t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschlandInnenpolitik

Sachsens Ministerpräsident: Darum tritt Stanislaw Tillich zurück


Rücktritt als Ministerpräsident
Darum schmeißt Sachsens Tillich hin

t-online, js, mit dpa

Aktualisiert am 19.10.2017Lesedauer: 4 Min.
Stanislaw Tillich tritt im Dezember als Ministerpräsident Sachsens ab.Vergrößern des BildesStanislaw Tillich tritt im Dezember als Ministerpräsident Sachsens ab. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich tritt überraschend zurück. Seinen Nachfolger hat er schon bestimmt. Was steckt hinter dem plötzlichen Rückzug?

Wann tritt Tillich ab?

Tillich hat am Nachmittag seinen Rücktritt erklärt. Er werde sein Amt ab Dezember an seinen Nachfolger übergeben. Tillich hatte die Geschäfte 2008 übernommen und war zuletzt 2014 noch mit 39,4 Prozent wiedergewählt worden. In seinem Rücktritts-Statement sagte er: "Ich bin davon überzeugt: Für eine gute Zukunft Sachsens sind auch neue Antworten wichtig. Es braucht den Mut, gewohnte Bahnen zu verlassen. Wir dürfen nicht im Gestern und Heute gefangen sein. Nach 27 Jahren in aktiver Verantwortung fällt mir das schwerer. Ich weiß, dafür braucht es neue und frische Kraft."

Warum gerade jetzt?

Tillich äußerte sich nicht klar dazu. Seine Erklärung blieb vage. Aber für die sächsische CDU, die seit der Wende in Sachsen durchgängig den Ministerpräsidenten stellte, war die Bundestagswahl eine Katastrophe. Sie war nur zweitstärkste Partei geworden. Mit 26 Prozent der Zweitstimmen fiel sie hinter die AfD zurück, die auf 27 Prozent kam. Auch drei Direktmandate gingen an die AfD. Das konnte sich die Partei nicht erklären. Sie steht innerhalb der CDU relativ weit rechts und hatte gehofft, so auch potentielle AfD-Wähler anzuziehen. In einem Interview mit der Sächsischen Zeitung wenige Tage nach der Wahl hatte Tillich noch erklärt, er habe am Wahlabend einen Bürgermeister angerufen, in dessen Ort die AfD auch stark war. Den habe er gefragt, wie er sich das Ergebnis erkläre: "Er hat gesagt, er sei ratlos. Und genau so ging’s mir auch."

Tillichs beliebter Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf, der von 1990 bis 2002 regierte, hatte ihn kürzlich in einem Interview mit Der Zeit kritisiert. Ohne direkt zu werden, warf Biedenkopf ihm vor, keine Vision zu haben. Zuletzt trat auch noch Tillichs Kultusministerin Brunhild Kurth zurück, gab aber offiziell persönliche Gründe für den Rückzug an.

Angesichts des Wahlergebnisses war es lange ungewöhnlich ruhig. Möglich, dass Tillich die Landtagswahl in Niedersachsen abgewartet hat, um vor der Wahl keine Unruhe zu schaffen.

Am vergangenen Wochenende traf sich Tillich mit Landräten, die auf ein Gespräch gedrängt hatten. Berichten zufolge forderten die Landräte auch personelle Konsequenzen, also eine Kabinettsumbildung.

Wer wird der Nachfolger?

Tillichs Nachfolger wird wohl Michael Kretschmer. Tillich sagte, er werde seiner Partei vorschlagen, ihn am 9. Dezember auf dem Landesparteitag zum neuen Landesvorsitzenden zu wählen – und dann auch seiner Fraktion, ihn zum Ministerpräsidenten zu wählen. Kretschmer kommt aus Görlitz und ist Generalsekretär der sächsischen CDU. Er saß auch im Bundestag, hat sein Direktmandat aber gegen Tino Chrupalla von der AfD verloren. Offensichtlich hat das seiner Position innerhalb der Sachsen-CDU nicht geschadet.

Im Interview mit der Sächsischen Zeitung hatte Tillich noch über Kretschmer gesagt: "Dass ausgerechnet der Görlitzer Abgeordnete Michael Kretschmer, der so gekämpft hat, sein Mandat verloren hat, das hat doch nichts damit zu tun, dass er etwas falsch gemacht hat oder wir etwas falsch gemacht haben. Das ist einfach im Großen und Ganzen der Bundestrend."

Kretschmer gilt als jemand, der sowohl an den rechten Flügel der sächsischen CDU anschlussfähig ist als auch an moderatere Kräfte. Vor zwei Jahren, als sich Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte häuften, stellte er sich deutlich dagegen: “Wenn Arschlöcher anfangen, Brandsätze in die Unterkunft von Flüchtlingen zu werfen, dann wird mir schlecht". Kurz danach sagte er, er sei nicht stolz auf die Wortwahl. Als Politiker müsse man da vernünftig sein.

Wie reagiert die Partei?

In einer Mitteilung des Präsidiums der sächsischen CDU heißt es: “Die Mitglieder des Präsidiums der Sächsischen Union haben soeben über die Pläne von Stanislaw Tillich beraten. Alle Präsidiumsmitglieder bedauern, aber respektieren seine Entscheidung. (...) Das Präsidium hat einstimmig den Generalsekretär der Sächsischen Union, Michael Kretschmer, für die Nachfolge Stanislaw Tillichs sowohl im Amt des CDU-Landesvorsitzenden als auch als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen vorgeschlagen.”

Frank Kupfer, der Fraktionsvorsitzende im Landtag und sechs Jahre Umweltminister unter Tillich, teilte mit: “Ich habe großen Respekt vor diesem Schritt von Stanislaw Tillich. Er hat damit Größe bewiesen und die Verantwortung für das Ergebnis der Bundestagswahl übernommen, auch wenn er nicht die Hauptschuld dafür trägt.”

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der seinen Wahlkreis im sächsischen Meißen hat, sagte, aus seiner Sicht wäre der Rücktritt nicht nötig gewesen. "Es hätte auch einen Weg gegeben mit einer großen Kabinettsumbildung unter seiner Führung, einen neuen Anfang zu machen. Er hat anders entschieden. Diese Entscheidung verdient allergrößten Respekt." Schon lange wird darüber diskutiert, ob de Maizière Interesse daran haben könnte, nach Sachsen zu gehen. Denn im Bund beansprucht die CSU seit Monaten das Innenministerium - damit ist de Maizières persönliche Zukunft offen.

Wie reagiert der Koalitionspartner?

Die CDU regiert in Sachsen zusammen mit der SPD. Deren Landeschef Martin Dulig ist auch Wirtschaftsminister und Tillichs Stellvertreter und damit mitverantwortlich für die Regierungspolitik. Er kritisierte die Unions-Regierung ungewöhnlich scharf: "Die Art und Weise, wie die CDU in den letzten Jahren hier in Sachsen Politik gemacht hat, hat doch zu einer riesengroßen Vertrauenkrise geführt." Den Rücktritt nannte er "konsequent".

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website