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Cannabis-Legalisierung: Wie legales Kiffen aussehen könnte


Cannabis-Freigabe
Wie legales Kiffen aussehen könnte

t-online, Volker Dohr

Aktualisiert am 28.04.2016Lesedauer: 4 Min.
Cannabis-Konsum: Über die Art und Weise einer Legalisierung wird gestritten.Vergrößern des BildesCannabis-Konsum: Über die Art und Weise einer Legalisierung wird gestritten. (Quelle: dpa-bilder)
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Noch bevor die Bundesdrogenbeauftragte ihren Bericht zur Rauschgiftkriminalität vorstellte, kamen deutliche Worte aus der Opposition: "Die Verbotspolitik ist gescheitert", kanzelte Grünen-Suchtexperte Harald Terpe die Drogenbeauftragte ab. Der Debatte um die Legalisierung von Cannabis gibt das neuen Auftrieb. Wie genau die Freigabe aussehen soll, ist jedoch strittig. Sicher ist nur: Dem Staat entgehen jährlich wohl Milliarden an Steuereinnahmen und Einsparungen bei Polizei und Justiz.

"Die Schätzungen für Steuereinnahmen auf Cannabis liegen je nach Modell zwischen 500 Millionen und 4 Milliarden Euro", so Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband, der sich für eine Legalisierung einsetzt. Und das könnte noch niedrig angesetzt sein: "Erste Zahlen aus den USA legen noch höhere Einnahmen nahe", sagt Wurth. Dort wurden 2015 allein im Bundesstaat Colorado 135 Millionen US-Dollar Steuern durch Cannabis eingenommen.

Frank Tempel, Drogenpolitischer Sprecher der Linken, geht ebenfalls von einem Milliardenbetrag aus: "Der Europäische Drogenbericht von 2016 schätzt den jährlichen Marktwert für Cannabis EU-weit auf 9,3 Milliarden Euro", so Tempel. Abhängig von der Besteuerung ergibt das einen Millionen-Betrag.

Polizisten werden "schlicht verheizt"

Was in der Legalisierungs-Debatte oft übersehen wird, sind die zusätzlichen Einsparungen im Bereich Polizei und Justiz. Denn die ist heute schon mit den Bagatellfällen überfordert. Nach Einschätzung des Präsidenten der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, werden Tausende Polizisten hier "schlicht verheizt". Er forderte vom Gesetzgeber deshalb bereits vor Monaten, die Beamten von "verzichtbarer Arbeit zu befreien". Damit meinte er explizit die Verfolgung von Kiffern.

"Man könnte in Deutschland über eine Milliarde Euro bei Polizei und Gerichten einsparen, die sich derzeit ohne messbare Wirkung in Luft auflösen", sagt auch Wurth. Dem pflichtet der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der selbst Anwalt ist, bei: "Teile der Polizei werden mit der Verfolgung unnötig blockiert", so Ströbele. Die Cannabis-Freigabe wäre deshalb eine "erhebliche Entlastung für die Justiz."

Ein bayerischer Drogenfahnder, der namentlich nicht genannt werden möchte, spricht von einer "Riesenerleichterung" im Falle einer Freigabe. Er ist zwar dagegen und warnt vor den Risiken besonders für Jugendliche, geht aber davon aus, dass die Legalisierung kommen wird. Das sähen auch seine Kollegen so. Positiv daran sei, dass Jugendliche nicht mehr zu Dealern gingen, die ihnen außer Cannabis noch weitere Drogen anböten.

Vor den Gefahren des Kiffens warnt die CDU immer wieder. Deren drogenpolitischer Sprecher Jens Spahn schrieb etwa in einem Gastbeitrag für die "Huffington Post", man dürfe Cannabis nicht unter dem Gesichtspunkt der Steuereinnahmen legalisieren - der Gesundheitsschutz habe Vorrang. Regelmäßiges Kiffen habe auf junge Menschen fatale Auswirkungen, so Spahn weiter. Was Spahn dabei übersah: Die meisten Vorschläge für eine Legalisierung sehen einen strengen Jugendschutz vor.

Die Grafik von Statista zeigt, dass immer weniger Cannabis in Deutschland abgefangen wird.

Gesetz oder Verein?

Wie die Freigabe vonstattengehen soll, ist jedoch strittig: Ströbele sieht die Lösung anhand der Politik verschiedener US-Bundesstaaten. Die Grünen haben bereits 2015 mit dem "Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes (CannKG)" ein 68 Seiten starkes Papier vorgelegt, das Anbau und Verkauf strikt reglementiert. Demnach sollen der Besitz von 30 Gramm Cannabis und der Anbau von drei Pflanzen erlaubt werden. Der Verkauf soll in speziellen Geschäften stattfinden, die strengen Betriebsregelungen unterliegen. Im Bundestag fiel der Vorschlag jedoch zunächst durch.

Die Linke plädiert für eine Art Verein: "Wir haben bereits in der letzten Legislatur für die Einführung von Cannabis-Social-Clubs geworben", so Tempel. Dort dürfen nur Volljährige Mitglied sein. Auch sie dürfen pro Monat bis zu 30 Gramm Cannabiserzeugnisse anbauen und besitzen. Der Verkauf bleibt dabei untersagt. "Um den Missbrauch zu verhindern, werden die Clubs gesetzlich verpflichtet, den Anbau in verantwortungsvoller Weise durchzuführen. Da alle Clubs Mitgliedern registriert sind und den Anbau gesetzlich bestimmt ist, lässt sich das in Gegensatz zum Schwarzmarkt, von den zuständigen Behörden kontrollieren", so Tempel.

Strenge Jugendschutz-Regelungen

Neben der Bekämpfung des Schwarzmarkts wird auch das Thema Jugendschutz in sämtlichen Vorschlägen der Legalisierungs-Befürworter äußerst ernst genommen: "Geschultes Personal, Informationsbroschüren und gute Produktinformationen können präventive Wirkung entfalten", sagt Wurth vom Handverband. Ein regulierter Markt biete für den Jugendschutz bessere Bedingungen als der Schwarzmarkt, "denn eine Lizenz für ein Cannbisfachgeschäft wird viel Wert sein, das wird kein Händler durch den Verkauf an Jugendliche gefährden wollen."

Auch im "Cannabis-Club", den die Linken vorschlagen, gilt: Nur Volljährige dürfen Mitglied werden. "Die Regelung muss durch die zuständigen Behörden umgesetzt werden. Für Cannabisprodukte gilt ein striktes Werbeverbot. Die Einführung von Cannabis-Clubs muss durch Präventions- und Aufklärungsprogramme insbesondere an Schulen begleitet werden", so Tempel.

Auch das Cannabiskontrollgesetz der Grünen sieht einen strengen Jugendschutz vor: So dürfen die Geschäfte mit Lizenz zum Verkauf von Cannabis beispielsweise nicht in Schulnähe sein und zudem nicht an Minderjährige verkaufen. Die Steuern durch den Verkauf sollen in die Suchtprävention fließen.

Alle Vorschläge zur Legalisierungs-Debatte haben eines gemein: Die Verhältnisse anderer Länder werden nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. "Wir haben zahlreiche Vorschläge studiert, etwa aus den Niederlanden und Lateinamerika", so Ströbele. Vollständig übertragbar davon sei keiner. Berlin startet derzeit Modellversuche in der Nähe des Görlitzer Parks. Wie viel Geld dem Staat die Legalisierung von Cannabis einbringen könnte, zeigt sich dort schon im Kleinen: Laut Ströbele sind die Einnahmen derart hoch, dass man mit einem Schlag zahlreiche Bildungsangebote des Stadtteils Kreuzberg damit finanzieren könnte.

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