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40 Jahre RAF-Terror: Das Schleyer-Rätsel – deutsche Geschichte kein Tatort


40 Jahre Deutscher Herbst
Das Schleyer-Rätsel ist bis heute ungelöst

dpa, Thomas Lanig

Aktualisiert am 18.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Ein Mann macht am 05.09.1977 Fotos vom Tatort der Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) in Köln.Vergrößern des BildesEin Mann macht am 05.09.1977 Fotos vom Tatort der Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) in Köln. (Quelle: Wilhelm Bertram/dpa-bilder)
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Im Herbst 1977 versetzte der RAF-Terror die Bundesrepublik in Angst und Schrecken. Bis heute ist Vieles ungeklärt. Täter sind immer noch auf der Flucht. Es könnte also doch noch neue Erkenntnisse geben.

Der 19. Oktober markiert den grausamen Höhepunkt des Terrorjahres 1977. Die Leiche des sechs Wochen zuvor von der linksextremen Roten Armee Fraktion entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer wird im Kofferraum eines Autos gefunden. Am Tag zuvor ist die gekaperte Lufthansa-Maschine "Landshut" in Mogadischu befreit worden, die RAF-Häftlinge Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe nehmen sich daraufhin das Leben.

Auch 40 Jahre später sind noch Fragen offen, zur Schleyer-Entführung ebenso wie zum Schicksal einer Reihe von RAF-Terroristen, die immer noch auf der Flucht sind. Das Thema beschäftigt die Öffentlichkeit bis heute – am Sonntag steht ein halbfiktiver Stuttgarter "Tatort" von Dominik Graf dazu im ARD-Programm: "Der rote Schatten".

Wer hat Schleyer erschossen?

Es gibt eine Reihe von Namen, aber wer es wirklich war, wird wohl nie mit Sicherheit ermittelt werden können. "Belege gibt es nicht. Die es wissen, schweigen alle eisern", sagte der RAF-Experte Butz Peters. Peter-Jürgen Boock, selbst an der Entführung beteiligt, nannte Rolf Heißler und Stefan Wisniewski als Täter. Aber Boock war schon in Bagdad, als die tödlichen Schüsse auf Schleyer fielen. Auch andere Namen wurden genannt, etwa Willy Peter Stoll und Rolf Clemens Wagner. "Die Wahrscheinlichkeit, dass da noch was kommt, ist außerordentlich gering", sagt Peters.

Wie haben die Stammheim-Häftlinge so schnell von der Befreiung der "Landshut" erfahren?

Baader, Ensslin und die anderen sollten durch die Entführung der "Landshut" freigepresst werden. Als der Plan in Mogadischu scheiterte und die GSG9 die Maschine stürmte, begingen die Häftlinge wenige Stunden später im Hochsicherheitstrakt in Stuttgart-Stammheim Selbstmord. Wie sie trotz einer "Kontaktsperre" miteinander kommunizieren konnten, ist bis heute unklar. Bei Raspe in der Zelle wurde ein Radio gefunden, er könnte die Nachricht kurz vor 1.00 Uhr am 18. Oktober gehört haben.

Dass sich die Gefangenen dann über umgebaute Lautsprecher verständigt hätten, glaubt der RAF-Experte Peters nicht. Vielmehr hätten Protokolle festgehalten, dass sich die Häftlinge durch lautes Brüllen verständigten und den Schallschutz der Zellen überwanden. Dass ein Anwalt die Waffen für den kollektiven Selbstmord in die Zellen schmuggelten, ist unstrittig.

Welche Fehler haben die Sicherheitskräfte gemacht?

Die allergrößte Panne, sagt Peters, ist wohl in den ersten Tagen der Schleyer-Entführung passiert. Schleyer war in einer Wohnung im 3. Stock eines Hochhauses bei Köln. Einem Polizisten war in dem Haus eine Frau aufgefallen, die sich seltsam benahm und große Bündel von Geldscheinen mit sich führte. Der Hinweis des Beamten ging aber im Wirrwar der Behörden unter.

Unverständlich erscheint aber auch, dass die Sicherheitskräfte Schleyer nicht besser geschützt haben. Immerhin hatte die "Bild" schon am 4. August – die RAF hatte wenige Tage zuvor den Bankier Jürgen Ponto erschossen – die Schlagzeile gebracht: "Schleyer soll der nächste sein".

Noch immer sind eine Reihe von RAF-Terroristen flüchtig. Wie stehen die Chancen, sie doch noch festzunehmen?

Man hat sie die "RAF-Rentner" genannt: Ernst-Volker Staub (62), Daniela Klatte (58) und Burkhard Garweg (49). Sie stehen weit oben auf den Fahndungslisten wegen einer Serie von Raubüberfällen: Stuhr bei Bremen, Wolfsburg, zuletzt Cremlingen bei Braunschweig. Schwer bewaffnet, gefährlich, anscheinend ein bisschen unprofessionell.

Garweg, Klette und Staub gehören zur sogenannten dritten Generation der RAF. Sie wurde aktiv, als zentrale Figuren wie Andreas Baader und Ulrike Meinhof längst tot waren. Auf ihr Konto sollen mehrere Morde gehen, so an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991). Die Drei sind seit mehr als 25 Jahren auf der Flucht. Sie sollen in Norddeutschland leben oder in den Niederlanden, Staub ist angeblich auch auf einem Campingplatz in Italien gesehen worden.

Was könnten die "RAF-Rentner" zur Aufklärung beitragen?

Selbst wenn sie gefasst würden: Ob sie aussagen oder schweigen, ist offen, sagt Peters. Aber sie könnten viel erzählen, nicht über die RAF 1977, aber über das Ende der Terrorgruppe, die 1998 ihre Auflösung erklärte. Immerhin gibt es noch neun ungeklärte Morde. "Das ist die einzige Chance, noch etwas zu erfahren", sagt Peters. Mit Terror haben die kriminellen Machenschaften des Trios wohl nichts mehr zu tun, eher mit der Altersvorsorge. "Das Leben in der Illegalität ist wesentlich teurer als ein legales Leben", sagte Ex-Terrorist Boock vor kurzem dem "Spiegel"

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