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"Anne Will" zu Integration: "Antisemitismus in Deutschland ist kein Import"


"Antisemitismus in Deutschland ist kein Import"

David Heisig

Aktualisiert am 23.04.2018Lesedauer: 4 Min.
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Runde zum Thema "Antisemitismus" bei Anne Will: Die Gäste betrachten den aktuell aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland mit Sorge.Vergrößern des Bildes
Runde zum Thema "Antisemitismus" bei Anne Will: Die Gäste betrachten den aktuell aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland mit Sorge. (Quelle: Screenshot von "Anne Will"/ Das Erste)

Echo-Skandal, der Gürtel-Schläger von Berlin, Angriffe auf jüdische Kinder an Schulen: "Anne Will" greift den aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland als Thema auf und fragte: "Haben wir den Kampf schon verloren?"

Die Gäste

  • Katja Kipping (Die Linke), Parteivorsitzende
  • Ulf Poschardt, "Welt"-Chefredakteur
  • Shimon Stein, ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland
  • Volker Kauder (CDU), Vorsitzender der Unionsbundestagsfraktion
  • Ahmad Mansour, Psychologe und Autor

Die Fronten

Den provokativen Anstrich der Frage hatte sich Will bei Poschardt entliehen. Der hatte nach dem Übergriff auf einen jüdischen Jungen in Berlin kommentiert, Deutschland habe den Kampf gegen den Antisemitismus schon verloren. Bei Will ruderte er ein wenig zurück, blieb sich mit dem was er in der Runde vertrat aber grundsätzlich treu. Deutschland habe "schon seit Jahrzehnten" ein Problem mit Judenhass. Schon vor dem Echo-Skandal oder den aktuellen Angriffen sei von politischen Köpfen von links und rechts Antisemitismus geschürt worden. Man müsse "in der Form schärfer werden", dürfe "aufgrund der deutschen Geschichte null Toleranz zeigen", so der Journalist. Kauder betonte, die Bundesregierung dulde Antisemitismus nicht. Aber er sei da. Nicht umsonst gebe es keine jüdischen Einrichtungen ohne Polizeischutz. Der Unionsmann forderte eine Berichtspflicht für Übergriffe an Schulen. Stein rechnete mit der deutschen Aufarbeitung des Themas ab. Es habe "keine Stunde null im Antisemitismus nach 1945 gegeben. "Ich wundere mich, dass man sich wundert", so der Diplomat zu den aktuellen Übergriffen.

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Vorurteile gegen und Stereotype über Juden seien das tief greifende Problem und stellten die Herausforderung an Gesamtdeutschland dar. Welche Quellen für den Antisemitismus hatte die Runde ausgemacht?

Aufreger des Abends

Die Diskussion polarisierte an dieser Stelle. Mansour sah das Problem vor allem in der Integration der Muslime, zum Beispiel durch die Flüchtlingswelle. Hier müsse man pädagogische Signale setzen. Für ihn mehr des Themas Kern als die Verankerung des Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft.

Ob er hoffe, Angela Merkels "Wir schaffen das" erfülle sich, fragte ihn Will. Er sei optimistisch. Allerdings fehlten die Konzepte. "Wir begegnen nicht mit klaren Worten", so Mansour. Kauder argumentierte, man müsse den Muslimen vermitteln, dass zum Beispiel das Existenzrecht Israels deutsche Staatsräson ist. Mansour hämisch: Das komme in den Integrationskursen nicht vor: "Da reden wir über Mülltrennung." Seine Vorschläge: Die Politik müsse ein Umdenken in der Gesellschaft implementieren, das Bildungssystem neu ausrichten. Die Moscheen müssten den demokratischen Diskurs fördern. In den sozialen Medien müsse man Hass mit guten Argumenten begegnen.

Dort wurde begleitend zur Sendung auch heftig gestritten. 900 Einträge in das Gästebuch von "Anne Will" kurz nach der Sendung belegen das. Extrempositionen fanden sich hier genauso, wie dezidierte Auseinandersetzungen mit dem Thema.

Exemplarisch genannt seien zu letzterer Gruppe folgende: Petra Sweekhorst brachte es auf den Gefühlspunkt. Sie sei traurig, dass es wieder Antisemitismus in einem freiheitlich demokratischen Land gibt. Manfred Pfund vereinfachte es dahingehend, dass trotz angestrengter Diskussion "alles so weiter laufen" werde. Eine Brigitte betonte, dass das "Wir schaffen das" allein nicht ausreiche. Eine Million Flüchtlinge zu integrieren sei ein Problem. Viele gaben Mansour recht. Zum Beispiel Horst Wenninger oder Weltenbummler: Es ginge darum, Werte zu vermitteln. Man müsse in der Bildung ansetzen.

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Aber nicht nur in den Schulen, sondern auch bei den Agitatoren, deren Elternhäusern und in den Moscheen. Matelane betonte, man dürfe diese Aufgabe und die Schuld des Scheiterns nicht den Pädagogen zuschieben. Integration erfordere auch Willen, sich zu integrieren.

Juna Grossmann brachte es in ihrem Blog "Irgendwie jüdisch" auf den Punkt: Antisemitismus sei das Scheitern der Gesellschaft. Gegenwirken könne man nur mit Zivilcourage in allen Lebensbereichen, "weil Hass jeden treffen" könne. Poschardt umschrieb das in der Sendung so: Kampf gegen Antisemitismus ist auch der Kampf für Frauenrechte, Homosexuelle und Religionsfreiheit.

Faktencheck

Kipping ergänzte: "Im Land des Holocaust ist der Antisemitismus kein Import." Umso mehr scheine ihr das Bewusstsein in der heutigen deutschen Gesellschaft für die historische Rolle Deutschlands zu verblassen. Jeder zweite wolle mit dem Gedenken und der kollektiven Verantwortung nichts mehr zu tun haben. Umfragen bestätigen das Bild.

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Unbestritten ist bei den Befragten das Bewusstsein über den Holocaust und die Katastrophe, die Deutschland in dieser Zeit über die Welt gebracht hat. Exemplarisch ist jedoch festzustellen, dass bei der Frage, ob es heute eine besondere deutsche Verantwortung für Juden gebe, das Meinungsbild ausgeglichen ist.

Des Weiteren sehen 60 Prozent der Befragten einer Umfrage keine besondere Verantwortung gegenüber dem Staat Israel. Gar 70 Prozent verneinen die Frage, ob sich die heute lebenden Deutschen mitverantwortlich für den Holocaust fühlen müssen.

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Auch die Integrationsdebatte darf sicherlich nicht davon ablenken, dass ein Großteil der antisemitischen Straftaten in Deutschland von Rechtsextremen begangen wird. Laut Angaben der Bundesregierung gingen im Jahr 2017 von 1.457 Delikten 1.377 auf das Konto rechter deutscher Täter. 33 Straftaten wurden von Ausländern verübt, weitere 25 Delikte waren "religiös motiviert".

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