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Deniz Yücel ist wieder in Deutschland – eine Rückkehr ohne "Deals"?


Deniz Yücel in Deutschland – eine Rückkehr ohne "Deals"?

Von dpa, jasch

Aktualisiert am 17.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Deniz Yücel frei - AutokorsoVergrößern des BildesDeniz Yücel frei - Autokorso (Quelle: Paul Zinken/dpa-bilder)
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Monatelang hatte sich kaum etwas im Fall Deniz Yücel bewegt. Dann wird der Journalist in der Türkei plötzlich freigelassen, wenige Stunden später trifft er in Berlin ein. Geheimdiplomatie spielt wohl eine Rolle. Einen "Deal" mit der Türkei soll es aber nicht gegeben haben.

Deniz Yücel ist wieder in Deutschland. Wenige Stunden nach seiner Freilassung aus türkischer Haft landete der "Welt"-Journalist am Freitagabend an Bord einer Chartermaschine auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Der 44-Jährige hatte mehr als ein Jahr ohne Anklage in der Nähe von Istanbul in Untersuchungshaft gesessen.

Am Freitag nun nahm ein Istanbuler Gericht die Anklage wegen "Propaganda für eine Terrororganisation" und "Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit" an. Dafür drohen Yücel zwischen vier und 18 Jahre Haft. Gleichzeitig verfügte das Gericht aber Yücels Entlassung aus der Haft, ohne eine Ausreisesperre zu verhängen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel reagierten erleichtert.

"Endlich!!! Endlich !!! Deniz ist frei!"

Yücels Ehefrau Dilek Mayatürk Yücel schloss den 44-Jährigen noch am Gefängnistor in ihre Arme. Auf Twitter schrieb sie: "Endlich!!! Endlich!!! Endlich!!! Deniz ist frei!" Die beiden hatten im April 2017 im Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul geheiratet. Am Freitagabend flogen sie gemeinsam von Istanbul aus nach Deutschland.

Kurz nach seiner Freilassung wandte sich Yücel in einer kurzen Videobotschaft an die Öffentlichkeit. "So wie meine Verhaftung nichts mit Recht und Gesetz zu tun hatte, hat auch meine Freilassung nichts mit alldem zu tun", sagte er. Der 44-Jährige bedankte sich bei allen, die in den vergangenen 367 Tagen an seiner Seite standen. Er erinnerte auch an die türkischen Journalistenkollegen und Zellennachbarn, die er im Gefängnis zurücklassen musste.

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Nach Angaben von Gabriel wurden der Türkei für die Freilassung keine Gegenleistungen zugesagt. "Ich kann Ihnen versichern, es gibt keine Verabredungen, Gegenleistungen oder, wie manche das nennen, Deals in dem Zusammenhang", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Yücel selbst hatte sich noch kürzlich selbst aus dem Gefängnis zu Wort gemeldet und jede Art von Handel abgelehnt. Im Januar hatte Gabriel in einem Interview gesagt, solange der Fall Yücel nicht gelöst sei, könnten Rüstungsexporte an den Nato-Partner Türkei nicht wie üblich stattfinden.

Auf die Frage, ob jetzt wieder alles gut sei im Verhältnis zur Türkei, antwortete der Außenminister: "Ich hab ja gerade gesagt, dass das der Anfang einer Arbeit ist und nicht das Ende."

Der Fall Yücel war der größte Streitpunkt zwischen Berlin und Ankara

Auch Yücels Arbeitgeber atmete auf: "Ein Jahr lang haben wir jeden Tag "Free Deniz" geschrieben, gelesen, gesagt. Heute können wir sagen: "Deniz is free"", sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner in Berlin.

Der Fall Yücel war zuletzt der größte, aber nicht einzige Streitpunkt im Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei. Der Journalist hatte sich am 14. Februar 2017 freiwillig der Justiz gestellt und war kurz darauf wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden.

Auch Gerhard Schröder öffnete wohl Türen

Gabriel dankte ausdrücklich Merkel und seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. Merkel sagte mit Blick auf Yücel: "Ich freue mich natürlich für ihn, ich freue mich für seine Frau und die Familie, die ja ein sehr, sehr schwieriges Jahr der Trennung aushalten mussten." Bundespräsident Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass die Freilassung "Bedingungen schafft, die zu einer Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen führen".

Gabriel sagte, auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe geholfen, "Türen aufzumachen in Istanbul". Schröder sei zweimal dort gewesen. Gabriel selbst bat nach Informationen des Rechercheverbunds von NDR, WDR und "SZ" unter anderem während eines Treffens mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Rom Anfang Februar um die Freilassung Yücels. Andernfalls bleibe das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei schwer belastet. Erdogan hatte in der italienischen Hauptstadt den Papst getroffen.

Geheimverhandlungen zwischen Gabriel und Erdogan

Eine Woche danach traf sich Gabriel dem Bericht zufolge auf Bitten der Türkei in Istanbul erneut mit Erdogan, um Einzelheiten des Falls zu besprechen. Teil der im Geheimen geführten Verhandlungen sei auch ein Treffen Schröders mit Erdogan im Januar gewesen. Bislang war die Reise vor allem mit der Freilassung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner in Verbindung gebracht worden.

Steudtner war im vergangenen Oktober am ersten Tag seines Prozesses aus der Untersuchungshaft entlassen worden - ohne dass eine Ausreisesperre verhängt wurde. Steudtner konnte die Türkei am Tag darauf verlassen. Auch das Verfahren gegen ihn läuft weiter.

Noch immer zahllose Journalisten eingesperrt

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sitzen noch fünf Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei in Haft. Ihre Namen werden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt. Die Bundesregierung fordert ihre Freilassung.

Aus türkischen Behördenkreisen hieß es, die Freilassung Yücels sei "vollständig nach rechtsstaatlichen Prinzipien" erfolgt. Gerichte können in der Türkei zu Beginn eines Verfahrens oder auch davor die Freilassung von Verdächtigen aus der Untersuchungshaft verfügen.

Nach den Worten des türkischen Journalisten Can Dündar sind in der Türkei immer noch mehr als 100 Journalisten hinter Gittern. Am Tag der Haftentlassung Yücels wurden drei prominente türkische Journalisten wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung zu lebenslanger Haft verurteilt. Der frühere Chefredakteur der inzwischen geschlossenen Zeitung "Taraf", Ahmet Altan, sowie sein Bruder, der Ökonomieprofessor und Autor Mehmet Altan, und die Journalistin Nazli Ilicak wurden gemeinsam mit drei anderen "Taraf"-Mitarbeitern verurteilt, wie Anadolu meldete.

Verwendete Quellen
  • dpa
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