auch wissen. Die Situation sei "extrem unzufriedenstellend", sagt Merkel. Zugleich verteidigt sie ihre Linie, mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Gespräch zu bleiben. Beim umstrittenen Verfassungsreferendum hätten beispielsweise fast 50 Prozent der Teilnehmer dagegen gestimmt. "Die haben an uns auch Erwartungen."

YouTuber stellten Bedingungen

Vorab hatten die vier YouTuber nach eigenen Angaben Bedingungen für das Gespräch gestellt: "dass das Ganze live stattfinden wird und dass die Kanzlerin unsere Fragen nicht vorher bekommt", erklärt "ItsColeslow". "Da kann man natürlich auch mal eine Frage stellen die ein bisschen unbequem ist und die man hinterher nicht einfach rausschneiden kann", meint "MrWissen2Go".

Wirklich gelungen ist den Vieren das aber nicht. Kritische Widersprüche bleiben weitgehend aus. Kommt doch mal eine brisante Frage, wie diese von "MrWissen2Go": "Wie finden Sie ganz persönlich Donald Trump?", antwortet Merkel diplomatisch: Es gebe Meinungsverschiedenheiten (Klimaabkommen) und es gebe Gemeinsamkeiten (Kampf gegen internationalen Terrorismus). Letztlich kann die Kanzlerin ihre Antworten routiniert abspulen. Eines aber verrät sie doch: Ihr Lieblingsemoji ist der Smiley, "wenn es gut kommt, noch ein kleines Herzchen dran".

Vorbereitet wurde das Interview gemeinsam mit dem zum TV-Konzern ProSiebenSat.1 gehörenden Multiplattform-Netzwerk Studio71. Das Netzwerk, das für die Redaktion verantwortlich ist, hatte auch bei der Kanzlerin angefragt und die YouTuber ausgewählt. Ob es eine ähnliche Aktion mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz geben wird, ist laut einem Sprecher unklar.

Enorme Chancen für alle Beteiligten

Die Chancen für alle Beteiligten waren enorm. Für die vier YouTuber bot die Aktion einen Popularitätsschub sowie die einmalige Gelegenheit, die Kanzlerin zu interviewen. Und für Merkel? "Das Interview ist eine kluge Strategie", sagt der Kommunikationsforscher Patrick Donges von der Universität Leipzig. "Die Kanzlerin erreicht eine junge Zielgruppe, die sich nicht besonders für Politik interessiert, die mit den traditionellen Wahlkampfmitteln schwer erreichbar ist." Zudem sei ein Interview eine andere Kommunikationssituation als etwa eine Ansprache, da könne auch mal etwas schief laufen. "Aber: "Die Kanzlerin ist Kommunikationsprofi genug, dass sie da keine Fehler machen wird", meint Donges.

Also eine Win-Win-Situation für alle? Ganz so einfach ist es nicht. LeFloid etwa musste nach seinem Merkel-Interview 2015 auch Kritik einstecken. Zu seichte und zu freundliche Fragen, so lautete damals der Vorwurf von Journalisten. Und die Kanzlerin kann nicht automatisch davon ausgehen, dass die jungen Erstwähler bei der CDU ein Kreuz machen werden. So lautete das Fazit von LeFloid nach seinem Kanzlerin-Interview: "Hunderttausende haben dieses Interview gesehen, Hunderttausende haben Antworten auf ihre Fragen bekommen, und Hunderttausende werden auch nach diesem Interview garantiert nicht CDU wählen - mich eingeschlossen."

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