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Sahra Wagenknecht bleibt bei "Precht" cool - aber enttäuscht


Wann kehrt der Kommunismus zurück nach Europa?

Von t-online
Aktualisiert am 27.04.2015Lesedauer: 3 Min.
Der Philosoph und die Linke: Richard David Precht im Gespräch mit Sahra Wagenknecht über linke Utopien und die Rückkehr des Kommunismus.Vergrößern des BildesDer Philosoph und die Linke: Richard David Precht im Gespräch mit Sahra Wagenknecht über linke Utopien und die Rückkehr des Kommunismus. (Quelle: ZDF/Juliane Eirich)
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Von Alexander Reichwein

Kapitalismuskritik ist wieder in - spätestens seit der Finanzkrise und ihren Folgen. Wissenschaftler und Politiker fordern eine kritische Bestandsaufnahme unseres Systems. Wie aber, so fragt Richard David Precht die Linke Sahra Wagenknecht, kann das in konkrete Politik umgesetzt und damit Auswüchsen des Kapitalismus Einhalt geboten werden? Der Philosoph und die Politikerin saßen sich in einem abgedunkelten ZDF-Studio gegenüber. Eine Kritik.

Precht hatte sich viel vorgenommen: Er wollte Wagenknecht nicht weniger als ein Konzept einer klassenlosen, selbstbestimmten und gerechten Gesellschaft entlocken.

Siegeszug des Silicon-Valley-Kapitalismus

Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks vor 25 Jahren, so Precht, gingen die Zeitgenossen zwar davon aus, dass der Marxismus endgültig gescheitert und nur noch Geschichte ist. Nun aber finde diese Utopie wieder neue Anhänger - um dem Siegeszug des Silicon-Valley-Kapitalismus etwas entgegen zu setzen.

Aber wie, fragte Precht, kann sich die Linke den kapitalismuskritischen Zeitgeist zu Nutze machen? Wie könnte ein entstaubter "Kommunismus 2.0" aussehen? Bei den Linken fehle es ihm bislang an Antworten auf diese Fragen.

Wagenknecht lässt sich nicht provozieren

Wer erwartet hatte, Wagenknecht würde sich von ihrem Gastgeber provozieren lassen, wurde enttäuscht: Mit einer kommunistischen Gegen-Utopie zum amerikanischen Kapitalismus könne sie als Sozialistin wenig anfangen. Außerdem sei der Kommunismus angesichts seiner Verbrechen an den Menschen diskreditiert. Und noch weniger könne sie sagen, wann der Kapitalismus am Ende sei.

Statt dessen sprach die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende von einer sozialistischen Gesellschaft, in der die Menschen und ihre Freiheit im Mittelpunkt stehen und in Würde leben können. Nicht die Frage, was sich rechnet, sondern jene, wie man glücklich wird, solle im Mittelpunkt stehen. Dabei kam Wagenknecht dann allerdings nicht über altbekannte Floskeln hinaus.

"Grauenvolle" Vorstellungen einer Google-Welt

Wagenknecht macht die Unternehmen für die Unterdrückung der Arbeiter verantwortlich und stellt sich auf die Seite junger Menschen, die auf befristeten Arbeitsverträgen oder unbezahlten Praktikumsstellen gefangen seien und viel zu viel arbeiteten. Und auch die Deutsche Bank mit ihren Investmentgeschäfte bekam ihr Fett weg. Schließlich folgte noch der Hinweis auf die Massenarbeitslosigkeit und die Staatspleiten in Südeuropa als Ergebnis westlicher Finanzpolitik. Alles Standardvorwürfe der Linkspartei - aber in diesem Rahmen sehr dürftig.

Precht, der wohl ganz bewusst die Rolle eines Vertreters des Silicon-Valley-Kapitalismus übernahm, um Wagenknecht eine radikale Aussage zu entlocken, hakte immer wieder nach und fragte nach konkreten Inhalten einer linken Alternative. Was habe Wagenknecht den Menschen zu bieten - außer Kritik am Bestehenden? Wie beispielsweise wolle die Linke Wahlen gewinnen?

Resignation statt Revolution

Dass die Menschen keine Revolution anzetteln, sei laut Wagenknecht kein Zeichen, dass die Menschen in Europa zufrieden sind. Viele würden resignieren und hofften nur auf einen Job, um sich den Lebensunterhalt verdienen zu können.

Deswegen sei es an der Zeit, über eine neue Wirtschaftsordnung nachzudenken. Großunternehmer müssten entmachtet und Firmen in den Besitz aller Angestellten überführt werden. Akademiker eine Jobgarantie haben und Pflegeberufe in einer alternden Gesellschaft aufgewertet werden. Und schließlich müssten die Finanzmärkte reguliert und staatliche Sparkassen und Genossenschaftsbanken geschaffen werden: das alte Lied der Linken.

"Es geht doch nicht um Marx"

Precht, der sich mit diesen Antworten nicht zufrieden gab, gelang es letztlich auch nicht, Wagenknecht in einen Widerspruch zu verwickeln. Nachdem diese mehr Staat gefordert hatte, erinnerte Precht daran, dass Marx genau das nicht gewollt habe.

Es gehe doch nicht um Marx, erwiderte Wagenknecht, sondern um eine menschliche Gesellschaft. Und dazu brauche man staatliche Strukturen, die konkrete Aufgaben erfüllen. Zwar sei Kritik an Geheimdiensten oder steigenden Militärausgaben berechtigt - eine Staatsfeindlichkeit aber sei gefährlich.

Wagenknecht schien sagen zu wollen: Wer jetzt immer noch Angst vor einem kommunistischen Gespenst hat, das in Europa umgeht und jetzt Sozialismus heißt, dem ist nicht mehr zu helfen. Der Zuschauer aber ist nach dieser Sendung nicht viel schlauer. Wagenknecht blieb die Frage schuldig, was genau man in Zukunft von linker Politik in diesem Land erwarten darf.

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