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Flüchtlings-Talk bei "Maybrit Illner": Niemand hat was Neues zu sagen


Flüchtlings-Talk bei "Maybrit Illner"
"Zurück zum Sterben oder nach vorn zum Ersaufen"

t-online, David Heisig

Aktualisiert am 23.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Gäste bei "Maybrit Illner" diskutieren über die EU-Flüchtlingspolitik.Vergrößern des BildesGäste bei "Maybrit Illner" diskutieren über die EU-Flüchtlingspolitik. (Quelle: ZDF/Svea Pietschma)
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Rechtzeitig zum EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat Maybrit Illner das Thema "Flüchtlinge" zurück auf den Schirm geholt. Ihre Runde hatte aber nichts Neues zu sagen.

Die Gäste

• Melissa Fleming, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR
• Elisabeth Köstinger, Generalsekretärin der Österreichischen Volkspartei (ÖVP)
• Gerd Müller (CSU), Bundesentwicklungsminister
• Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des EU-Parlaments
• Péter Györkös, Ungarischer Botschafter in Deutschland
• Jörg Thadeusz, Moderator und Flüchtlingsaktivist

Das Thema

200.000 Flüchtlinge könnten 2017 Europa erreichen. Es sei an der Zeit „endlich ehrlich“ zu diskutieren, eröffnete Illner ihre Sendung. Die Regierungen seien „alarmiert“. Getan hat sich gefühlt auf anderen Ebenen etwas. Zum Beispiel durch die vielen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe. Auf politischem Parkett? Da wird langsamer Walzer getanzt. Mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der die deutsche Bundeskanzlerin mit ihrem Willkommensdrink in der Ecke stehen ließ und mit niemanden tanzen will. Vor allem nicht mit Flüchtlingen. Daher auch Illners Frage, ob Ungarn die EU im Stich lasse.

Da schlummerte Talk-Explosions-Gefahr. Immerhin ist Györkös Hardliner seines Premiers und kein Kind von Traurigkeit, wenn es um wortgewaltige Konter geht. Aber: Da passierte nichts. Der Botschafter wurde kaum in die Diskussion eingebunden. Vielleicht auch, weil keiner Antworten bekommen wollte, die man schon oft gehört hatte. Etwa, dass Ungarns Politik keine Abschottung, sondern Schutz sei. Ordnung muss sein. Dafür erntete er nur Kopfschütteln. Obwohl: vielleicht weniger von Köstinger aus dem Nachbarland.

Die (österreichischen) Fronten…

Die durfte ein Thema anschneiden, das Potential zu Krawall gehabt hätte. Nämlich die Idee ihres Parteichefs Sebastian Kurz, nach der Balkanroute auch die Mittelmeerroute zu schließen. Flüchtlinge aufsammeln, versorgen und zurück in die Heimat. Der Status quo der Flüchtlinge sei zwar nicht zufriedenstellend. Europa sende aber falsche Signale, nämlich, dass sich hier Chancen für alle böten. Dabei flöhen viele, beispielsweise aus Nordafrika nicht vor Krieg und Verfolgung, hätten also kein Recht auf Asyl. Mehr hatte sie in 60 Minuten nicht zu sagen, konnte dafür mit ihrem rosa Blazer wenigstens für einen Farbtupfer sorgen.

Kern der Diskussion

Mehr interessante Einwürfe wären nötig gewesen, um die Gesprächsrunde effektiver zu machen. Zu sehr ging es um Fragen, die schon zu oft gestellt wurden. Etwa ob es der Türkei oder Ungarn zu verdanken sei, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kommen? Müller betonte, „eine Million wie 2015, das kann und darf sich nicht wiederholen“. Was sollte er auch anders machen, als die Leistung Deutschlands in diesem Krisenjahr hervorzuheben. Und eine Breitseite abzufeuern: „Nachdem die anderen nicht bereit waren zu helfen“. Die anderen? Györkös blieb ungerührt.

Müller rechnete vor: die 30 Milliarden, die in die Flüchtlingshilfe in Deutschland investiert würden, könnte er in seinem Ressort besser gebrauchen. Um in den Krisenzonen vor Ort zu helfen. Graf Lambsdorff konterte, dass nach 20 Jahren der Versprechungen durch die Mitgliedsstaaten nichts zustande gekommen sei. Dabei könne viel mehr gemacht werden, außer mit Schiffen, Hubschraubern und Personal das Mittelmeer abzuklappern.

1999 sei in den europäischen Mitgliedsstaaten Entwicklungshilfe beschlossen worden, bis dato sei nichts passiert. Ganz schön viel (Selbst-)Kritik von einem Europa-Politiker. Dabei waren beide einig. Vor allem in Libyen, wo aktuell mehr als 500.000 Flüchtlingen unter katastrophalen Umständen festsitzen, muss UN-Hilfe ankommen. Die Leute gingen „zurück zum Sterben oder nach vorn zum Ersaufen im Mittelmeer“, schilderte es Müller plastisch. Man konnte sich aber des Eindrucks nicht erwehren: wirklich in Europa haben, will diese Menschen keiner.

Höhepunkt des Abends

Das geißelte Fleming in ihrem Statement. Sie sei überrascht über die Diskussion. „Wir reden um Menschen“, betonte sie mit ihrem amerikanischen Akzent. Natürlich müsste man die Ursachen bekämpfen, aber auch das Asylrecht stärken. Ein Grundrecht, wie Graf Lambsdorff betonte. Das Mittelmeer zu schließen sei absurd. Sie schilderte plastisch von Geschehnissen aus libyschen Aufnahmelagern, zu denen das UNHCR Zugang habe. Etwa die Hälfte. Sie erzählte von Vergewaltigungen, Folterungen.

Als sie von einem Jungen berichtete, der nur mit seinem Schuldiplom in der Hand geflohen ist, weil das das Wichtigste sei, eine neue Zukunft zu beginnen, konnte das zu Tränen rühren. Thadeusz machte ob dieses Leids aus seiner Frustration keinen Hehl. Direkt an Köstinger gewandt, fragte er sie, ob ihr Parteichef Kurz sich vor junge Leute im Studio stellen und sagen wolle: „Das Europa haben wir euch gebaut. Das ist dicht, richtig schön dicht.“

Was schade war

Für die Moderatorin war die Sendung „easy going“. Charmant, wie immer. Etwa als sie Graf Lambsdorff mit seinem Onkel verwechselte und mit Otto ansprach. „Geht ja gleich gut los“, so ihr schelmischer Kommentar. Oder als der FDP-Mann meinte, er habe „mal was mitgebracht“ und Zahlen auf Papier präsentieren wollte. „Ihr Europäer habt´s viel zu viel Papier“, so Müller. Worauf Illner nur einwerfen konnte, eigentlich habe nur sie in der Sendung Papier.

Die Lacher konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sendung keine Impulse lieferte. Nur politisches Geplänkel, gegenseitige Schuldzuweisungen und Flüchtlinge als Rechengröße. Absurdestes Zitat? Das kam in einem Einspieler von einem Unions-Innenpolitikers, der davon sprach, die Mittelmeerroute sei „ein Shuttleservice zum italienischen Festland“.

Wie bitte? Da konnte man – Verzeihung – das Kotzen bekommen. Zum Glück erinnerte Fleming mit dem Satz des Abends daran, dass viele die Not der Flüchtling (zum Glück) differenzierter sehen: „Deutschland kann stolz sein auf seine Humanität.“

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