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Luftangriffe auf Syrien: Warum sich Deutschland nicht beteiligt hat


Luftangriffe in Syrien
Warum sich Deutschland nicht am Militärschlag beteiligt hat

Von dpa
Aktualisiert am 15.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Ein Offizier der Bundeswehr vor einem Tornado-Aufklärungsflugzeug: Materialprobleme sind nicht der Grund, warum sich die Bundeswehr nicht am Militärschlag in Syrien beteiligt hat.Vergrößern des BildesEin Offizier der Bundeswehr vor einem Tornado-Aufklärungsflugzeug: Materialprobleme sind nicht der Grund, warum sich die Bundeswehr nicht am Militärschlag in Syrien beteiligt hat. (Quelle: Axel Heimken/dpa-bilder)
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Die Bundesregierung unterstützt den Militärschlag in Syrien, hält die Bundeswehr aber raus. Die Gründe dafür sind vielschichtig.

Die Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ nicht lange auf sich warten. Nur wenige Stunden nach den Luftangriffen der USA, Großbritanniens und Frankreichs veröffentlichte das Bundespresseamt eine schriftliche Erklärung der Regierungschefin, in der es vor allem auf zwei Wörter ankam: Der Angriff sei "erforderlich und angemessen" gewesen. Merkel versicherte die Bündnispartner damit der vollen politischen Unterstützung Deutschlands.

Das hatte sich in den Tagen zuvor bereits abgezeichnet, ebenso wie der Verzicht auf eine Beteiligung der Bundeswehr. Militärisch außen vor, politisch voll dabei. So lässt sich die Haltung der Bundesregierung zusammenfassen.

Wie erklärt die Bundesregierung diese zwiespältige Haltung?

Merkel weist darauf hin, dass die USA, Großbritannien und Frankreich als ständige Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eine "besondere Verantwortung" haben. Diese Argumentation ist riskant. Deutschland bemüht sich seit vielen Jahren um einen ständigen Sitz im wichtigsten UN-Gremium. Derzeit bewirbt sich die Bundesregierung um einen der wechselnden zehn Sitze für die Jahre 2019/20. Dabei argumentiert sie auch damit, dass sie bereit sei, auch militärisch eine besondere Verantwortung zu übernehmen. Das hätte sie in einem Fall wie diesem zeigen können.

Wollten sie Deutschland vielleicht gar nicht dabeihaben?

Das ist schwer vorstellbar. Eine Anfrage zwecks militärischer Unterstützung soll es von den Verbündeten zwar nicht gegeben haben. Hätte Deutschland dabei sein wollen, hätten sie aber mit ziemlicher Sicherheit auch nicht Nein gesagt. Denn die Symbolik spielt bei diesem Militärschlag eine ganz entscheidende Rolle: Der Westen will damit ein möglichst starkes Zeichen gegen den Einsatz von Chemiewaffen setzen. Militärisch hätten die USA das auch alleine gekonnt. Ein Angriff im Bündnis hat aber eine deutlichere Signalwirkung.

Wäre die von Materialproblemen gebeutelte Bundeswehr in der Lage gewesen, mitzumachen?

Ja. Bei allen Materialproblemen hat die Bundeswehr immer noch eine Luftwaffe, die Angriffe fliegen kann. Die "Tornado"-Jagdbomber können mit Marschflugkörpern bewaffnet werden, die eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern haben. Sie könnten diese also auch außerhalb des syrischen Luftraums abschießen. So haben offenbar auch die britischen Kampfflieger bei dem Angriff agiert. Außerdem sind in Jordanien "Tornado"-Aufklärungsjets stationiert, die Bilder für die Auswahl von Zielen hätten liefern können. Das alles wäre aber nur mit Zustimmung des Bundestages möglich gewesen – was bei spontanen Einsätzen immer ein zeitliches Problem darstellt.

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Ist die fehlende innenpolitische Unterstützung also der Grund für ein Nein zur militärischen Beteiligung?

Es ist auf jeden Fall ein entscheidender Grund. Merkel hatte bereits am Donnerstag eine militärische Beteiligung ausgeschlossen, noch bevor eine endgültige Entscheidung über den Militärschlag gefallen war. Damit unterband sie von vornherein eine innenpolitische Debatte, deren Ergebnis mit großer Sicherheit ohnehin ein Nein gewesen wäre. Eine militärische Beteiligung wäre in den Koalitionsfraktionen im Bundestag – vor allem bei der SPD – wohl kaum durchsetzbar gewesen. In Umfragen (ZDF-Politbarometer und "Welt"-Trend) haben sich zudem rund 80 Prozent der Deutschen gegen ein militärisches Eingreifen Deutschlands ausgesprochen.

Unterstützt Merkel den Angriff aus Überzeugung oder aus Mangel an Alternativen?

Oberste Priorität hat für die Bundesregierung, dass der Westen in dieser Frage Geschlossenheit demonstriert. Bei einer Entscheidung der drei wichtigsten Nato-Partner für einen Militärschlag kam deswegen ein Ausscheren Deutschlands für die Bundesregierung nicht in Frage. Obwohl es auch das schon gegeben hat: 2011 bei den Nato-Luftangriffen auf Libyen. Ob Merkel den Militärschlag wirklich aus Überzeugung unterstützt, ist fraglich. Bisher stand sie militärischen Interventionen grundsätzlich skeptisch gegenüber.

Wie reagiert der Koalitionspartner SPD?

SPD-Außenminister Heiko Maas steht fest an der Seite von Merkel; auch er sprach am Samstag in einer ersten Reaktion von einem "angemessenen und erforderlichen Signal". SPD-Chefin Andrea Nahles blickte auf einem Landesparteitag in Niedersachsen nach vorn und pochte auf Verhandlungen mit Russland. "Dieses Sterben und Morden in Syrien wird nur beendet durch eine diplomatische Lösung mit Russland", sagte sie.

Kann Deutschland bei einer diplomatischen Lösung eine Rolle spielen?

Das wird schwierig. Bisher spielt Deutschland bei den Versuchen zur Konfliktlösung nur eine Nebenrolle. Über das Schicksal Syriens entscheiden in unterschiedlichen Gesprächsformaten vor allem die Länder, die direkt oder indirekt militärisch beteiligt sind – vorneweg Russland, der Iran und die Türkei, aber auch die USA, Saudi-Arabien und Israel. Vielleicht kann die militärische Zurückhaltung Deutschlands aber auch hilfreich sein, wenn es nun darum geht, den Gesprächsfaden zwischen dem Syrien-Verbündeten Russland und dem Westen wieder aufzunehmen.

Läuft ohne die USA und Russland in Syrien gar nichts?

Ja, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "Wenn Washington und Moskau in der Syrien-Frage keinen Weg zueinander finden, sind die Chancen für eine Verbesserung der Lage in Syrien gleich Null", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". Allgemein sorgt er sich um eine "galoppierende Entfremdung" zwischen Russland und dem Westen. "Es gibt praktisch keine Vertrauensbasis mehr – auf beiden Seiten", so der Bundespräsident. Und er mahnt: "Dieser gefährlichen Entfremdung entgegenzuwirken ist die eigentliche Herausforderung und Aufgabe verantwortlicher Politik."

Verwendete Quellen
  • dpa
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