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9. November: Wechselvoller Tag in der deutschen Geschichte


9. November
Dieser Tag spiegelt die Geschichte Deutschlands

t-online, dpa, RP

09.11.2017Lesedauer: 3 Min.
9. November 1938: SA-Männer vor einem jüdischen Geschäft. Und das Volk steht stumm dabei.Vergrößern des Bildes9. November 1938: SA-Männer vor einem jüdischen Geschäft. Und das Volk steht stumm dabei. (Quelle: dpa-bilder)
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Deutschland gedenkt der Reichspogromnacht von 1938 – und eines wechselvollen Tags in der deutschen Geschichte: 1918 wird am 9. November die Republik ausgerufen, 1989 fällt am selben Tag die Berliner Mauer.

Am Abend des 9. November 1938 stürmten und plünderten nationalsozialistische Schlägertrupps jüdische Geschäfte, brandschatzten Synagogen und machten Jagd auf jüdische Mitbürger - und die Mehrheit der Deutschen schaute schweigend zu.

"Überall lagen Scherben"

Am nächsten Morgen "fuhr ich mit dem Fahrrad zur Berufsschule Berlin-Gesundbrunnen. Viele Schaufenster waren zerschlagen. Die Geschäfte waren geplündert. Die Scherben lagen weit bis in die Straße hinein", erinnert sich der damals 14-jährige Werner Viehs in dem Buch "Mein Jahrhundert" an die Ereignisse in Berlin. "Als ich nach Schulschluss mittags den Rückweg fuhr, waren die Scherben schon weitgehend von der Straße entfernt". so Viehs. "Die Läden wurden mit Brettern zugenagelt. Die Juden hatten aufgehört in der Öffentlichkeit zu existieren."

Und so markierte der 9. November 1938 auch den Anfang der Shoah. Sechs Millionen Juden haben die Nationalsozialisten in den Vernichtungslagern ermordet. Auch wenn die Zahl der Zeitzeugen sinkt, die Erinnerung bleibt. Und die Scham. "Dieser Vernichtungsort wird ewig der Ort der europäischen Zukunft sein", so der österreichische Autor Robert Menasse.

Der aktuelle Mut einer Schülerin aus Dresden

Es fing ganz langsam an. So erinnert sich heute auch die 15-jährige Schülerin Emila S. aus Dresden. Plötzlich war es an ihrer Klasse schick, dass die Ladekapazität des eigenen Mobiltelefons sich exakt auf 88 einpendelt, ein Symbol für den achten Buchstaben im Alphabet. Die doppelte 8 steht für HH - Heil Hitler. Musste jemand niesen, wurde "Heilung" gejohlt. Holocaust-Witze machten die Runde.

Schließlich entschloss sich Emilia zum Widerspruch. Für ihr Engagement wurde die Jugendliche diese Woche in Berlin mit dem Preis für Zivilcourage vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V. ausgezeichnet worden.

Werner Viehs, Emila S. – zwei Schüler aus Deutschland. Und die Mahnung an Erinnerung und Wachsamkeit. "Auschwitz ist das einzige, was wir den beinharten Nationalsten entgegenhalten können, worauf sie keine Antwort haben. Es gibt eine Konsequenz von Nationalismus und Rassismus, die nicht einmal von radikalen Nationalisten gerechtfertigt werden kann", mahnt der Schriftsteller Robert Menasse.

Auch die Politik gedachte am Jahrestag der Pogrome der NS-Opfer. "Der Opfer gedenken. Wachsam sein. Demokratie & Freiheit leben & verteidigen", twitterte Michael Roth (SPD), der scheidende Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Zugleich erinnerte Roth, wie auch viele andere Politiker an diesen heimlich-unheimlichen Schicksaltsag der deutschen Geschichte. Am 9. November 1918 proklamierte der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann im weltkriegsmüden Berlin die erste deutsche Republik. Kurz darauf rief Karl Liebknecht von einem Fenster des Berliner Stadtschlosses die Sozialistische Republik aus.

Weimar und das Versagen der konservativen Eliten

Die doppelte Republik hatte es schwer. Nach außen und nach innen. Rechte Freikorps ermordeten im Januar 1919 Karl Liebknecht und seine Mitstreiterin Rosa Luxemburg.

Am 9. November 1923 formierte sich in München auf der Feldherrenallee ein rechter Marsch zum Putsch, zu den Teilnehmern gehörten Weltkriegsgeneral Erich Ludendorff und Adolf Hitler.

Die erste deutsche Republik behielt die Oberhand. Zunächst. Sie scheiterte 1933 - auch am Versagen ihrer Eliten. Rechter Populismus sei in der Geschichte immer dann erfolgreich gewesen, wenn er sich auf die Unterstützung bürgerlich-konservativer Kräfte verlassen konnte, rief kürzlich der in Harvard lehrende deutsche Politologe Jan-Werner Müller in Erinnerung.

Die demokratischen Kräfte der Weimarer Republik scheiterten, es folgte der Aufstieg der Nationalsozialisten, die Pogrome vom 9. November 1938 und der Holocaust.

Deutschland, der Koloss in der Mitte Europas, blieb nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geteilt. Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR formierten sich, erst am 9. November 1989 wurde die Teilung mit dem Fall der Berliner Mauer überwunden.

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Von einem "der glücklichsten Momente der deutschen Geschichte", spricht Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag auf Twitter.

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"Ein Auftrag für alle, niemals zu vergessen und die offene Gesellschaft zu verteidigen", mahnt der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir an das Vermächtnis dieses wechselvollen Tags in der deutschen Geschichte.

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